dbb magazin 5/2020

tarif << Branchentage und Tarifverhandlungen abgesagt Pandemiebedingt musste die Sitzung der dbb Bundestarifkommis- sion (BTK) am 20. März 2020 abgesagt werden, auf der über mög­ liche Forderungen in der Einkommensrunde 2020 mit Bund und Kommunen beraten werden sollte. Auch die geplanten Branchen- tage im April und Mai 2020, bei denen der dbb bundesweit mit den Kolleginnen und Kollegen über die Forderungen diskutieren wollte, mussten ebenso abgesagt werden wie die für den 1. April 2020 ge- plante Streikleiterkonferenz. Daneben sind zahlreiche weitere Tarifverhandlungen bis auf Weite- res verschoben worden. Betroffen davon sind unter anderem die Verhandlungen über Tarifverträge im Sozial- und Erziehungsdienst, in der Luftsicherheit, an Flughäfen und für verschiedene Kliniken. Kurzarbeit im öffentlichen Dienst COVID-19-Tarifvertrag gibt Sicherheit dbb, ver.di und die Vereinigung der kommunalen Ar- beitgeberverbände (VKA) haben sich auf einen Tarif- vertrag geeinigt, der Kurzarbeitskonditionen wäh- rend der COVID-19-Krise für die Beschäftigten im kommunalen Bereich regelt. Die Redaktionsverhand- lungen wurden am 14. April 2020 abgeschlossen. Gerade für Bereiche wie Thea- ter, Museen, Bäder, Kultur- und Sporteinrichtungen, die auf- grund aktueller behördlicher Anordnungen geschlossen wurden, sowie für den Nahver- kehrsbereich, der erhebliche Arbeitsausfälle zu verzeichnen hat, haben die Tarifpartner mit dem Abschluss des TV COVID die Möglichkeit zur Einführung von Kurzarbeit geschaffen. Demgegenüber gibt es auch kommunale Bereiche, bei de- nen Kurzarbeit nicht ange- zeigt ist. Das gilt besonders für die Beschäftigten in den Krankenhäusern und Pflege- einrichtungen. Aber auch in den Verwaltungen sowie bei der Kinderbetreuung ist Kurz- arbeit kein Thema. In den Kommunen können die öffentlichen Arbeitgeber auf der Grundlage des neuen Tarif- vertrags im Einvernehmen mit der betrieblichen Vertretung vor Ort Kurzarbeit bei der zu- ständigen Agentur für Arbeit beantragen, wenn die gesetz­ lichen Voraussetzungen nach §§ 95 ff. Sozialgesetzbuch III, also Arbeitsausfall mit Entgelt- ausfall von mindestens zehn Prozent bei mehr als zehn Pro- zent der Beschäftigten, vorlie- gen. Die Kurzarbeit muss sieben Tage im Voraus angekündigt werden. Die finanziellen Einbu- ßen durch Kurzarbeit bleiben für die Beschäftigten gering: Von der Bundesagentur werden während der Kurzarbeit 60 Pro- zent (bei Beschäftigten mit Kindern 67 Prozent) der Netto- entgeltdifferenz zwischen bisherigem Einkommen und Einkommen während der Kurz- arbeit als Kurzarbeitergeld gezahlt. Die Gewerkschaften haben durchgesetzt, dass die Arbeitgeber das Kurzarbeiter- geld in den Entgeltgruppen bis E 10 auf 95 Prozent und in den Entgeltgruppen ab E 11 auf 90 Prozent des bisherigen Netto- entgelts aufstocken. Die Auf- stockungszahlung ist zusatzver- sorgungspflichtiges Entgelt. Bei vollständigemWegfall des Ent- gelts beziehen die betroffenen Beschäftigten nur noch Kurzar- beitergeld und die vereinbarte Aufstockung. Bei teilweisem Wegfall des Entgelts gibt es für die tatsächlich geleistete Arbeit anteiliges Entgelt und für die weggefallene Arbeit Kurzarbei- tergeld plus Aufstockung. Die Auszahlung von Kurzarbeiter- geld, Aufstockung und antei­ ligem Entgelt erfolgt zum gleichen Zeitpunkt wie die bisherige Entgeltzahlung. Der Tarifvertrag soll aus- schließlich auf die Corona-Pan- demie zugeschnitten sein und am 31. Dezember 2020 ohne Nachwirkung enden. Die Tarif- partner haben zudem klarge- stellt, dass der Tarifvertrag zur Kurzarbeit nicht für die kom- munale Kernverwaltung (Per- sonal, Bauverwaltung, Sozial- und Erziehungsdienst, sofern kommunal getragen) sowie die Ordnungs- und Hoheits­ verwaltung gedacht ist. Vereinbart wurde auch ein umfassender Beschäftigungs- schutz: Während der Kurzar- beit und für einen Zeitraum von drei Monaten nach dem Ende der Kurzarbeit sind be- triebsbedingte Kündigungen der Beschäftigten, die in Kurz- arbeit sind, ausgeschlossen. Grundsätzlich von der Kurzar- beit ausgenommen sind bei- spielsweise Schwangere und werdende Väter, bei denen sich das Kurzarbeitergeld auf die Berechnung des Elterngelds auswirken würde, Auszubil- dende und Beschäftigte in Altersteilzeit. dbb Tarifchef Volker Geyer be- tonte: „Dort wo durch die Co- rona-Pandemie aktuell Arbeit wegfällt, gilt jetzt ein umfas- sender Beschäftigungsschutz. Die Arbeitsplätze sind langfris- tig gesichert. Außerdem ist es uns gelungen, Verluste bei den Nettoeinkommen auf ein Mini- mum zu begrenzen. Allen ist klar, dass dieser Tarifvertrag ausschließlich ein Beitrag ist, um eine absolute Ausnahmesi- tuation zu regeln. Das ist kein Muster. Grundsätzlich haben wir im öffentlichen Dienst zu viel und nicht zu wenig Arbeit.“ Gleichwohl sei man bereit ge- wesen zu demonstrieren, dass die Tarifpartner im öffentli- chen Dienst handlungsfähig sind und die Gewerkschaften auch in Krisenzeiten vollen Ein- satz für die Beschäftigten brin- gen. „Wir haben den Kollegin- nen und Kollegen in diesen unsicheren Zeiten nun zumin- dest die akuten Zukunftsängs- te nehmen können, die viele mit Blick auf ihre Arbeitssitua- tion hatten. Wir haben Arbeits- plätze gesichert und Nettoein- kommen gewahrt.“ Andreas Hemsing, stellvertre- tender Vorsitzender der dbb Bundestarifkommission und Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft, der die Verhand- lungen gemeinsammit Geyer geführt hatte, ergänzte: „Die Tarifverträge im öffentlichen Dienst beinhalten keine Grund- lage für Kurzarbeit. Jedoch er- möglichen Betriebsverfas- sungsgesetz und in einigen Ländern auch Personalvertre- tungsgesetze bereits heute die Möglichkeit für solche Verein- barungen. Aus diesem Grund macht die aktuelle Situation eine bundesweit einheitliche Regelung auch im Sinne der Gleichbehandlung erforder- lich.“ Allerdings sei der COVID- 19-Tarifvertrag als flächende- ckende Regelung für Kurzarbeit im öffentlichen Dienst aus- schließlich für bestimmte ab- gestimmte Bereiche und den Sonderfall der Corona-Krise gültig und „kein Freifahrt- schein für die Zukunft“. Alle Einzelheiten zum Tarifvertrag: www.dbb.de/ arbeitnehmer. © Colourbox 8 dbb > dbb magazin | Mai 2020

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