dbb magazin 3/2020

und in einen engen Austausch mit den Mobilfunkunterneh- men treten. Eine weitere Herausforderung sollten wir nicht unterschätzen: Es mangelt hier und da an der Akzeptanz des Ausbaus von Mo- bilfunk aus Sorge vor gesund- heitlichen Belastungen. Gute Informationen des Bundesam- tes für Strahlenschutz und wei- terer Akteure können da helfen. Ein Knackpunkt ist auch das Baurecht: Das Genehmigungs- verfahren für Mobilfunkanlagen könnte vielleicht auch etwas schlanker werden. Und warum lassen sich die bautechnischen Infrastrukturen für 5G nicht gemeinsam nutzen? Es ist ja nicht hilfreich, wenn jeder Netzbetreiber eigene Funk­ mastkonstruktionen oder Ge- bäudeantennen aufbaut. Auch dem Stadtbild würden gemein- sam genutzte Masten guttun. Schließlich brauchen wir nicht nur universitätsnahe Spitzen- technologie im Bereich des neu- en Mobilfunkstandards. Es müs- sen auch Anwendungen für die mittelständische Wirtschaft, für kleinere Unternehmen, für Frei- berufler und für Verwaltungen gefördert werden. Viele Kommunen sind über- schuldet, eine Entlastung durch den Bund ist politisch umstrit- ten. Ist eine flächendeckende Digitalisierung von Behörden- leistungen so überhaupt be­ zahlbar? Die Finanzierung der Verwal- tungsdigitalisierung ist für alle Städte eine Herausforderung. Aber sie selbst haben das größ- te Interesse daran, ihre Verwal- tung zu digitalisieren und da- mit zukunftsfest aufzustellen. Der Aufwand ist hoch, nötige Anpassungen und die Weiter- entwicklung digitaler Prozesse sind teuer. Insbesondere in der Phase der Planung und Imple- mentierung neuer Verwal- tungsabläufe müssen erheb­ liche Ressourcen eingesetzt werden. Erst perspektivisch stellen sich Serviceverbesse- rungen und Arbeitsvereinfa- chungen ein – und damit mög- licherweise Einspareffekte. Bislang fehlt eine Finanzie- rungslösung für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Viele Städte setzen Projekte aus eigener Kraft um. Für föde- rale Großprojekte der Digitalisie- rung der Verwaltung braucht es aber eine ausreichende fi- nanzielle Grundlage. Ein mögli- cher Baustein wäre, dass Bund und Länder den Kommunen für zentrale Verfahren auch zen­ trale Lösungen zur freiwilligen Nutzung anbieten und die Kos- ten dafür tragen. Auf diese Weise könnten die Städte ihre Ressourcen für die Digitalisie- rung von eigenen kommunalen Verfahren einsetzen. Und auch unter Effizienzge- sichtspunkten müssen wir noch einmal fragen, ob im digitalen Zeitalter die Kommunen weiter- hin erste Anlaufstelle für Bun- des- oder Landesaufgaben sein müssen. Sollen zentrale Aufga- ben auch zentral von Bund oder Land wahrgenommen werden? Viele dieser Aufgaben wurden wegen der örtlichen Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern auf die kommunale Ebene über- tragen. Der Rahmen dafür könn- te sich jetzt ändern. 15 Milliarden Euro Fördermittel wurden laut Bundesfinanzmi- nister Olaf Scholz von Ländern und Kommunen nicht abgeru- fen. Woran hakt es da? Ideen? PolitischemWillen? Struktu- ren? Personal? Die Städte setzen gute Förder- programme konsequent um und lassen keine Fördermittel liegen. Aber man muss sich das Verfahren genau anschauen. Bei den meisten Förderpro- grammen wird nämlich erst am Ende abgerechnet, wenn die Maßnahme beendet ist und die Rechnungen bezahlt werden. Viele der noch nicht abgerufenen Mittel sind be- reits fest verplant. Trotzdem stimmt es, es kann bei der Umsetzung