dbb magazin 11/2023

Einkommensrunde öffentlicher Dienst Den Ländern droht ruinöser Bezahlungsrückstand Nachdem die Auftaktrunde am 26. Oktober 2023 ohne Angebot der Arbeitgebenden vertagt wurde, forderte dbb Chef Ulrich Silberbach eine zügige und konsensorientierte Verhandlungsführung von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Niemand erwartet von einer Auftaktrunde Wunderdinge. Aber Hinweise darauf, dass auch die Arbeitgebenden der Länder endlich erkannt haben, wie groß ihre Personalprobleme sind, wären hilfreich gewesen. Alle Gewerkschaftsargumente immer nur als ‚unbezahlbar‘ abzuqualifizieren, ist auf jeden Fall zu wenig“, kritisierte Silberbach. „In der zweiten Runde müssen wir deutlich weiter kommen, sonst eskaliert diese Einkommensrunde.“ Wenn schon nicht aus Respekt und Gerechtigkeit für die eigenen Beschäftigten, müssten die Länder aus schierem Eigeninteresse sofort ein konsensfähiges Angebot vorlegen. „Denn sie drohen auf dem Arbeitsmarkt bei Bezahlung und Wettbewerbsfähigkeit in einen ruinösen Rückstand zu geraten“, so Silberbach. Die gewerkschaftliche Forderung nach 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro Einkommenszuwachs, sei zeitgemäß, verhält- nismäßig und finanzierbar, so der dbb Chef: „Wir müssen in den nächsten zehn Jahren altersbedingt über ein Viertel der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ersetzen. Warum sollten junge Leute denn zum Land gehen, wenn sie bei Bund, Kommunen oder gar der Privatwirtschaft im gleichen Job mehr verdienen können? Wir fordern einen Gleichklang in der Bezahlung über alle Gebietskörperschaften hinweg.“ Ferner sprach sich Silberbach dafür aus, dass Bund, Länder und Kommunen künftig wieder zusammen mit den Gewerkschaften verhandeln. Die Zersplitterung der öffentlichen Tariflandschaft habe inhaltlich nie Sinn ergeben: „Taktisch mag das für manche anfangs eine interessante Variante gewesen sein. Bewährt hat es sich jedenfalls nicht. Also weg damit und zurück an einen gemeinsamen Verhandlungstisch! Das sehen übrigens auch fast 75 Prozent der Bevölkerung so, wie aus einer aktuellen forsa- Umfrage hervorgeht.“ Gewerkschaften und TdL müssten in dieser Einkommensrunde sicherstellen, dass die Landesbeschäftigten nicht abgehängt werden. „Das ist im Interesse der Kolleginnen und Kollegen, der Bürgerinnen und Bürger und der Arbeitgebenden.“ Innerhalb der dbb Verhandlungskommission hatte die Auftaktrunde ohne Angebot zwar nicht für eine Überraschung gesorgt, da sich die TdL schon in den vergangenen Jahren als wenig gestaltungsfreudig erwiesen hatte. Für Verärgerung sorgte sie aber dennoch. dbb Tarifchef Volker Geyer wies die Verhandlungskommission darauf hin, „dass unsere Argumente gut sind, und dass die Länder immer mehr an Boden verlieren. Allerdings wird das, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen nicht reichen. Wir müssen – und das hat dieser enttäuschende Auftakt noch einmal ganz deutlich gemacht – auch laut und deutlich für unsere Ziele einstehen. Wir werden auch um Streikmaßnahmen nicht herumkommen. Hier ist jede und jeder gefragt. Ich habe zuletzt häufiger von ,Mitmachtagen‘ gesprochen. Was wir jetzt brauchen, sind ,Mitmachwochen‘.“ ■ Der TdL-Vorsitzende, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke und dbb Chef Ulrich Silberbach traten nach der Auftaktrunde vor die Presse. Gewerkschaftliches „Empfangskomitee“ zum Auftakt der ersten Runde vor dem Verhandlungsort, der Landesvertretung von Baden-Württemberg. © Friedhelm Windmüller (2) 10 AKTUELL dbb magazin | November 2023

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