dbb magazin 1-2/2021

interview lebe ich viele Beschäftigte, die hoch motiviert Digitalisierung mitgestalten und zum Erfolg führen wollen. Mir ist wichtig, die notwendigen Schritte bei der Digitalisierung gemeinsam mit den Beschäftigten zu errei­ chen. Zentrale Streitpunkte sind für mich bislang allerdings nicht erkennbar, wir haben die Verhandlungen für den Januar vereinbart. Die Arbeitszeit der Bundesbe- amtinnen und Bundesbeamten wurde im Jahr 2006 einseitig zu Sparzwecken auf 41 Stunden in der Woche erhöht. Politisch wurde immer wieder zugesi- chert, dass diese zusätzliche Be- lastung kein Dauerzustand sein soll. Wann und wie wollen Sie diese Erhöhung zurücknehmen? Die Arbeitsbelastung in den Be­ hörden ist nach wie vor hoch. Um dem zu begegnen, wurden in vielen Bereichen der Bundes­ verwaltung erhebliche Perso­ nalaufstockungen beschlossen. Diese Aufstockungen sind noch nicht abgeschlossen. Wenn wir parallel zum Stellenaufwuchs die Wochenarbeitszeit verkür­ zen, riskieren wir, dass der mit dem Stellenaufwuchs verbun­ dene positive Effekt umgekehrt wird. Das wollen wir vermei­ den. In jedem Fall ist die ak­ tuelle Corona-Krise meines Erachtens nicht der richtige Zeitpunkt für eine Diskussion über die Verkürzung der Ar­ beitszeit im öffentlichen Dienst. Sie haben auf der dbb Jahresta- gung 2020 zugesagt, dass es bei der Novellierung der BPersVG keine Verschlechterungen ge- ben wird. Die vorliegenden Ent- würfe setzen viele pos i tive Ak- zente. Aber warumwerden die Vorgaben des BVerfG aus dem Jahr 1995 zum Letztentschei- dungsrecht der Einigungsstelle übererfüllt und die Mitbestim- mung der Personalvertretungen damit massiv eingeschränkt? Die Novellierung des Bundes­ personalvertretungsgesetzes als ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag ist auf den Weg gebracht. Nach erfolgrei­ chen Verhandlungen mit den Gewerkschaften haben wir ei­ nen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich sehen lassen kann. Er verbessert die Arbeitsbe­ dingungen der Personalvertre­ tungen, stärkt die Mitsprache der Beschäftigten in wichtigen Bereichen und legt daher den Grundstein für ein modernes und anwenderfreundliches Personalvertretungsrecht. Geregelt haben wir auch das aus dem Demokratieprinzip abgeleitete sogenannte Letzt­ entscheidungsrecht. Dies führt jedoch nicht zu einer „Überer­ füllung“ oder gar Verschlechte­ rung der Rechtslage, sondern zu einer gesetzlichen Nach­ zeichnung der seit Jahrzehnten geltenden Rechtsprechung. Sie haben die Anfang Dezember bei der Deutschen Hochschule der Polizei in Auftrag gegebene Studie zur Motivation bei der Berufswahl, Berufsalltag und Gewalt gegen Polizisten als „Investition in die Zukunft unserer Polizei“ bezeichnet. Welche „Rendite“ erwarten Sie sich von dieser Investition? Ich möchte wissen, wie und an welcher Stelle wir unsere Poli­ zistinnen und Polizisten im All­ tag noch besser unterstützen können. Auf Grundlage der Er­ gebnisse der Studie sollen Best- Practice-Modelle und Hand­ lungsempfehlungen entwickelt werden, die sich positiv auf Ar­ beitszufriedenheit und Motiva­ tion von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auswirken und Gewalterfahrungen minimieren können. Bestehende Maßnah­ men, die sicherstellen, dass der Grundsatz der Nulltoleranz ge­ genüber Antisemitismus, Extre­ mismus und Rassismus gelebt wird, sollen fortgeschrieben und gegebenenfalls weiterent­ wickelt werden. Bestehende Hilfsangebote für durch Gewalt oder extreme Arbeitsbelastung betroffene Polizeikräfte sollen identifiziert und Konzepte für die effektivere Ausgestaltung entworfen werden. Wie ist der Sachstand bei der Einrichtung eines Zentralregis- ters für Übergriffe auf Beschäf- tigte des öffentlichen Dienstes? Eine wirksame Handhabe ge­ gen Übergriffe auf Beschäftig­ te des öffentlichen Dienstes setzt natürlich voraus, dass wir wissen, wie sich das Gewalt­ phänomen entwickelt: im Hinblick auf absolute Zahlen, verschiedene Arten von Über­ griffen, verschiedene Berufs­ gruppen und besonders ge­ fahrgeneigte Situationen. Ein sehr umfassendes Lagebild wird eine im Herbst in Auftrag gegebene Studie zeichnen, die sich auf den öffentlichen Dienst insgesamt bezieht. Die Untersuchung geht auch der Frage nach, wie die Dynamik des Geschehens künftig zuver­ lässig abgebildet werden kann. Hierbei wird auch die Möglich­ keit eines zentralen Meldere­ gisters zu prüfen sein. Im Koalitionsvertrag wurde die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Lei- tungsfunktionen im öffentli- chen Dienst bis 2025 vereinbart. Wie entwickelt sich der Frauen- anteil auf den Führungsebenen des Bundesinnenministeriums? Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesteckt, die gleichbe­ rechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunk­ tionen des öffentlichen Diens­ tes bis Ende 2025 zu erreichen. Dieses Ziel vor Augen darf aber den Blick auf die Tatsachen nicht verstellen: In einigen Ge­ schäftsbereichsbehörden des BMI ist der Frauenanteil allge­ mein geringer, beispielsweise im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei. Es handelt sich daher um einen dauerhaften Prozess, aber das Ziel bleibt stets im Visier. 5 dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2021

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