von Förder- programmen zu Projektverzö- gerungen kommen. Hierfür gibt es verschiedene Ursachen. Nehmen wir zum Beispiel das Kommunalinvestitionsförde- rungsprogramm. Es ist ein gutes Programm, aber die Städte brauchen Firmen, die Bau- oder Planungsaufträge übernehmen wollen. Und das zu angemessenen Preisen. Die Bauwirtschaft ist überhitzt. Deshalb ist es auch richtig, dass die Frist nun um ein Jahr verlängert werden soll. Darüber hinaus gibt es Schwie- rigkeiten mit Förderprogram- men, die für die Städte hohe Hürden beinhalten. Beispiels- weise verhindern hohe Eigen- anteile für viele Städte den Ab- ruf von Fördermitteln aus dem „Sofortprogramm Saubere Luft 2017–2020“ und einigen Län- derprogrammen. Besser, als den Städten immer wieder nur mit Ad-hoc-Förder- programmen in unterschiedli- chen Bereichen kurzfristig zu helfen, wäre eine angemesse- ne und kontinuierliche Finan- zierung ihrer Aufgaben durch den Bund und die Länder. So könnten die Städte auch lang- fristig wieder mehr Kapazitä- ten für Planung und Genehmi- gung vorhalten. Bürgerinnen und Bürger gehen im Netz oft sehr freizügig mit ihren persönlichen Daten um. Gegenüber dem Staat scheint es da aber ein gewisses Miss- trauen zu geben. Gibt es einen Widerspruch zwischen Daten- schutz und einfachen Lösungen für digitale Verwaltung? Beim Datenschutz blicken viele Menschen interessanterweise tatsächlich kritischer auf den öffentlichen Bereich. Beim On- lineshopping wissen sie nicht, was mit ihren Daten passiert, nehmen es aber hin. Nutzen sie digitale Angebote der Städ- te, beunruhigt es sie, nicht zu wissen, was mit ihren perso- nenbezogenen Daten in der digitalen Verwaltung ge- schieht. Das beeinflusst selbst- verständlich, wie sie Online­ verwaltungsdienste nutzen. Aber die Städte wissen um den Wert des Datenschutzes. Auch die Sicherheit von Daten und Informationen ist Voraus- setzung für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Verwaltung und damit letzt- endlich für die Akzeptanz digi- taler Verwaltungsangebote. Diesen Anforderungen müssen sich die Städte, die Länder und der Bund stellen. Security by Design – Entwicklungen, die von Anfang an unempfindlich gegen Angriffe sind – muss schon bei der Erstellung von Anwendungen berücksichtigt werden. Über Sicherheitsrisi- ken und Angriffsszenarien muss zeitnah informiert wer- den, die Zusammenarbeit der Städte bei der Abwehr von Risi- ken und Angriffen sollte ver- tieft werden. Und letztlich gilt immer: Durch die Gewährleistung von Daten- souveränität können Bürgerin- nen und Bürger selbst bestim- men, was mit ihren Daten passiert. Das Recht auf infor- mationelle Selbstbestimmung hat Verfassungsrang. interview << Helmut Dedy . . ist seit Juni 2016 in Perso- nalunion Hauptgeschäfts- führer des Deutschen Städte- tages und Geschäftsführer des Städtetages Nordrhein- Westfalen. Der gebürtige Duisburger absolvierte nach dem Abitur die Ausbildung für den gehobenen Verwal- tungsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Bezirksregierung Arnsberg, die er als Diplom-Verwal- tungswirt abschloss. Danach war er einige Jahre in der Hochschulverwaltung tätig und absolvierte parallel an der Universität zu Köln ein Studium der Rechtswissen- schaften, das er 1992 mit dem Zweiten Juristischen Staatsexamen beendete. Seitdem arbeitet er bei kom- munalen Spitzenverbänden. 5 dbb > dbb magazin | März 2020

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