dbb magazin 7-8/2021

frauen Gleichstellung im Auswärtigen Amt Kampagne will #zeichensetzen Das Auswärtige Amt (AA) ist mit 12000 Beschäftigten weltweit die Visiten­ karte Deutschlands. Doch wenn es um Frauenförderung geht, macht die Bundesbehörde keine besonders gute Figur. Mit einer Social-Media-Kam­ pagne will die Gleichstellungsbeauftragte des AA, Claudia Böhm, das nun ändern und ein Zeichen setzen für mehr Gleichstellung und Geschlechter­ gerechtigkeit im Auswärtigen Dienst. ? Welche Zeichen möchten Sie mit der Social-Media- Kampagne setzen? Es geht mir um Glaubwürdig­ keit, um Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilha­ be, nach innen und außen. Wie sollen Entwicklungen in der Welt verstanden werden, wenn die Hälfte der Bevölke­ rung, die Frauen, mit ihrem Blick, ihren Anliegen nicht ent­ sprechend berücksichtigt wer­ den? Es kann nicht sein, dass im Jahr 2021 nur 15 von 100 Auslandsvertretungen von Frauen geleitet werden. Wie soll eine deutsche Außenpoli­ tik glaubhaft gelingen, wenn alle Aspekte, die Mädchen und Frauen betreffen, von Männern und ihrem Blick auf die Welt bewertet werden. Hier ist eine gleichberechtigte Teilhabe er­ forderlich. Gleichstellung ist ein Menschenrecht! Dafür müssen leider immer noch Zeichen gesetzt werden. ? Welche konkreten Probleme zeigen sich bei der Gleichstel- lung im Auswärtigen Dienst? Auch hinsichtlich Teilzeit und Teleheimarbeit bildet das Aus­ wärtige Amt laut Gleichstel­ lungsindex der obersten Bun­ desbehörden mit großem Abstand das Schlusslicht. Das zeigt, dass die Rahmenbedin­ gungen für die im AA beschäf­ tigten Frauen, die private Sorgearbeit übernehmen, ungleich im Verhältnis zu an­ deren Bundesministerien sind. Für sie ist es deutlich schwerer, Beruf und familiäre Verpflich­ tungen zu vereinbaren. Hinzu kommen alle paar Jahre spezi­ elle Herausforderungen durch weltweite Ortswechsel. ? Im Auswärtigen Amt liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei unter 25 Prozent – ein eher niedriger Wert im Vergleich zu den ande- ren Bundesministerien. Was muss sich im Auswärtigen Dienst ändern, damit Frauen bessere Chancen auf Führungs- positionen erhalten? Dass das Auswärtige Amt mit dem Anteil von Frauen an Füh­ rungspositionen unter allen obersten Bundesbehörden im Gleichstellungsindex immer an letzter Stelle steht, tut mir be­ sonders weh. Schließlich ist die Hälfte der Belegschaft weib­ lich. Hier geht es auch um Di­ versität: Gemischte Teams sind effektiver. Glaubhafte politi­ sche Arbeit muss heute auch durch weibliche Sichtweisen, Einflüsse und Vorbilder gestal­ tet werden. Es geht aber auch um Arbeitsmarktattraktivität einer weltweit aufgestellten Behörde. Meine tägliche Arbeit besteht darin, eingefahrene Strukturen des Hauses, das im Leitungsbereich bis heute im­ mer noch männlich geprägt ist, aufzuzeigen und möglichst aufzubrechen. Der aus meiner Sicht effektivste Weg ist der von Frankreich gewählte: in der öffentlichen Verwaltung einen Anteil an Führungsposi­ tionen für Frauen und Männer zu gleichen Teilen festzulegen. Das bedeutet ein Ende der 80-Prozent-Quote für Männer. Das Auswärtige Amt muss Gleichstellung vorleben ImMärz hatte Außenminister Heiko Maas eine Bestandsauf­ nahme zur Gleichstellung in der deutschen Außenpolitik vorgelegt. Neben dem Engage­ ment immultilateralen Kon­ text werden auch Maßnahmen vor Ort, etwa im Bereich des Krisenmanagements, thema­ tisiert und die Besetzung der Botschaften und Delegationen dargestellt. „Das Auswärtige Amt betrachtet die Gleichstel­ lung von Frauen und Männern als Priorität der deutschen Außenpolitik“, heißt es darin. Doch am Ziel sei man hier noch nicht. Zeitgleich zur Veröffentlichung des Berichts startete die Social- Media-Kampagne #zeichenset­ zen – initiiert von der Gleich­ stellungsbeauftragten des Auswärtigen Amtes. Die Kam­ pagne richtet die Aufmerksam­ keit auf einen blinden Fleck: In kaum einem anderen Ministeri­ um sind so wenige Frauen in verantwortlichen Positionen tätig wie im Auswärtigen Amt. Was sagt das über Deutschland aus? Kann ein Ministerium, das solche Strukturen im Inneren aufweist einem gleichstellungs­ orientierten außenpolitischen Auftrag gerecht werden? Sind wir mit unseren Bestrebungen nach gleicher Teilhabe von Männern und Frauen im inter­ nationalen Kontext damit über­ haupt glaubwürdig? Diese Fra­ ge müssen wir uns innerhalb der Staatsorganisation grund­ sätzlich stellen. Vor allem, wenn es um das Auswärtige Amt geht. Denn immerhin ist es das Aushängeschild unseres Landes in der ganzen Welt. Es steht für diplomatisches Miteinander, das die demokratischen Werte unserer Gesellschaft im Ausland repräsentiert und im Sinne der Friedenswahrung und Völker­ verständigung handelt. Dazu gehört es auch, unsere politi­ schen Grundwerte nicht nur zu vermitteln, sondern diese auch vorzuleben – und zwar auf allen Ebenen. Die Bestrebung, Frauen die gleichen Chancen und Rechte wie Männern einzu­ räumen, sie vor Diskriminierung und Benachteiligung zu schüt­ zen – denn da sind wir auch in Deutschland noch lange nicht! –, muss sich im politischen Auf­ trag ebenso wiederfinden wie innerhalb der Organisation, die diese Programmatik überzeu­ gend vertreten soll. Synnöve Nüchter, Beisitzerin der Geschäfts­ führung der dbb bundes­ frauenvertretung An die Beschäftigten des AA in Berlin und seine 230 Auslands- vertretungen … … richtet sich die Social-Media- Kampagne #zeichensetzen. Ihr Ziel ist, Gleichstellung als Teil der deutschen Außenpolitik zu verstehen und mit den Initiato­ rinnen in den Dialog über bes­ sere Entwicklungschancen für Frauen und gleichberechtigte Arbeitsbedingungen im AA zu treten. Die Kampagne läuft noch bis März 2022 auf Instagram unter @zeichensetzen.jetzt. www.zeichensetzen.jetzt 32 dbb > dbb magazin | Juli/August 2021

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