dbb magazin 10/2021

frauen ten“, sagte Schön. „Mit der ‚Neustaat-Initiative‘ der Unions­ parteien wollen wir dazu anre­ gen, neue Tools und Arbeitswei­ sen in die Arbeit der Verwaltung einzubringen.“ Grundsätzlich müsse die Leistung der Verwal­ tung aber gewürdigt werden: „Die hat unser Staatswesen sta­ bil gemacht.“ Jetzt gelte es aber, sich auf denWeg in eine neue Zeit zu machen. „Wir können den Staat nur funktionsfähig halten, wenn wir mit der Zeit gehen. Es ist die Verantwortung der Politik, diese Themen anzu­ packen“, sagte Schön. Maria Noichl, selbst Lehrerin, rückte beim Blick auf die Mängel der Digitalisierung im öffentlichen Dienst den Bildungsbereich in den Fokus: „Digitale Kompetenz beginnt in der Ausbildung der Lehrkräf­ te. Wir müssen alle Kräfte bün­ deln und die Lehrerinnen und Lehrer so ausbilden, dass sie junge Menschen in die Digitali­ sierung führen können. Denn die einen haben einen ‚Apple‘ daheim und die anderen einen leeren Küchentisch. Um Chan­ cengleichheit für alle Kinder herzustellen, müssen die Lehr­ kräfte beim Thema Digitalisie­ rung sehr viel versierter sein.“ < Rechtsanspruch auf Homeoffice? Umstritten war zwischen den Diskutantinnen ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf Homeoffice. Ein Recht auf beispielsweise 30 Tage Homeoffice sei nicht zielführend, so Nadine Schön. „Jeder Arbeitgeber, jede Behör­ de ist anders und hat andere Anforderungen, die auszuhan­ deln sind. Dabei brauchen wir auch die Interessenvertretung durch die Gewerkschaften.“ So könne, wo immer das gehe, die Tätigkeit im Homeoffice gesetzlich unterstützt werden. „Ich würde lieber mit einem sehr experimentierfreudigen Ansatz an diese Frage heran­ gehen.“ Demwidersprach Beate Müller- Gemmeke vehement. Die Sozi­ alpartnerschaft funktioniere zwar im öffentlichen Dienst in der Regel gut, in der freien Wirtschaft sehe das aber zum Teil deutlich anders aus. „Ich hoffe, wir kehren auch nach der Corona-Pandemie nicht zurück zur Präsenzkultur. Eine Erkennt­ nis der letzten Monate ist doch, dass wir für das Homeoffice beziehungsweise mobile Arbei­ ten klare Regelungen und die richtigen Rahmenbedingungen brauchen“, so die Abgeordnete. Wichtig sei der Aspekt der Frei­ willigkeit, damit aus dem Recht keine Pflicht würde. Außerdem müsse es ein Rückkehrrecht an einen festen Büroarbeitsplatz geben. „Gerade Frauen sollen ja im Arbeitsleben weiterhin sicht­ bar sein. Nicht nur für die Karrie­ re, sondern auch für die sozialen Kontakte, aus denen heraus ja auch Innovation entsteht.“ Das unterstützte Maria Noichl, die sagte: „Ich würde mir zwei­ erlei wünschen: den Rechts­ anspruch auf Homeoffice und den Rechtsanspruch auf Prä­ senz.“ Ständig im Homeoffice zu arbeiten, behindere die Ver­ netzung und damit die Karrie­ rechancen von Frauen, warnte auch die Sozialdemokratin. „Wenn Homeoffice als Spar­ modell angesehen wird, dann werden wir es an die Wand fahren. Das Recht auf einen anständigen Arbeitsplatz muss jedem zustehen. Homeoffice ist ein zusätzlicher Arbeits­ platz, keine Dauerlösung.“ < Corona und die Care-Berufe „Corona hat deutlich gemacht, wie hoch die Belastung in der Pflege ist“, so Müller-Gemme­ ke. Die Arbeitsbedingungen dort müssten endlich verbes­ sert werden, insbesondere über bessere Bezahlung und eine verbindliche Personalbe­ messung. „In der Pflege und in allen anderen Care-Berufen müssen die Beschäftigten das Gefühl haben, den Job auch or­ dentlich ausfüllen zu können. Das bedeutet, auch mehr Zeit für die Menschen zu haben. Funktioniert das nicht, neh­ men Unzufriedenheit und ge­ sundheitliche Probleme zu.“ „Gerade die Menschen in den Pflegeberufen benötigten an­ dere Arbeits-, Urlaubs- und Freizeitregelungen, weil ihre Tätigkeit sehr viel Empathie und Kraft kostet“, unterstrich auch Noichl. Es brauche ein grundsätzlich neues Denken in der Pflege, das die Arbeit am Menschen neu bewerte. „Wir sollten anerkennen, dass diese Tätigkeit die Beschäftigten ei­ gentlich nicht länger als sechs Stunden beanspruchen darf.“ Sie auf diese Weise zu entlasten, würde auch den zu pflegenden Menschen zugutekommen, zeigte sich die Europaabgeord­ nete überzeugt. dbb frauen Chefin Kreutz hob abschließend heraus, dass die Verwaltung bei der Bewälti­ gung der Corona-Krise unter den gegebenen Umständen „einen guten Job gemacht hat“. Die bekannten Defizite bei der Ausstattung und Infrastruktur müssten umgehend ausgegli­ chen werden. Aber auch die Transformation der Führungs­ kultur müsse weiter vorange­ bracht werden, bewährte Kon­ zepte für familienfreundliches und flexibles Arbeiten müssten mithilfe digitaler Arbeitsmittel in die Breite getragen werden. Das Thema der Vereinbarkeit in einer digitalen Arbeitswelt müsse künftig eine noch grö­ ßere Rolle spielen: „Wir müssen noch härter daran arbeiten, die Lasten der Care-Tätigkeiten gleichberechtigt zu verteilen.“ bas/cri/ef < Zum nicht öffentlichen Teil der Hauptversammlung begrüßte die Vorsit­ zende Milanie Kreutz den dbb Bundesvorsitzenden Ulrich Silberbach. < Die Bundesprecherin der VBE-Frauenvertretung, Tanja Küsgens (Zweite von links), wurde von der Hauptversammlung als Beisitzerin in die Geschäftsführung der dbb bundesfrauenvertretung gewählt. Küsgens folgt auf Michaela Neersen (rechts), die im Juni zur stellvertretenden Vorsitzenden aufgestiegen ist. Die Mitglieder der Geschäftsführung: Sabine Schumann, Tanja Küsgens, Synnöve Nüchter, Vorsitzende Milanie Kreutz, Elke Janßen und Michaela Neersen (von links). © Inga Haar (3) 33 dbb > dbb magazin | Oktober 2021

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