dbb magazin 9/2021

bundestagswahl 2021 Europapolitik im Fokus der Bundesparteien Mehr Effizienz und größere Handlungsspielräume für die EU Die Redaktion der dbb Europathemen hat die eu­ ropapolitischen Sprecher der im Bundestag ver­ tretenen Parteien gefragt, welche Herausforde­ rungen sie in der nächsten Legislaturperiode auf Europa zukommen sehen und auf welche Weise diese bestmöglich bewältigt werden können. Das dbb magazin zitiert aus ihren Antworten. < Florian Hahn, CDU/CSU Die Europäische Union steht vor vielfältigen Herausforde­ rungen, die es zu bewältigen gilt: Globalisierung, Klima­ wandel, Digitalisierung, demo­ grafischer Wandel, weltweite Migrationsbewegungen, eine veränderte internationale Si­ cherheitslage sind dafür wichti­ ge Beispiele. Dazu kommt nun die Bekämpfung der weltwei­ ten Corona-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen und gesell­ schaftlichen Folgen. Vor allem die Pandemie und die Konflikte in unserer unmittelba­ ren Nachbarschaft haben gezeigt, dass Entscheidungen schneller und entschlossener getroffen werden müssen. Mit der Einfüh­ rung von Mehrheitsentscheidungen in zentralen Politikfeldern kann uns das gelingen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass nicht alle 27 Mitgliedstaaten mit der gleichen Geschwindigkeit zusammenarbeiten wollen. Deshalb möchten wir die Zusammen­ arbeit derer voranbringen, die dazu willens sind. Wo keine ge­ meinsame Lösung aller möglich ist, setzen wir auf ein Europa der verstärkten Zusammenarbeit einiger Mitgliedstaaten im Rahmen der EU-Verträge. Zudemmüssen die Europäische Union und ihre Gesetzgebung handlungsfähiger, demokratischer und transparenter werden. Möglichst viele europäische Vorgaben sollten den Mitgliedstaa­ ten, Regionen und Kommunen Ermessen einräumen, welches wir bürgernah und wirtschaftsfreundlich anwenden wollen. CDU und CSU treten auch in Zukunft für ein handlungsfähiges und starkes Europa ein. Europa muss endlich weltpolitikfähig werden, um in­ ternational eine Rolle spielen zu können und auf Augenhöhe mit anderen Großmächten zu bleiben. < Christian Petry, SPD Die Europäische Union ist sowohl von innen als auch von außen herausgefordert. Im Binnenmarkt kämpfen wir seit der Finanz- und Eurokrise mit wirtschaftlichen und sozia­ len Ungleichgewichten, die eine Belastung für das europäische Versprechen von Sicherheit und Wohlstand sind. Die Corona- Pandemie ist eine zusätzliche Bürde. Sie erhöht den Druck, unser europäisches Wirt­ schafts- und Sozialmodell wei­ terzuentwickeln. Mit demWie­ deraufbaufonds Next Generation EU vermeidet die EU die Fehler zu wiederholen, die infolge der Finanzkrise gemacht worden sind. Die Pandemie hat gezeigt, wie weit sich Lieferketten über die gesamte EU spannen, wie sehr die Volkswirtschaften der Mit­ gliedstaaten vernetzt sind und wie stark unsere Sicherheit und unser Wohlergehen von Entwicklungen in scheinbar weit von uns entfernten Regionen in der EU abhängen. Deshalb sehe ich mit Sorge, wie die Mitgliedstaaten weiterhin eifersüchtig ihre Kompetenzen verteidigen. Wenn wir nicht aufpassen, wieder­ holen wir die Fehler der Vergangenheit. Abschreckendes Beispiel ist der Grenzschutz. Es war klar, dass die EU bei Freizügigkeit im Inneren auch unmittelbare Befugnisse an den Grenzen nach au­ ßen braucht. Hier brauchte es erst die Flüchtlingskrise, bis die Mitgliedstaaten dazu bereit waren. Hinzu kommen die Herausforderungen von außen. In unserer unmittelbaren Nachbarschaft häufen sich die Konflikte, wovon nicht zuletzt die Migrationsbewegungen zeugen. Um all diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen wir uns in der EU aufeinander zubewegen. Wir sind nur gemeinsam stark. < Michael Link, FDP Die EU hat mit verschiedenen Herausforderungen zu kämpfen, die sie nur geeint lösen kann. Zum einen befinden wir uns in einer stra­ tegischen Auseinandersetzung mit autoritären Staaten, die in der Welt von morgen eine Ordnung etablieren möchten, die mit unse­ ren Vorstellungen von Demokratie und der Freiheit des Individuums nichts gemein hat. Zum anderen stehen wir auch wirtschaftlich zu­ nehmend in einer Systemrivalität mit China. „Wandel durch Han­ del“ führt mittlerweile viel zu oft zu einem vorauseilenden Einkni­ © Florian Hahn © Oliver Wagner Foto: Microvectors/Colourbox.de 19 dbb > dbb magazin | September 2021

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