dbb magazin 9/2021

bundestagswahl 2021 Engagement belohnt und eine flexiblere Gestaltung des Arbeits­ alltags zulässt. Die Bedeutung der Anzahl der Dienstjahre für die Bezahlung von Beschäftigten der Verwaltung wollen wir zuguns­ ten leistungsbezogener Elemente absenken. Auch projektbezoge­ ne Mehr- und Sonderarbeit und Zuschläge für besondere Aufga­ ben sollten verstärkt genutzt werden. DIE LINKE: Ein moderner und leistungsstarker öffentlicher Dienst sichert den Bürgerinnen und Bürgern die ihnen gewährten Rech­ te und Leistungsansprüche. Er folgt nicht betriebswirtschaftli­ chen Leitbildern, sondern sichert Teilhabe, handelt transparent, ist für die Älteren genauso zugänglich wie für „digital natives“ und ist so vielfältig wie die Gesellschaft, der er dient. Seine Effi­ zienz misst sich nicht an Kosten-Nutzen-Relationen, sondern an der Wirksamkeit, mit der er seine Aufgaben erfüllt. Der öffent­ liche Dienst braucht starke Kommunen, denn sie schultern den Großteil der Aufgaben. Deshalb wollen wir die kommunale Selbstverwaltung stärken und so lokale Gegebenheiten stärker berücksichtigen. Bündnis 90/Die Grünen: Die Millionen von Menschen, die in Ver­ waltungen, Ministerien und Behörden arbeiten, sind ein Rückgrat unserer Demokratie und das Fundament unseres Gemeinwesens. Was muss aus Ihrer Sicht getan werden, damit der öffentliche Dienst für die Zukunft agil, digital und divers aufgestellt ist? CDU/CSU: Der öffentliche Dienst muss digitaler aufgestellt sein. Nicht zuletzt die Pandemie hat gezeigt, dass hier teils noch gro­ ßer Aufholbedarf besteht. Eine ausreichende digitale Ausstat­ tung und entsprechende Weiterbildungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind Grundvoraussetzungen und erfordern ausreichend finanzielle Mittel. Bereits die Umsetzung des Online­ zugangsgesetzes und die damit verbundene Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen zeigt, dass wir hier auf einem gu­ ten Weg sind. Grundsätzlich muss die Digitalisierung der Verwal­ tung von Anfang an mitgedacht werden. Gesetze, die eine digita­ le Umsetzung nicht vollumfänglich einplanen, können auch von der Verwaltung nicht effizient digital umgesetzt werden. CDU und CSU werden daher einen Digital-TÜV einführen, der vor je­ dem Gesetzgebungsverfahren genau diese Fragen klären wird. Arbeitsstrukturen mit flachen Hierarchien können für mehr Flexi­ bilität und Ideenreichtum sorgen. Agilität findet im öffentlichen Dienst in der alltäglichen Zusammenarbeit statt. Beschäftigte mit unterschiedlichen Expertisen, aus unterschiedlichen Alters­ gruppen und aus unterschiedlichen Besoldungs- und Tarifstufen arbeiten schon jetzt an kleineren und größeren Projekten zusammen. Wir setzen diesen Weg konsequent fort. Wir werden interdisziplinäre Projektarbeit zum Standard in Verwaltungen machen. Anders als in der freien Wirtschaft besteht im öffentlichen Dienst aller­ dings die Notwendigkeit, Verantwortlichkeiten eindeutig zuzuteilen. Der öffentliche Dienst ist als Arbeitgeber offen für jedermann. Wir betrachten Unterschiede und Viel­ falt bei den Bewerberinnen und Bewerbern als eine willkommene Stärke, von der der öffentliche Dienst profitiert. Wir wollen neue Ideen und frische Impulse durch externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ungewöhnliche Lebensläufe einbringen. Es braucht eine höhere Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft für den wechselseitigen, auch zeitlich limitierten Austausch von Mitarbeitern. Dazu sind erfahrene Quereinsteiger eine