dbb magazin 7-8/2020

Team.“ Der andere Garant ist die Entscheidung, seine Wo- chenarbeitszeit auf 25 Stunden zu begrenzen. „Ich nehme lie- ber die Zeit als das Geld und habe so die Möglichkeit, Sa- chen zu machen, die mich auch interessieren. Ich studiere Phi- losophie, investiere derzeit rund fünf Stunden die Woche in mein gewerkschaftliches Eh- renamt beim DBSH, wo wir mit Volldampf an unserer Kampag- ne ,Dauerhaft systemrelevant‘ arbeiten und gehe sehr gerne klettern.“ << Spaziergänge durch den Kiez In den täglich fünf Stunden, die Block für seine Klienten da ist, ist er vollkommen bei der Sache. Er arbeitet sich durch die Pro­ bleme von Elternpaaren, die im Kampf um das Sorgerecht für ihre Kinder dem jeweils anderen jede Niedertracht unterstellen – im Fachausdruck als „hoch- strittige Eltern“ bekannt. Er be- rät „seine Familien“ oft stun- denlang in Organisations- und Erziehungsangelegenheiten und begleitet in der Einzelfall- hilfe 16- bis 18-jährige Jugend- liche, die von ihren familiären Verhältnissen – manchmal bis zur lähmenden Depression – traumatisiert sind, bei ausge- dehnten Spaziergängen durch den Kiez. Denn manchmal brin- ge ein gemeinsames Döner-Essen mehr als ein Gespräch im Beratungsraum, sagt er. Im Nachgang zu jedem Kon- takt gilt es, Berichte zu verfas- sen, auch für das Jugendamt, und den Verlauf seiner Gesprä- che für sich und sein Team zu dokumentieren. Dabei legt er Wert darauf, die Berichte so zu verfassen, dass auch die Perso- nen, von denen sie handeln, sie annehmen können. „Ich disku- tiere und streite mich dann schon mal über einzelne For- mulierungen, und das muss auch so sein. Die Menschen müssen das Gefühl haben, dass sie gesehen und verstan- den werden. Ich mache keinen schnellen Abwasch.“ Einen anderen Beruf zu ergrei- fen sei ihm bisher nicht in den Sinn gekommen. „Wenn wir aber noch schlechter bezahlt werden würden, dann wäre ich sehr schnell woanders“, sagt Block, der als Absolvent des ersten Jahrgangs der Berliner Anna-Freud-Schule mit dem Abitur auch eine abgeschlosse- ne Ausbildung zum Erzieher in der Tasche hatte. „Ich wusste schon als Schüler, dass ich et- was mit Menschen machen und Bewegung haben wollte.“ Weil ihm die Menschen, die er als Erzieher betreuen durfte, dann doch zu jung und zu ver- spielt waren, sattelte er ein Studium der Sozialen Arbeit obendrauf, das er mit Bachelor und Master abschloss. << „Ich komme als Fremder dazu“ Aus dieser fundierten akade- mischen Ausbildung bringt er die Haltung mit, Lösungen ge- meinschaftlich zu generieren und nicht zu diktieren. „Was ich mache, ist Beziehungsar- beit“, sagt er. „Ich nehme mir alle Zeit, die nötig ist, eine Be- ziehung zu den Leuten aufzu- bauen und zusammen mit ih- nen Lösungswege zu suchen, wie sie ihr Problem in den Griff bekommen können. Ich kom- me als Fremder dazu, stelle Fragen, erkundige mich nach einzelnen Familienmitgliedern und zurückliegenden Ereignis- sen und wenn es gelingt, eine Vertrauensbasis zu schaffen, können die Beteiligten mithilfe meiner Vermittlung vieles an- sprechen, das sie sonst wahr- scheinlich unangetastet lassen würden. Dabei haben sich die Hausbe- suche, die der Familienhelfer nach telefonischer Terminab- sprache in der Regel einmal pro Woche vornimmt, fast immer als beziehungsfördernd erwie- sen. Das ist seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vorbei. „Die Wohnungen sind klein und die Familien groß. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich die ,Geh-Struktur‘ der Familienhilfe nicht aufrecht­ erhalten.“ Auf dem Höhepunkt des Kontaktverbots war es sogar so, dass die Kommunikation zwischen den Familienhelfern und ihren Klienten fast ganz zum Erliegen kam. „Wir haben viel telefoniert, aber intime Gespräche lassen sich auf die- semWeg nicht führen: Bezie- hungsarbeit funktioniert nur von Angesicht zu Angesicht“, sagt Block und dass er schon besorgt gewesen sei, dass die teils noch zarten Beziehungs- fäden in der Corona-bedingten Stille zerreißen könnten. Mit Beginn der Lockerungen haben sie im Familienzentrum die persönlichen Begegnungen wieder aufgenommen. „Mit dem Unterschied, dass wir von der Geh-Struktur auf die Komm-Struktur umstellen mussten. Das ist für viele un­ gewohnt. Aber immerhin kann ich die fünf Familien, die ich begleite, wieder regelmäßig einmal in der Woche persön- lich treffen.“ Was passiert, wenn es eine zweite Corona-Welle geben sollte? „Für diesen Fall hoffe ich, dass die verordneten Maß- nahmen differenzierter sind und der Shutdown nicht so umfassend ist. In jedem Fall braucht es ein Konzept, um zu verhindern, dass sozial schwa- che, benachteiligte Familien wieder stärker als sozial stärke- re, besser gestellte Familien getroffen werden.“ cri portrait << Hausbesuch bei den Familien war gestern: Seit Corona müssen die Beratungsgespräche im Familienzentrum stattfinden. 17 dbb > dbb magazin | Juli/August 2020

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