dbb magazin 3/2020

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Die Städte sind häufig Vorreiter bei der Digitalisierung von Behördengängen dbb magazin Laut Onlinezugangsgesetz (OZG) sollen bis 2022 alle Ver- waltungsleistungen digital an- geboten werden. Das gilt auch für die Kommunen. Halten Sie den Zeitplan für realistisch? Helmut Dedy Der Onlinezugang führt zu einer grundlegenden Verände- rung von Verwaltungsabläu- fen. Hinter dem OZG steckt ein föderales Großprojekt, an dem Bund, Länder und Kom- munen beteiligt sind. Die Menschen sollen über verbun- dene Internetportale ihre Ver- waltungsangelegenheiten weitgehend online regeln kön- nen. Man kann dann im Netz einen neuen Personalausweis beantragen, sich für einen Studienplatz an einer Hoch- schule anmelden oder einen Bewohnerparkausweis bean- tragen. Die Städte sind häufig Vorrei- ter bei der Digitalisierung von Behördengängen. Das reicht von der Gewerbeanmeldung bis hin zu Onlineverfahren für die Kfz-Anmeldung. Wir müs- sen neben den analogen We- gen auch digitale Zugänge zu städtischen Leistungen ermög- lichen. Und die Verfahren in- nerhalb der Verwaltung sind anzupassen. Ein föderales Großprojekt aber braucht Zeit. Nach jetzigem Stand habe ich große Zweifel, dass der Zeitplan bis 2022 ein- gehalten werden kann. Denn es reicht ja nicht, einen bisher analogen Prozess einfach eins zu eins zu digitalisieren. Son- dern wir müssen vorhandene Verwaltungsabläufe hinterfra- gen und überarbeiten. Ein Bei- spiel: Brauchen wir für zentrale Verwaltungsverfahren wie die Beantragung eines Personal- ausweises nicht auch zentrale Lösungen? Das Verfahren muss nicht von jeder Stadt einzeln digital erfunden werden. Und ist es für die Menschen rele- vant, ob der Personalausweis von der Stadt oder vom Bund selbst ausgestellt wird, wenn er doch überall in Deutschland der gleiche Ausweis ist? Die notwendige Umstellung kostet jedenfalls Zeit – vermutlich über 2022 hinaus. Viele Smart-City-Konzepte set- zen auf den 5G-Mobilfunkstan- dard, bei dessen Ausbau hinkt Deutschland aber seit Jahren hinterher. Wie kann die Infra- struktur schneller verbessert werden? Die Städte wünschen sich den raschen flächendeckenden Ausbau der Mobilfunktechnik in Deutschland. Grundlage müssen die aktuellen techni- schen und gesundheitsverträg- lichen Standards sein. Um Ge- biete, die die Netzbetreiber nicht bedienen, soll sich eine Infrastrukturgesellschaft für Mobilfunk im Auftrag des Bundes kümmern. Das wird einiges erleichtern. Die Einführung von 5G eröffnet den Städten neue Möglichkei- ten. Die Technologie kann bei- spielsweise dabei helfen, eine dezentrale Energiewirtschaft aufzubauen und Windkraft­ anlagen, Solarpanel- und KWK-Anlagen zu steuern. Auch die Verkehrswende hin zu einer nachhaltigen Mobilität lässt sich forcieren. Den Ausbau der notwendigen Infrastruktur können die Mobilfunkanbieter aber nicht allein leisten. Die Städte und kommunale Unter- nehmen wie Stadtwerke und Infrastrukturgesellschaften müssen eingebunden werden interview © Laurence Chaperon << Helmut Dedy 4 dbb > dbb magazin | März 2020

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