willkomme­ ne Bereicherung für den öffentlichen Dienst. Sie bringen vielfältige Erfahrungen aus der Praxis und neue Perspektiven mit. Die Vielfalt unserer Gesellschaft soll auch im öffentlichen Dienst sichtbar sein. Es geht uns darum, den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber in das Bewusstsein junger Menschen zu rufen. Wer aufgrund fachlicher Eignung, Leistung und Befähigung geeignet ist, um im öffentlichen Dienst zu arbeiten, ist uns dort sehr willkommen. SPD: Investitionen in einen modernen öffentlichen Dienst sind angesichts der anstehenden Herausforderungen keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Wir werden die Effekte der Digitali­ sierung nutzen, um Personal zu entlasten, sodass mehr Zeit für wesentliche Aufgaben zur Verfügung steht. Digitalisierung flacht Strukturen und Hierarchien ab, sie hat zugleich Einfluss auf Füh­ rungskultur. Der damit verbundene Kulturwandel bedarf durch­ dachter und sorgfältiger Moderation. Der technologische Wandel hat zu veränderten Ansprüchen der Menschen an Service ge­ führt. Um den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Unternehmen an moderne Dienstleistungen entspre­ chen zu können, muss der Kontakt mit Behörden vereinfacht und möglichst viel in nur einem „Behördengang“ erledigt werden können. Zugang und Karriereoptionen müssen unabhängig von Geschlecht und Herkunft sein. Wir wollen im öffentlichen Dienst auch Standards in den Bereichen Work-Life-Balance, technische Ausstattung und Vertrauenskultur setzen, an denen sich die freie Wirtschaft messen lassen muss. FDP: Bei der Digitalisierung der Verwaltung geht es nicht nur um die Digitalisierung von Prozessen, sondern vor allem um einen Men­ talitätswandel. Um das Megaprojekt der Verwaltungsmodernisie­ rung zu bewältigen, setzen wir auf eine agile Herangehensweise, die arbeitsfähige Ergebnisse vor starren Strategien priorisiert. Um Anreize für die digitale Transformation von Prozessen und Arbeits­ weisen zu schaffen, sollen durch die Digitalisierung erreichte Ein­ sparungen („Digitale Dividende“) für Investitionen in der jeweiligen öffentlichen Stelle verbleiben. Wir setzen uns auch für mehr Vielfalt im öffentlichen Dienst und damit auch für mehr Frauen in Füh­ rungspositionen ein. Wir fordern in diesem Zusammenhang, statt starrer Quoten im öffentlichen Dienst die Strukturen der Gleichstel­ lungs- und Behindertenbeauftragten in ein ganzheitliches Diversity Management einzubinden. Bei der Nachwuchsrekrutierung wollen wir insbesondere auch ethnische Vielfalt fördern. Beispielsweise Polizistinnen und Polizisten mit Einwanderungsbiografien können als Teil unserer Sicherheitsbehörden wertvolle Beiträge zur Verbes­ serung der Polizeiarbeit leisten und zugleich die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegeln, womit das gesellschaftliche Ver­ trauen in die Polizei gestärkt wird. DIE LINKE: Ein beweglicher, regsamer und wendiger – also „agiler“– öffentlicher Dienst braucht vor allem eins: gut ausgebildetes und fair bezahltes Personal, das über den eigenen Tellerrand denken und neben den eigenen Aufgaben auch das große Ganze in den Blick nehmen kann. Dafür ist es wichtig, dass digitalisierte Arbeitsabläufe nicht dazu führen, dass der Arbeitsalltag verdichtet wird, sondern Freiräume zu schaffen, sich den Problemen der Bürgerinnen und Bürger zuzuwenden. Zugleich schafft das die Voraussetzung, auf neue Bedarfe ? Foto: Colourbox.de 13 dbb > dbb magazin | September 2021

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