dbb magazin 9/2020

Von der Bürgermeisterin bis hin zur Topmanagerin bei den Stadtwerken: Frauen fehlen in kommunalen Spitzenämtern. Das muss sich ändern, fordert die dbb bundesfrauenvertretung. Es ist wie die Nadel im Heu- haufen zu suchen: Nur 9,6 Pro- zent der Kommunen werden von Frauen geführt. In den 50 größten Städten amtieren nur drei Oberbürgermeisterin- nen. Gemeinderäte ohne weib- liche Beteiligung sind keine Ausnahme und auch in kom- munalen Unternehmen ist das Topmanagement weit entfernt von paritätischen Verhältnissen. << Wenige Frauen an den Unternehmensspitzen Wie der aktuelle Städte- und Branchenvergleich der Zeppe- lin Universität Friedrichshafen zeigt, stagniert der Frauenan- teil in Topmanagementorga- nen öffentlicher Unternehmen seit Jahren. Aus der Analyse der aktuellen Daten von April 2020 für 69 Städte und 1469 öffentliche Unternehmen geht ein Frauenanteil in Top­ managementpositionen von durchschnittlich 19,7 Prozent hervor – mit einemmarginalen Anstieg um 0,4 Prozentpunkte zum Vorjahr. Auffällig ist, dass ein Großteil der vakanten Posi- tionen in den untersuchten Topmanagementorganen durch ein männliches Mitglied neu besetzt (78 Prozent/145 Fälle) wurde. Nur bei 22 Pro- zent (41 Fälle) wurde die zuvor männlich besetzte Position an eine Frau vergeben. Immerhin sind Frauen in den als besonders systemrelevant ein- gestuften Branchen wie etwa „Gesundheit & Soziales“ (33,1 Prozent) und „Krankenhäuser“ (25,2 Pro- zent), in denen ein überdurch- schnittlich hoher Frauenanteil bei den Beschäftigten vorliegt, in Spitzenpositionen gut ver- treten. Bei Stadtwerken und Unternehmen der Abfallwirt- schaft hingegen bleibt der An- teil mit rund neun Prozent an Topmanagerinnen sehr niedrig, stellte das Forschungsteam um Professor Ulf Papenfuß fest. << Kommunalpolitik muss weiblicher werden Aus Sicht der dbb frauen ist ein Umdenken in den Kommu- nen hin zu mehr Weiblichkeit und Diversität dringend not- wendig. „Im Gegensatz zu den großen DAX-Konzernen, die bei der gleichberechtigten Be- setzung von Führungspositio- nen mit Frauen und Männern im Fokus stehen, bleibt das Thema bei den kommunalen Unternehmen und Verwaltun- gen unterm Radar. Dabei brauchen wir gerade dort dringend mehr Frauen in poli- tischer Verantwortung, weil Politik und Verwaltung auf kommunaler Ebene so eng miteinander verquickt sind“, verdeutlicht dbb frauen Chefin Milanie Hengst. Vor allem in den Gremien, die beispielsweise für die Beset- zung der Aufsichtsräte in kom- munalen und öffentlichen Betrieben zuständig sind, müssten Frauen paritätisch vertreten sein. Darüber hinaus macht sich Hengst für vorausschauende gleichstellungspolitische Kon- zepte auch in kleineren Kom- munen stark. „Die Auswirkung von politischen Entscheidun- gen sind in Gemeinden unmit- telbar spürbar. Mit einer geziel- ten gleichstellungsorientierten Kommunalpolitik ließe sich noch viel mehr für Frauen und Familien auch in struktur- schwachen Regionen bewe- gen.“ Gerade hierin liege die Stärke der kommunalen Ver- waltung, betonte Hengst: „Wir dürfen nicht weiter zusehen, wie noch mehr gut ausgebilde- ten Frauen in die Ballungszen­ tren abwandern. Wir müssen ihnen auch im ländlichen Raum eine Perspektive aufzei- gen. Deshalb müssen attrakti- ve Positionen in Stadtwerken und kommu- nale Spitzen- ämter konsequent für Frauen geöffnet werden.“ << Gleichstellungspolitik in der Kommune stärken Das kann auch die stellver­ tretende komba Vorsitzende Mareike Klostermann nur be- kräftigen: „Den Kommunen kommt ihr enormer Standort- faktor zugute. Sie sind attrak- tive Arbeitgeber vor Ort, das ist gerade für Frauen mit Fa- milien ein Argument: kurze Arbeitswege, niedrige Hierar- chien, familienfreundliche Ar- beitszeiten.“ Allerdings sieht Klostermann auch die Schwie- rigkeiten für Frauen, sich gera- de in kleineren Gemeinden weiterzuentwickeln. „Oft starten junge Frauen ihre kommunale Laufbahn als Verwaltungsfachangestellte in ihrer Heimatkommune. Aufstiegspositionen in der Kernverwaltung sind aber ge- rade in kleinen Ortschaften rar.“ Deshalb sollte bereits in der Berufsorientierungsphase und später auch während der Ausbildung stärker auf Ent- wicklungs- und Weiterbil- dungschancen im Lebens­ frauen 30 dbb > dbb magazin | September 2020

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