dbb magazin 10/2021

einmal drei Jahre nicht voll einsatzfähig. Aber wir können sie in der Ausbildung für die Finanzverwaltung gewinnen. Inzwischen gelingt es uns sogar, gegen die privatwirtschaftliche Konkurrenz auf dem Ausbil- dungsmarkt gut mitzuhalten.“ Tobias Wilmroth, der beim Zoll- kriminalamt in der Abteilung Internetrecherche tätig ist, be- schäftigt sich intensiv mit dem Thema Social Media. „Als Inter- netbeauftragter des BDZ habe ich begonnen, eine App für die Bundesebene zu entwickeln. Weil die Kosten sehr hoch sind, habe ich diese Aktivitäten einstweilen wieder auf Eis ge- legt.“ Wilmroth regte an, eine dbb App für alle Mitgliedsge- werkschaften zu etablieren. Jan Gies kümmert sich beim IT-Dienstleister des Bundes um Steueranwendungen, die etwa bei der Erhebung der Kfz-Steu- er mehr Funktionalität bieten. Als stellvertretender Vorsitzen- der im BDZ-Fachausschuss für Internet ist er auch dort „viel in der IT unterwegs“, wie er sagt. Ihm liegen aber auch die Aus- zubildenden am Herzen: „Ich war selbst lange in der Jugend- und Auszubildendenvertretung aktiv.“ Beim Thema Ausbildung sei es ganz wichtig, die Auf­ gaben, die zu erledigen sind, genauer zu definieren, fasste Gies die Erfahrungen aus sei- ner Dienststelle zusammen: „Als Entwicklungsabteilung haben auch wir viele ofene Stellen, die häufig mit Exter- nen besetzt werden. So kom- men wir oft nicht zu unseren eigentlichen Aufgaben. Wir sollten uns darüber klar werden, was wir brauchen: Die einen sagen, wir wollen selber entwickeln, die ande- ren sagen, wir koordinieren lieber Externe.“ dbb Chef Ulrich Silberbach kriti- siert das grundsätzliche Fehlen einer „zentralen Idee“ bei der Verwaltungsdigitalisierung. „Die Verwaltung ist nicht auf der Höhe der Zeit, was die Di­ gitalisierung angeht. Ich lege großen Wert darauf, immer zu betonen, dass es nicht an den Beschäftigten liegt: Es gibt kei- nen klaren Plan, bestätigt auch der Normenkontrollrat in sei- nem jüngsten Jahresgutachten. Es gibt überall kleine Sandkäs- ten, jeder werkelt vor sich hin.“ Dabei bräuchten Staat und Ver- waltung jetzt einen grundle- genden Digitalisierungs- und Modernisierungsprozess. „Das ist eine schallende Ohrfeige für die politisch Verantwortlichen“, so der dbb Chef. < Junge Beschäftigte: Wo ist mein Werkzeug? Auch im Dialog mit den in der dbb jugend engagierten jun- gen Beschäftigten bekennt dbb Chef Ulrich Silberbach, dass er in Sachen Digitalisie- rung der Verwaltung aktuell das Schlimmste befürchtet: „Wir verlieren den Anschluss und die Menschen.“ Wenn schon der Normenkontrollrat der Bundesregierung der digi- talen Transformation des öf- fentlichen Dienstes wieder- holt ein verheerendes Zeugnis ausstelle, „sind jetzt wirklich umgehend tiefgreifende Maß- nahmen angezeigt“. Viele poli- tische Kräfte betrachteten immer nur die Kosteneinspa- rungsvarianten von Digitali­ sierung, kritisiert Silberbach. Wichtiger und richtiger sei da- gegen, das Augenmerk auf den Nutzen zu legen, den Digitali- sierung für Beschäftigte und Bürgerinnen und Bürger brin- ge. „Es funktioniert nicht, den Leuten einfach die Technik hin- zustellen und zu sagen: Nun macht mal!“, so der dbb Chef. Befürchtungen und Ängste der Menschen müssten wahrge- nommen und durch entspre- chende Qualifikation aufgefan- gen werden. „Die Pandemie hat zwar auf der Ausstattungs- seite vieles beschleunigt, es gab auch Personalaufwüchse in den Präsenzbereichen. Aber im Backoffice fehlt es weiter- hin in sämtlichen Bereichen an Personal und Know-how für die digitale Transformation. Da helfen keine schicken Hubs und Labore, da muss sich jetzt flächendeckend endlich mal was tun“, mahnt Silberbach. Karoline Herrmann, Vorsitzen- de der dbb jugend, erläutert, warum die dbb jugend ihre Po- sition „Wir machen Digitalisie- rung menschlich“ als Programm für sämtliche Gebietskörper- schaften und Zielgruppen von Digitalisierung verstanden wis- sen will. „Wir erleben, dass ganz viele Beschäftigte, auch jünge- re, Ängste und Befürchtungen haben, wenn es um Digitalisie- rung geht: Schafe ich das, was passiert mit meinem Arbeits- platz? Das sind Fragen, die die Menschen bewegen. Weil das diejenigen sind, die die Trans- formation in der Verwaltung umsetzen und tragen müssen, müssen wir die abholen und mitnehmen. Anders wird es nicht gehen“, macht Herrmann deutlich. Die dbb jugend-Chefin verweist darauf, dass mit den jungen Beschäftigten, den „Di- gital Natives“, bereits wertvolle Change Agents in den Verwal- tungen säßen. „Ihr Know-how und Potenzial müssten viel stär- ker eingebunden und genutzt werden“, fordert Herrmann. Sie appelliert zudem, dass digi- tale Bürgerdienstleistungen flä- chendeckend gut funktionieren müssten – für die nutzenden Beschäftigten ebenso wie für die Bürgerinnen und Bürger. „Bei der Umsetzung des Online- zugangsgesetzes beispielsweise nimmt sich der Bund überwie- gend zurück, die Länder konkur- rieren untereinander und die Kommunen lässt man mal so machen. Das kann nicht ange- hen, so kommen wir niemals voran“, warnt Herrmann. „Wir brauchen endlich einheitliche und verbindliche Standards.“ Katrin Mende, Mitglied der komba jugend, weist auf die positiven, aber auch negativen Folgen der Verwaltungsdigita- lisierung für Gehandicapte hin. „Zum einen ermöglicht digita- les Arbeiten natürlich ganz massiv die Teilhabe von Men- dialog Model Foto: Colourbox.de 28 dbb > dbb magazin | Oktober 2021

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