dbb magazin 1-2/2022

Lena Düpont (CDU), Mitglied des Europäischen Parlaments, betonte die europarechtliche Seite der Migrationspolitik. Obwohl das EU-Recht gemeinsame Zuständigkeiten für Migrations- und Asylpolitik vorsehe, sei die EU bei der Grenzsicherung organisatorisch weiter als bei der gemeinsamen Migrationspolitik. So lägen zum Beispiel die Kompetenzen für die Art und Weise, wie Einsätze laufen, bei den EU-Mitgliedstaaten. „Bisher haben wir auf europäischer Ebene umgesetzt, was möglich war.“ Darunter fielen der Auf- und Ausbau von Frontex, die Verbesserung von IT-Strukturen und Pilotprojekte, zum Beispiel für die Unterbringung geflüchteter Menschen. Der große Block Asyl- und Migrationspolitik müsse innerhalb der Mitgliedstaaten aber noch grundlegend verbessert werden, auch was die Zusammenarbeit betreffe, forderte Düpont. „Auch die EU-Kommission hat sich lange nicht so recht an dieses Thema herangetraut, und wie eine gemeinsame Lösung am Ende aussieht, wissen wir heute noch nicht.“ Für die Europaabgeordnete steht außer Frage, dass sich die EU-Mitgliedstaaten auch weiterhin auf akute Krisen vorbereiten müssen. „Dabei muss Grenzschutz immer im Einklang mit menschenwürdigen Außengrenzen stehen.“ Fabrice Leggeri, Exekutivdirektor der europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex), stellte den Grenzschutz in Europa als einen Aspekt der Migrationspolitik dar, der Asylpolitik nicht ersetzen könne, während Migrationspolitik keine Probleme des Grenzschutzes löse. Frontex sei eingerichtet worden, um den Schengenraummit seinen offenen Binnengrenzen zu schützen, indem die EU-Außengrenzen überwacht würden. Das klare Ziel des EU-Grenzmanagements sei, irreguläre Migration zu bewältigen und Kriminalität zu bekämpfen. „Dazu brauchen wir einen politischen Rechtsrahmen, eine EU-weit abgestimmte Politik. Der seit 2015 herrschende Mangel an europäischer Migrationspolitik hat keine guten Auswirkungen auf die Außengrenzen.“ Betrachte man die EU-Außengrenzen als gemeinsame Außengrenzen des Schengenraumes, müsse innerhalb der EU mehr politische Einigkeit herrschen, denn die Entscheidungen eines Landes könnten immer auch Auswirkungen an den Außengrenzen der anderen Länder haben. Dennoch habe die EU zumindest beim Grenzmanagement Fortschritte gemacht, indem europäische Einsatzkräfte seit 2021 über eigene Grenzbeamte verfügten. Vorwürfe, Flüchtende würden an den Außengrenzen zum Teil wie Feinde behandelt, wies Leggeri zurück: „Frontex ist den Grundrechten verpflichtet. Es gibt Beobachter, und wenn Vorfälle wie Menschenrechtsverletzungen angezeigt werden, dann muss Frontex diese Fälle untersuchen.“ Weiter habe die Agentur mit ihren Einsatzkräften bereits viele Menschen imMittelmeer gerettet. „Es ist immer ein Scheitern, wenn Menschen sterben. Unsere Priorität ist es, das zu vermeiden.“ Dr. Parnian Parvanta, stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Ärzte ohne Grenzen, sieht in der sogenannten „Migrationskrise“ seit 2015 vor allem eine menschlich-­ solidarische Krise an den EU-Außengrenzen. Sie kritisierte scharf, „dass Menschen imMittelmeer ertrinken oder dass sie zurückModel Foto: Pressmaster/Colourbox.de FOKUS 15 dbb magazin | Januar/Februar 2022

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