dbb magazin 11/2021

blickpunkt Wie die EU-Gesetzgebung vereinfacht werden soll „One in, one out“ Das System der EU-Kommission zur besseren Rechtsetzung gilt als eines der fortschrittlichsten Regulierungskonzepte der Welt. Nun hat sie eine Reihe weiterer Verbesserungen vorgeschlagen. Hierzu gehört unter anderem die Einführung ei­ nes an die Politikgestaltung in der EU angepass­ ten „One in, one out“-Ansatzes. In ihren politischen Leitlinien verpflichtete sich EU-Kommis­ sionspräsidentin Ursula von der Leyen, Europa grüner, digitaler und widerstandsfähiger zu ma­ chen, damit die aktuellen Her­ ausforderungen bestmöglich bewältigt und die Chancen des technologischen Fortschritts genutzt werden können. In die­ sem Zusammenhang setzt sich die Kommission mehr denn je dafür ein, politische Maßnah­ men und Vorschläge zu entwi­ ckeln, die den Menschen und Unternehmen das Leben er­ leichtern. Der nun geplante „One in, one out“-Grundsatz soll die Belastungen für Bürge­ rinnen und Bürger sowie Unter­ nehmen dadurch minimieren, dass den Auswirkungen und den Kosten der Umsetzung der Rechtsvorschriften, insbeson­ dere für kleine und mittlere Unternehmen, besondere Be­ achtung gewidmet wird. Die Kommission möchte mit dem Grundsatz sicherstellen, dass neu eingeführte Belastungen durch eine Verringerung bereits bestehender Belastungen in demselben Politikbereich aus­ geglichen werden. Maroš Šefčovič, Vizepräsident für interinstitutionelle Bezie­ hungen und Vorausschau, sag­ te hierzu: „Die Kommission verfügt bereits über eines der weltweit besten Systeme für bessere Rechtsetzung, aber wir müssen noch mehr tun.“ Dabei müsse die EU die strategische Vorausschau stärker nutzen und die Nachhaltigkeit sowie die Digitalisierung fördern. Die EU könne nur erfolgreich sein, wenn alle Interessenträger zu­ sammen an einer EU-Politik­ gestaltung von hoher Qualität arbeiten, die dann zu einem stärkeren und widerstandsfä­ higeren Europa führt. Mehrere Mitgliedstaaten ha­ ben den „One in, one out“-An­ satz bereits auf verschiedene Weise angewandt. Die Erfah­ rungen in den Mitgliedstaaten haben gezeigt, dass die Einfüh­ rung des Ansatzes politische Entscheidungsträger dazu ver­ anlasst, über politische Ziele hinauszuschauen. Es lenkt ihre Aufmerksamkeit auf die prakti­ schen Aspekte der Umsetzung von Politiken. Die Kommission beabsichtigt, mit der Einführung des Ansat­ zes eine Politikgestaltung zu stärken, die nicht nur sicher­ stellt, dass die politischen Ziele erreicht werden, sondern auch stärker darauf geachtet wird, wie diese erreicht werden. In diesem Zusammenhang will sich die Kommission mit der Vereinfachung der Prozesse be­ fassen, die zu den erwarteten politischen Ergebnissen führen, und gleichzeitig den Einsatz digitaler Lösungen in Betracht ziehen, um eine reibungslosere und kostengünstigere politi­ sche Umsetzung zu fördern. Mit der Änderung soll nicht nur die Belastung durch die Gesetz­ gebung verringert, sondern ge­ nerell die Qualität der einzel­ nen Rechtsvorschriften und damit des gesamten Rechtsbe­ stands verbessert werden. Im Rahmen des REFIT-Programms werden von der Kommission bereits systematisch die beste­ henden Rechtsvorschriften auf Möglichkeiten zur Vereinfa­ chung und Verringerung des Aufwands unter Beibehaltung der Vorteile, beispielsweise durch die Suche nach digitalen Lösungen, überprüft. Für die Kommission gilt es nun, diesen Ansatz an die Besonder­ heiten des rechtlichen und ad­ ministrativen Umfelds der EU anzupassen. Hierfür werden die Erfahrungen der Mitgliedstaa­ ten und der Interessengruppen sowie regelmäßige Peer-Re­ views genutzt. Mit dem Arbeits­ programm 2022 beginnt die Umsetzung des Ansatzes. Für die Kommission ist in diesem Kontext wichtig, dass die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit wie üblich angewandt werden. Daher soll die Umsetzung des Ansatzes nicht zu einer Absen­ kung der wirtschaftlichen, sozi­ alen und ökologischen Stan­ dards und Ziele der EU führen. Um diese Standards weiterhin einzuhalten und von den da- raus resultierenden Vorteilen zu profitieren, sollen die Unter­ nehmen vermehrt in die Moder­ nisierung von Produktions­ anlagen, die Verringerung von Umweltschäden, die Verbesse­ rung der öffentlichen Gesund­ heit oder die Erhöhung des Verbraucherinnen- und Verbrau- cher- sowie Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes in­ vestieren. Auch wenn die Unter­ nehmen nicht immer direkt von diesen Veränderungen profitie­ ren, können sie doch die neuen Geschäftsmöglichkeiten nut­ zen, etwa um einenWettbe­ werbsvorteil zu erlangen. Wo der Investitionsbedarf be­ sonders hoch ist und wichtige politische Ziele widerspiegelt, bieten die EU sowie die Mit­ gliedstaaten spezifische Instru­ mente an, um die notwendi­ gen Anpassungen zu begleiten. Diese Instrumente tragen dazu bei, die Volkswirtschaften und Gesellschaften der EU nachhal­ tiger und widerstandsfähiger zu machen und sie besser auf die Herausforderungen und Chancen des grünen und digi­ talen Wandels vorzubereiten. Schließlich zielen Rechtsvor­ schriften auf EU-Ebene in der Regel darauf ab, die regulato­ rische Fragmentierung in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu überwinden, indem 27 un­ terschiedliche nationale Sys­ teme ersetzt werden. Diese Effizienzgewinne werden als „Outs“ berücksichtigt. en Foto: Colourbox.de 17 > dbb magazin | November 2021

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