dbb magazin 7-8/2021

verkehrswende meinsammit unseren Partnern aus Forschung und Wissen­ schaft rollen wir deswegen mit NUMIC das Feld der Beteiligung in der Verkehrsplanung ganz praktisch auf“, erklärt er. Die Stadt konzentriert sich auf dem Weg zu einer neuen urbanen Mobilität derzeit „nicht nur auf die ‚Hardware‘, also die Schaf­ fung neuer Infrastruktur, son­ dern insbesondere auf die ‚Soft­ ware‘: Mobilitätsbewusstsein wecken, über Mobilitätsmög­ lichkeiten aufklären, Mobilitäts­ verhalten problematisieren und verändern – das sind die Ansatzpunkte, die wir hier gera­ de verfolgen“, sagt Feuerbach. Und die Chemnitzerinnen und Chemnitzer machen mit. Nach knapp 19 Monaten intensiver Planungen und Abstimmungen innerhalb der Verwaltung, mit Bürgerinnen und Bürgern und Projektpartnern ist die Stadt mit der NUMIC-Strecke endlich in der Feldphase und ermittelt gemeinsammit den Nutzerin­ nen und Nutzern, wie das an­ gebotene Mobilitätskonzept ankommt, was wo und wie optimiert werden kann. Schon die damit verbundenen zurück­ liegenden Lernprozesse seien extrem hilfreich für die kom­ munale Verwaltung gewesen, die sich mit dem Projekt in ih­ ren Abläufen auch modernisie­ ren und für neue Ansätze öff­ nen will, berichtet Feuerbach. Immer wieder suchte und sucht das Projekt den direkten Aus­ tausch mit Bürgerinnen und Bürgern – auf Weihnachts- und Wochenmärkten, mit Postwurf­ sendungen und vor Ort entlang der Modellstrecke. „Wir gehen auch ganz bewusst in die Stadt­ viertel entlang der Strecke, die durchaus als ‚autoaffin‘ zu be­ zeichnen sind, und suchen das Gespräch mit den Menschen, fragen nach ihren Vorstellun­ gen, Ideen und Wünschen. Die fließen dann ein in neue Aktio­ nen, zum Beispiel in einen ge­ meinsamen Bau von Modellen“, berichtet Feuerbach. „Neue Mobilität muss verhan­ delt, Verwaltungsentscheidun­ gen müssen transparent ge­ macht werden, sonst nehmen wir die Leute nicht mit“, ist er überzeugt. „Dass wir das hier in Chemnitz jetzt an einem ganz konkreten Beispiel und nicht in einer abgehobenen Diskussion mit Blick auf abstrakte Fernzie­ le praktizieren können, halte ich für den richtigen Weg“, sagt Feuerbach. Das Projekt zeige mit seinem lokalen Vorbildcha­ rakter die Möglichkeiten, die in der Stadt angelegt sind. Durch die Diskussion und das Erpro­ ben der Bürgerinnen und Bürger würden die neuen Mobilitätslösungen Teil des städtischen Bewusstseins. < Über breiten Diskurs zu nachhaltigemWandel Dass an der Mobilitätswende kein Weg vorbeiführt, sei in der Stadt schon seit den 90er- Jahren unumstritten. „Wir ha­ ben Radwege, wir haben Fuß­ wege, wir haben Busse und Bahnen, und das wird auch ständig weiter verbessert. Aber jetzt brauchen wir den Diskurs, der in einem nachhal­ tigen Wandel mündet“, be­ schreibt der Stadtplaner die Marschroute. An diesem Dis­ kurs beteiligen sich immer mehr Chemnitzerinnen und Chemnitzer, auch die Techni­ sche Universität gesellt sich dazu mit dem Projekt „RADer­ FAHREN“: Weil das Radfahren im Stadtalltag bislang nicht weit verbreitet ist, aber eine tragende Säule im Umwelt­ verbund werden soll, will man der Zielgruppe Schülerinnen und Schüler die Nutzung des Fahrrads für den Schulweg nä­ herbringen und so einen Bei­ trag zur Etablierung einer öf­ fentlichen Radkultur leisten. „Ein ganz spannendes und vielversprechendes Projekt“, freut sich Frank Feuerbach. Er ist sicher: „Wir kriegen das hin mit der Mobilitätswende – nicht zuletzt, weil sie alterna­ tivlos ist. Sie ist ökologisch wie ökonomisch schlicht erforder­ lich.“ Fürs Erste wünscht sich der Geograf, dass die Men­ schen das Auto in Zukunft we­ niger als Statussymbol und vielmehr als notwendiges Mit­ tel zum Zweck sehen und die bewusste Nutzung von ÖPNV, Rad und Fuß stärker gesell­ schaftlich akzeptiert und zur „deafault option“, also zur Vorzugsvariante wird. „Damit wäre schon einiges erreicht“, hofft Feuerbach. iba < Hardware meets Software: Auf der NUMIC-Modellstrecke können die Chemnitzerinnen und Chemnitzer neue Mobilität erleben und erfahren. Baubürgermeister Michael Stötzer (vorne links) war mit den ersten Radelnden unterwegs. < Frank Feuerbach, Stadt Chemnitz (rechts): „Neue Mobilität muss verhandelt werden.“ © Stadt Chemnitz (2) 18 > dbb magazin | Juli/August 2021 dbb

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