dbb magazin 5/2021

blickpunkt Bodycams Schutz für Einsatzkräfte oder Datenschutzproblem? Videokameras, die Polizei, Feuerwehr und andere Einsatzkräfte am Körper tragen, werden in immer mehr Einsatzbereichen eingesetzt. Möglich wird das durch Novellen der entsprechenden Polizeigesetze oder durch neue Verordnungen. Die Helferinnen und Helfer beurteilen den Ein­ satz der sogenannten Bodycams überwiegend positiv. Datenschützer kritisieren vor allem die Art und Weise, wie, wo und wie lange damit entstandene Aufnahmen gespeichert werden. Am Beispiel der Polizeidirektion Braunschweig wird deutlich, wie die Ausrüstung der Kolle­ ginnen und Kollegen mit Body­ cams ablaufen kann. Dort ist die Beschaffung ausgeweitet worden, sodass den Polizeiins­ pektionen im Februar 2021 104 Bodycams für den alltäglichen Einsatz zur Verfügung standen. Vorausgegangen war seit 2017 eine Pilotierungsphase im Land Niedersachsen. „Für die Kolle­ ginnen und Kollegen in den Einsatz- und Streifendiensten haben wir die Möglichkeit ge­ schaffen, dass in allen Rund- um-die-Uhr-Dienststellen Bodycams zur Verfügung ste­ hen“, sagt Michael Pientka, Polizeipräsident der Polizei­ direktion Braunschweig. Die Bodycams wurden mit ihrer Aufnahmefunktion für eine be­ weissichere Dokumentation in Straf- und Ordnungswidrigkei­ tenverfahren angeschafft. Die Polizei erhofft sich gleich­ zeitig eine präventive Wirkung durch die Bodycam, da potenzi­ elle Täter, die Polizistinnen und Polizisten angreifen, durch die vorher anzukündigende Video­ aufzeichnung von ihrer Tat Ab­ stand nehmen. „Seit Jahren be­ obachten wir die Zunahme von Gewalt auch gegen unsere Mit­ arbeiterinnen und Mitarbeiter. Ob dieses Einsatzmittel zu ei­ ner Trendumkehr beiträgt, wer­ den wir evaluieren“, so Pientka, der überzeugt ist, „dass wir durch die Bodycams nicht nur einen Mehrwert in der Beweis­ sicherung, sondern auch einen Beitrag zum Schutz unserer operativen Vollzugskräfte leisten.“ Erste Rückmeldungen aus den Polizeiinspektionen beschreiben bereits eine posi­ tive Wirkung der Bodycam im Einsatzgeschehen, von der die Einsatzkräfte profitieren. < Strenge Regeln Aus einem Informationsflyer der Polizei Bayern gehen die Grundsätze hervor, nach de­ nen Bodycams dort eingesetzt werden dürfen. Die Regeln sind in den anderen Bundesländern und bei der Bundespolizei ähn­ lich: Der Einsatz der Kamera dient demnach grundsätzlich der Eigensicherung und prä­ ventiven Zwecken und muss durch die betreffende Polizistin oder den Polizisten angekün­ digt werden. Bislang erfolgt die Nutzung der Kamera frei­ willig, Trägerinnen und Träger einer Bodycam entscheiden selbst, wann das Gerät zum Einsatz kommt. Die Kamera soll Polizeibeamtinnen und Beamte zudem vor ungerecht­ fertigten Vorwürfen bezüglich ihrer Einsatzführung schützen. Noch strengere Regeln gelten für die Nutzung der Bodycam in privaten Wohnungen: Dort darf sie nicht eingesetzt werden, es sei denn, es besteht „die Not­ wendigkeit zur Abwehr einer dringenden Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person“, wie es die bayerische Regelung ausdrückt. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerk­ schaft (DPolG), Rainer Wendt, kritisiert allerdings, dass der Einsatz der Kameras ausge­ rechnet in Wohnungen stark eingeschränkt ist: „Das ist völ­ lig unverständlich. Gerade in Fällen häuslicher Gewalt, also zum Schutz von Frauen, die in den allermeisten Fällen Ge­ schädigte sind, ist dies not­ wendig.“ Mit Videoaufnahmen der eingesetzten Kräfte lasse sich die Gesamtsituation einfa­ cher dokumentieren, „das ist für die Gefährdungsanalyse und Gefahrenabschätzung wichtig und dient auch dem Schutz juristischer Ansprüche der Geschädigten, etwa bei der Zuweisung des Wohnraums und dem Erlass von Annähe­ rungsverboten. Und natürlich gehören auch akustische Auf­ nahmen dazu, denn die ver­ balen Attacken gehören zum Gesamtbild einfach dazu“, argumentiert Wendt. Grundsätzlich sei die schritt­ weise Einführung von Body­ cams aber ein neuer Beleg dafür, wie sinnvoll gewerk­ schaftliche Hartnäckigkeit sein könne: „Nachdem die von uns angeregten Videokameras in Einsatzfahrzeugen längst über­ all Standard sind, ist die Body­ cam eine notwendige Weiter­ entwicklung, die einerseits der Gewaltminimierung und ande­ rerseits der Dokumentation dient. Vor allem Letzteres er­ leichtert die Arbeit der Justiz ungemein“, so der Gewerk­ schafter. < Datenschutz mit Lücken Was den Datenschutz betrifft, richtet sich der Einsatz der Vi­ © Bundespolizei Kiel 20 > dbb magazin | Mai 2021

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