dbb magazin 5/2022

Zugangsrecht müsse sich daher über die Nutzung des E-Mail-Verteilers der Dienststelle hinaus zum Beispiel auch auf neue digitale Kommunikationsmöglichkeiten wie Teamoberflächen erstrecken und permanent an die technischen Entwicklungen angepasst werden. „Nur so können Gewerkschaften ihr Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG tatsächlich ausüben“, ist Schäfer überzeugt und fordert, das dem Koalitionsrecht des Art. 9 Abs. 3 GG entspringende analoge Zugangsrecht der Gewerkschaften zur Dienststelle und zu den Beschäftigten zu einem dynamischen digitalen Zugangsrecht auszubauen. Rückenwind für das Vorhaben bekam der dbb durch die Folgen der Coronakrise für die Arbeitswelt und erarbeitete ein konkretisierendes Positionspapier „Zugangsrecht der Gewerkschaften zu den Beschäftigten digitalisieren“. Im Januar 2022 kündigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil an, die „Erfahrungen des digitalen Arbeitens aus der Coronazeit für eine dauerhafte Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung nutzen“ zu wollen und ein „zeitgemäßes Recht für Gewerkschaften auf digitalen Zugang in die Betriebe, das den analogen Rechten der Gewerkschaft entspricht“, zu schaffen. Das Vorhaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) begrüßt der dbb ausdrücklich. Der dbb stellte dazu aber auch klar, dass es diesbezüglich nur einen Gleichklang geben könne, weil die Rechte der Gewerkschaften in der Privatwirtschaft nicht anders ausgestaltet werden können als in der öffentlichen Verwaltung. „Sie sind in beiden Fällen Ausfluss ihres Grundrechts auf koalitionsmäßige Betätigung“, unterstreicht Schäfer und stellt klar, dass der Transfer eines den Gewerkschaften in den Betrieben eingeräumten Rechts in die öffentliche Verwaltung nicht der Rechtsprechung der Gerichte und damit einem jahrelangen Prozess überlassen werden darf: „Vielmehr ist eine inhaltsgleiche Regelung, beziehungsweise eine allgemeine Transformation des analogen Zugangsrechts der Gewerkschaften zu den Beschäftigten in ein digitales, unverzichtbar. Es stünde der öffentlichen Verwaltung im Übrigen gut an, hier nicht erst auf eine Regelung im Betriebsverfassungsrecht zu warten und diese dann nachzuahmen, sondern selbst initiativ zu werden.“ Personalratsarbeit muss moderner werden Aber nicht nur die Kommunikation der Gewerkschaften mit den Beschäftigten muss in die Zeit gestellt werden, sondern ebenso die Grundlagen für die Personalratsarbeit. So hat sich der dbb im Zuge der Gesetzesnovelle dafür eingesetzt, dauerhafte Optionen zur Durchführung von Personalratssitzungen und Sprechstunden im Video- oder Audioformat zu schaffen. Der Forderung wurde auf Empfehlung des Innenausschusses ebenso entsprochen wie der nach Nutzung audiovisueller Technik bei Personalversammlungen, sprich die Übertragung der Versammlung per Video in Nebenstellen oder Dienststellenteile. Einen weiteren Fortschritt stellt die Zulassung elektronischen Schriftverkehrs zwischen Dienststelle und Personalvertretung sowie einer Beschlussfassung im elektronischen Umlaufverfahren dar. Dasselbe gilt für die Aufnahme des Beteiligungstatbestands Einführung, Änderung und Aufhebung von Arbeitsformen außerhalb der Dienststelle, womit Telearbeit und mobile Arbeit erfasst werden. Auch das damalige Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hatte die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des BPersVG betont, die bereits in der laufenden Legislaturperiode erfolgen solle. Die Novelle 2021 war dazu nur der erste Schritt. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP werden BPersVG oder Personalräte allerdings nicht erwähnt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat im Interviewmit dem dbb magazin (Ausgabe 1-2/2022) lediglich festgestellt, die im Koalitionsvertrag angesprochenen Online-Betriebsratswahlen seien auch für die Personalratswahlen ein „spannendes Digitalisierungskonzept“. Der dbb wird die Modernisierung des BPersVG weiter kritisch begleiten und fordert unter anderem, Beteiligungslücken im Zusammenhang mit ressortübergreifenden Digitalisierungsprojekten durch Vereinbarungen mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften zu schließen sowie die Einführung der Mitbestimmung bei der Ablehnung eines Antrags auf mobile oder Telearbeit sowie die Aufnahme eines Mitbestimmungstatbestands bei Einführung von künstlicher Intelligenz. Weitere Forderungen des dbb betreffen beispielsweise die Einrichtung von Online-Foren, die Einbindung der Personalvertretungen in Pilotprojekte sowie die Beteiligung bei Entwicklung, Einführung und Einsatz digitaler Lernmethoden. Mit Blick auf die im Frühjahr 2024 anstehenden turnusmäßigen Personalratswahlen und die hierfür erforderlichen Vorbereitungszeiten mahnt Schäfer nun auch dringend eine Überarbeitung der Wahlordnung an. „Nach dem BPersVG muss auch die Wahlordnung ‚digitalisiert‘ werden. Der Vorschlag der Innenministerin zu Online-Wahlen geht in die richtige Richtung. Zudemwürden an vielen Stellen der Wahlordnung Vereinfachungen dazu beitragen, die Wahlvorstände zu entlasten und Anfechtungen vorzubeugen. Der dbb hält hierzu Vorschläge bereit.“ ■ 10 AKTUELL dbb magazin | Mai 2022

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