dbb magazin 7-8/2020

dbb urteil des monats Urteil des Monats Arbeitsrecht Urlaub muss möglich sein Arbeitgebende müssen dafür sorgen, dass Beschäftigte ihren bezahlten Jahresurlaub auch tatsächlich nehmen können. Die Erfüllung dieser Mitwir- kungsobliegenheiten ist grund- sätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrecht­ lichen Fristenregimes des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Das hat das Bundesar- beitsgericht mit einem Urteil vom 22. Oktober 2019 festge- stellt (Az.: 9 AZR 98/19). Der Kläger war als Arbeitneh- mer bei einem eingetragenen Verein als Geschäftsführer be- schäftigt. Er hatte Anspruch auf 34 Arbeitstage Urlaub im Ka- lenderjahr. Das Arbeitsverhält- nis war befristet. Im Verlauf eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Befristung wurde dem Kläger ein Prozess- rechtsarbeitsverhältnis ent- sprechend den bisherigen Be- dingungen angeboten, was dieser akzeptierte und zugleich ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung wegen rückständiger Vergütung für die Monate Januar bis September 2013 geltend machte. Letztlich kündigte der Kläger und be- gehrte, 75 Arbeitstage Urlaub aus den Jahren 2011 bis 2013 mit einem Betrag in Höhe von 8 928,80 Euro abzugelten – zu- nächst erfolglos. In der Revision verwies das Bundesarbeitsge- richt (BAG) die Sache zur erneu- ten Entscheidung an das Beru- fungsgericht zurück. Die Annahme, der Urlaub des Klä- gers aus den Jahren 2011 bis 2013 sei nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen, werde von den Fest- stellungen des Landesarbeits- gerichts nicht getragen. Nach neuer BAG-Rechtsprechung er- lösche der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub bei einer richtlinienkonformen Aus- legung von § 7 BUrlG nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertra- gungszeitraums, wenn Arbeit- gebende Beschäftigte zuvor in die Lage versetzt haben, den Urlaubsanspruch wahrzuneh- men und Beschäftigte den Ur- laub dennoch aus freien Stü- cken nicht genommen haben. Arbeitgebende müssten Ar- beitnehmende – gegebenen- falls förmlich – auffordern, ihren Urlaub zu nehmen, und ihnen klar und rechtzeitig mit- teilen, dass der Urlaub mit Ab- lauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums ver- fällt, wenn sie ihn nicht bean- tragen. Im vorliegenden Fall würden die Grundsätze der Be- fristung des gesetzlichen Ur- laubsanspruchs auch für den vertraglichen Mehrurlaub des Klägers gelten, da der Arbeits- vertrag nichts Abweichendes regle. © Colourbox.de / Dean Drobot 39

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