dbb magazin 9/2020

Diplomats of Color Bewusstsein schaffen für vielfältigen öffentlichen Dienst Im Auswärtigen Amt haben sich Beschäftigte zu- sammengeschlossen, die in ihrem Leben bereits Erfahrungen mit Rassismus gemacht haben, um die Themen Diversität und Inklusion in der Ver- waltung auf die Tagesordnung zu heben. Gegründet wurde das Netz- werk „Diplomats of Color“ von der jungen Diplomatin Tiaji Sio, laut eigenen Anga- ben zunächst als loses Treffen unterschiedlichster bereits bestehender Gruppen von Diplomaten, die aufgrund ihrer Hautfarbe in ihrem Leben bereits diskriminiert wurden, um Erfahrungen darüber auszutauschen. Ziemlich schnell stellte sich jedoch heraus, dass viele der angesprochenen Themen Schnittstellen zur Dienststelle aufweisen. Dort suchten die Diplomaten dann Gespräche mit den relevanten Ansprech- partnern, bis hin zu Bundes­ außenminister Heiko Maas. Darüber hinaus veranstalteten Diplomats of Color im Zuge der Corona-Krise in unregelmäßi- gen Abständen Webinare und luden sich externe Expertinnen und Experten ein. So auch am 14. August 2020 die stellvertre- tende Bundesvorsitzende des dbb, Astrid Hollmann, ummit ihr und der Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Aminata Touré, über Diversität in der Politik und im öffentlichen Dienst zu spre- chen. Hollmann betonte während der Veranstaltung, dass „wir Diversität als Chance begreifen müssen“. Menschen mit Mig- rationshintergrund könnten viele Qualitäten in den öffent- lichen Dienst einbringen, die benötigt würden. „Dafür müs- sen wir jedoch die Struktu- ren und das Bewusstsein bei denjenigen Perso- nen schaffen, die für die Auswahl der Beschäf- tigten zu- ständig sind.“ Hollmann verwies da- bei auch auf die Ergebnisse des Be- richtes der Integrati- onsbeauftragten, in dem eine ganzheitliche Strategie für den öffentlichen Dienst angedacht wird. Auf das Aufbruch-Papier des dbb bezugnehmend, bekräftig- te Hollmann die Forderung nach einer öffentlichen Posi­ tionierung des gesamten öf- fentlichen Dienstes in Sachen Vielfalt. Wünschenswert sei beispielsweise eine gemeinsa- me „Charta der Vielfalt“ für den öffentlichen Dienst. Dazu gehörten Mindeststandards im Vielfaltsmanagement sowie eine verbindliche Implemen­ tierung der wesentlichen Vielfaltsaspekte in Aus-, Fort- und Weiterbildung. „Diversity erfordert Sichtbarkeit und Rückhalt“, so Hollmann, „auch und insbesondere bei den Füh- rungskräften.“ Durch Schulungen, Kurse und Weiterbildungen könnten viel- fach Klischees aufgebrochen und diskriminierende Denk- muster hinterfragt werden. „Wir müssen uns klarmachen“, so die dbb Vize, „dass mit- telbar jeder von uns von Diskriminierung be- troffen ist.“ Wenn die Potenziale von Men- schen mit Migra­ tions­ hintergrund nicht gehoben würden, spüre das die gesamte Gesell- schaft. „Wenn Menschen aufgrund von Diskriminie- rung etwa keine eigenständige Berufsbiografie erwirtschaften können, zahlen wir alle den Preis dafür.“ Aminata Touré betonte, dass gerade die Politik nicht divers genug sei. „Es gibt in den Par- teien und Parlamenten kaum People of Color, kaumMen- schen mit Behinderungen, kaum queere Personen“, so die Politikerin. Akademikerinnen und Akademiker seien jedoch überrepräsentiert. „Es muss deswegen darum gehen, wie solche Entscheidungen getrof- fen werden und welche Men- schen bevorzugt werden“, bilanzierte Touré. Auch die Initiative selbst sieht noch deutliche Verbesserungs- potenziale bei der Vielfalt etwa im Auswärtigen Amt. „Anders als im französischen oder im britischen Außenmi- nisterium ist es bei uns noch keine Selbstverständlichkeit, dass People of Color deutsche Interessen im Ausland vertre- ten“, betonte Gründerin Sio auf einer zum Diversity-Tag veröffentlichten Stellungnah- me des Auswärtigen Amtes am 26. Mai 2020. „Auch Füh- rungspersonen mit sichtbarem Migrationshintergrund gibt es noch keine.“ Dennoch gebe es auch Fort- schritte in ihrer Dienststelle, so Sio weiter. Als Beispiel nannte sie, dass das Auswär­ tige Amt 2014 die Charta der Vielfalt unterschrieben habe. dro << Charta der Vielfalt Die Charta der Vielfalt ist eine Arbeitgebendeninitiative zur Förderung von Vielfalt in Un- ternehmen und Institutionen. Sie wurde im Dezember 2006 von vier Unternehmen ins Leben gerufen und wird von der Beauftragten der Bundes­ regierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, unterstützt. Das Herzstück der Initiative ist eine Urkunde. Sie ist die Charta der Vielfalt imwört­ lichen Sinn und eine Selbst- verpflichtung der Unterzeich- nenden, Vielfalt undWert- schätzung in der Arbeitswelt zu fördern. Neben dem dbb haben über 3500 Unterneh- men und Institutionen mit insgesamt 13,4 Millionen Be- schäftigten die Charta der Vielfalt bereits unterzeichnet. www.charta-der-vielfalt.de jugend Foto: dip/Colourbox.de 28 dbb > dbb magazin | September 2020

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