dbb magazin 10/2020

hintergrund Aus den Recherchen des dbb Hessen geht hervor, dass die Übergriffe seit Jahren hinsicht­ lich ihrer Anzahl und ihrer In­ tensität zunehmen und sich mittlerweile auf alle Bereiche der Verwaltung erstrecken. Die aktuelle Anhörung im Hessischen Landtag geht auch auf einen 2018 geschlossenen Pakt der Gewerkschaft mit den Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP zu­ rück, in dem sich die Politiker dazu verpflichtet haben, Ge­ walt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst künftig aktiv eindämmen und be­ kämpfen zu wollen. Mit der vorgelegten Studie verfügt die Landespolitik über einen umfangreichen Lage­ bericht zur Gewalt gegen Beschäftigte mit konkreten Zahlen. Das in diesem Zusam­ menhang entwickelte Lebens­ lagenmodell besagt, dass die Bekämpfung von Gewalt ge­ gen Beschäftigte nur gelingen kann, wenn alle relevanten Personen und Institutionen zu­ sammenarbeiten. Wiederkeh­ rende öffentliche Appelle zu respektvollem Umgang zeigen dagegen nach der Erfahrung des dbb Hessen „keinerlei Wirkung“. Die Ergebnisse der hessischen Studie können bundesweite Gültigkeit beanspruchen. So haben die Forscher unter an­ derem festgestellt, dass Über­ griffe weit über Vollzugs- und Rettungsdienste hinausgehen und nur zu einem geringen Teil überhaupt behördenintern er­ fasst werden, was gleicherma­ ßen für die strafrechtliche Verfolgung gilt. Gleichzeitig wünschen sich Betroffene ein erheblich konsequenteres Durchgreifen der Justiz, eine bessere Vorbereitung und Un­ terstützung seitens der Arbeit­ geber und Dienstherren sowie mehr strafrechtlichen Schutz. << NRW zeigt Respekt Den Schulterschluss mit der Politik sucht auch die komba gewerkschaft für den Kom­ munal- und Landesdienst, in der viele Feuerwehrleute und Rettungskräfte organisiert sind, die immer häufiger im Einsatz für Leib und Leben an­ derer bedroht oder angegrif­ fen werden. Nachdem die komba bund bereits 2015 mit einem Positionspapier auf die Problematik aufmerksam ge­ macht hatte, unterstützt der Landesverband Nordrhein- Westfalen seit August 2020 die Kampagne „NRW zeigt Re­ spekt“ des Innenministeriums, die bis 2022 laufen soll. Valen­ tino Tagliafierro, Vorsitzender des Fachbereiches Feuerwehr und Rettungsdienst der kom­ ba nrw, kennt die Problematik aus eigener Erfahrung: „Es ist wichtig, dass immer wieder sensibilisiert wird, wenn es um Gewalt gegen Einsatzkräf­ te geht.“ Bereits 2018 hatte die komba nrw gemeinsammit der Ruhr- Universität Bochum, dem In­ nenministerium und der Un­ fallkasse NRW eine Studie herausgebracht. Die Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden wird in Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht geson­ dert erhoben. Die Studie sollte für ausgewählte Kommunen konkrete Fallzahlen zu Über­ griffen auf kommunale Be­ schäftigte liefern. Die komba gewerkschaft nrw erhob die Zahlen. Demnach wurden 64 Prozent der befrag­ ten Feuerwehrkräfte, Sanitäter und Notärzte mindestens ein­ mal Opfer von Gewalt. „Solan­ ge unsere Kolleginnen und Kollegen nach wie vor die Er­ fahrung von Aggression und Gewalt im Einsatz machen, müssen wir mit konkreten Maßnahmen, aber auch mit gesamtgesellschaftlichen Ak­ tionen wie dieser das Thema weiter in der Diskussion halten und die Einsatzkräfte insge­ samt besser schützen“, unter­ mauerte Andreas Hemsing, Landesvorsitzender der komba gewerkschaft nrw und der komba bund, die Dringlichkeit des Unterfangens. << Gefahrenzone öffentlicher Dienst Die komba jugend nrw hat sich des Themas ebenfalls an­ genommen und eine Internet­ seite gestaltet, die mit dem Politikaward 2016 und dem European Excellence Award 2017 ausgezeichnet wurde. Auf www.angegriffen.info in­ formiert die Jugendorganisa­ tion über ihre Kampagne „Gefahrenzone Öffentlicher Dienst“ und sucht nicht nur den Kontakt zu betroffenen Kolleginnen und Kollegen, son­ dern gibt auch Handlungsemp­ fehlungen für den Fall der Fälle. Betroffene können über ein Kontaktformular von Vorfällen berichten. Da in vielen Berei­ chen offizielle Zahlen nicht er­ hoben oder bekannt gegeben werden, kann diese Auflistung dabei helfen, sich einen Über­ blick über das wahre Ausmaß der Übergriffe zu verschaffen – bundesweit und unabhängig Für mehr Wertschätzung & Respekt ................................................. gegen Hass, Hetze & Gewalt ! << Mit einer neuen Kampagne setzt der DBB NRW ein Zeichen gegen Hass, Hetze und Gewalt. Mit der Postkartenaktion können Menschen deutlich machen, dass sie sich für mehr Wertschätzung und Respekt einsetzen, indem sie die Karte ausfüllen und an den DBB NRW senden. Model Foto: Kzenon / Colourbox.de 16 > dbb magazin | Oktober 2020

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