dbb magazin 6/2021

blickpunkt dbb Fachgespräch mit DPVKOM-Betriebsrätinnen und -Betriebsräten aus dem Bereich Telekom Wir wollen analoge und digitale Informationswege nutzen In der herrschenden Pandemie ist es für Betriebsrätinnen und Betriebsräte generell schwer, den Kontakt zu den Beschäftigten aufrechtzuerhalten, wichtige Informationen zu verbreiten oder den Beschäftigten im Konflikt- fall den Rücken zu stärken. So ist das aktuell auch bei der Telekom, die ihre Arbeitnehmervertretungen als privatisiertes, ehemaliges Staatsunterneh­ men ohnehin vor besondere Herausforderungen stellt. Topthemen aus dem Bereich Telekom haben DPVKOM-Betriebsräte am 11. Mai 2021 online im Fachgespräch mit dbb Chef Ulrich Silberbach und der DPVKOM-Bundes­ vorsitzenden Christina Dahlhaus erörtert. < Digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften „Die Büros der Telekom AG sind menschenleer. Alle, die können, sind im Homeoffice. Darunter leiden die Möglich­ keiten der Betriebsrätinnen und Betriebsräte, an die Mit­ glieder heranzutreten, natür­ lich enorm“, sagt Niels-Lund Trebitz, freigestelltes Betriebs­ ratsmitglied bei der Technik Niederlassung Ost und Bun­ dessprecher der DPVKOM-Be­ triebsräte. Besonders im Vor­ feld der Betriebsratswahlen sei das problematisch, weil keine direkten Gespräche oder Ver­ anstaltungen möglich seien. „Wir können uns nicht wie ge­ wohnt präsentieren, und elek­ tronische Medien ersetzen den persönlichen Kontakt nur un­ zureichend.“ Zwar seien die jüngeren Kolleginnen und Kol­ legen über digitale Medien besser erreichbar als ältere. „Trotzdemmüssen alle Be­ schäftigten jetzt viel aktiver werden, um an Informationen des Betriebsrates zu kommen.“ Elektronische Kanäle seien zwar schneller als der „gute, alte Flyer oder ein Aushang. Sie müssen aber auch permanent aktuell gehalten werden, das kostet viel Zeit“, so Trebitz. dbb Chef Ulrich Silberbach for­ dert in diesem Zusammenhang, in den Intranets der Telekom, zusätzlich zu den Betriebsräten, auch einen Zugang für Gewerk­ schaften einzurichten. Das Be­ triebsrätestärkungsgesetz habe zwar dazu beigetragen, die Be­ teiligung der Arbeitnehmerver­ tretungen besser zu implemen­ tieren. „Was die Umsetzung des Zugangsrechts für Gewerkschaf­ ten betrifft, ist der Gesetzgeber bisher die Antwort schuldig ge­ blieben. Die Koalitionsfreiheit muss auch im digitalen Zeital­ ter Bestand haben und vor Ort lebbar sein“, bekräftigt Silber­ bach. Außerdemmüssten nach dem Betriebsverfassungsgesetz alle im Betrieb vertretenen Ge­ werkschaften gleichbehandelt werden: „Und das darf nicht nur Theorie sein.“ „Die Politik muss die Problema­ tik der gewerkschaftlichen Er­ reichbarkeit nicht nur erken­ nen, sondern auch Lösungen umsetzen“, zeigt sich auch die DPVKOM-Chefin Christina Dahlhaus überzeugt, nach deren Auskunft derzeit rund 80000 Beschäftigte der Tele­ kom vorwiegend im Home­ office arbeiten. „In der Praxis müssen die Gewerkschaften einen Antrag auf Zugang zu internen digitalen Medien stel­ len. Das ist, als würde ich in der dunkelsten Ecke des Büros einen Aushang aufhängen.“ Um das zu ändern, sei zum Beispiel Zugriff auf dienstliche E-Mail-Adressen erforderlich. „Das werden wir gegenüber der Politik konsequent einfor­ dern und alle Möglichkeiten des Baukastens aus analogen und digitalen Wegen der Inte­ ressenvertretung nutzen.“ < Mobiles Arbeiten Laut Sabine Gorges, Betriebs­ rätin zentraler Betrieb der Telekom, ist das Interesse der Beschäftigten an mobilem Ar­ beiten groß. „Derzeit laufen Befragungen des Arbeitgebers und des Betriebsrates zu Homeoffice und mobiler Arbeit. Bereits jetzt kristallisiert sich heraus, dass mobiles Arbeiten sehr beliebt ist.“ Wenn es aber eine Option auf „New Normal“ geben sollte, müssten sich die Beschäftigten auch vor Augen führen, was das auf Dauer be­ deute. Dabei müssen einerseits die notwendige Trennung von Beruf und Privatleben und an­ dererseits die generelle Ar­ beitsbelastung sowie Belange des Arbeitsschutzes im Blick behalten werden. „Die Telekom hat bereits viele Büroflächen abgemietet. Aber was passiert nach der Pandemie? Ich be­ fürchte, dass sich einmal in diese Richtung bewegte Räder später nicht so leicht zurück­ drehen lassen“, sagt Gorges, auch mit Blick auf die wegfal­ lende soziale Komponente der Arbeit in Teams vor Ort. dbb Chef Silberbach betont, dass „Homeoffice“ und „mobi­ les Arbeiten“ arbeitsrechtlich nicht gleichgesetzt werden < Zentrale der Deutsche Telekom AG in Bonn © Norbert Ittermann 24 dbb > dbb magazin | Juni 2021

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