dbb magazin 3/2023

de Präsenz beziehungsweise diese nicht wirklich greifbaren Elemente führen auch dazu, dass Organisationen diesen Einflussfaktoren kaum Aufmerksamkeit schenken. Dabei sind die Menschen gerade in einer Verwaltung keine Maschinen, die gedankenlos und mechanisch Vorgänge abarbeiten. Jede:r Mitarbeiter:in hat eigene Grundbedürfnisse, Werte, Einstellungen und Gefühle, die in der Summe der Beschäftigten den Arbeitsalltag und die Atmosphäre signifikant beeinflussen. Eine „gute“ Organisationskultur wird nicht durch ein Arbeitsumfeld definiert, das völlig frei von jeglichen Konflikten oder Stress ist. „Gut“ bedeutet Offenheit, Sachlichkeit, Transparenz, gute Kommunikation, Wertschätzung und Freiheit von jeglichen negativen Führungsmethoden. Der Umgang mit Konflikten und Stress wird in einer guten Organisationskultur bis zu einem gewissen Grad als nicht belastend empfunden und wirkt sich somit auch nicht negativ auf die Arbeitsatmosphäre aus. Neben Strukturen und Arbeitsprozessen, die relativ schnell verändert und effizienter gestaltet werden können, braucht es bei der Etablierung einer guten Organisationskultur Zeit, da diese nicht von oben aufoktroyiert werden kann, sondern über einen längeren Zeitraum gefördert werden muss. Organisationskultur wird von Menschen erschaffen und muss (vor)gelebt werden. Personal gewinnen und halten Es sind die Menschen selbst, die Veränderungen des Systems herbeiführen können. Diese Veränderungen richten sich nach den Bedürfnissen und Interessen derer, die dieser Organisation zeitweilig angehören. Wichtig ist das gestalterische Moment, Dinge in die Hand zu nehmen und als Verwaltung darauf zu achten, was zum einen die „Kund:innen“, aber auch die Mitarbeiter:innen wollen. Durch die Fluktuation von Mitarbeitenden wird die Förderung der Organisationskultur zu einer fortdauernden Aufgabe. Organisationskultur wird gefördert, indem den Mitarbeiter:innen Vertrauen geschenkt und – in einem gewissen Rahmen – Eigenverantwortung gegeben wird, indem der Mensch in der Verwaltung gesehen und wertgeschätzt wird und indem den Beschäftigten vollständige Informationen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollten Arbeitgeber:innen Freiräume für Entscheidungen und Handlungsfähigkeit schaffen, damit sich Ideen und Projekte entwickeln können. Sie sollten Rahmenbedingungen und Ressourcen für eine (fachamtsübergreifende) Teamarbeit bereitstellen und eine sichere und fürsorgliche Arbeitsumgebung schaffen. Auch Lernkultur ist wesentlich: Aus Fehlern resultieren Lernen und stetige Verbesserung. Raum zum Ausprobieren und Austesten runden das Bild ebenso ab wie zu Beginn nicht immer perfekt durchgeplante Projekte, die im Verlauf noch angepasst werden können. Mitarbeiter:innen wollen heute durch eigenverantwortliches Handeln sowie durch die Stärke von gut funktionierenden Teams, effektiven Arbeitsabläufen und flachen Hierarchien sinnstiftende Arbeiten verrichten. Um die Kultur in der Organisation zu „formen“, rät Laloux dazu, erstens „unterstützende Strukturen, Praktiken und Prozesse zu implementieren“, zweitens die Mitarbeiter:innen reflektieren zu lassen, „wie ihre persönlichen Überzeugungen die neue Kultur unterstützen oder schwächen“, und drittens „sicherzustellen, dass Menschen mit moralischer Autorität in der Organisation zum Vorbild für das Verhalten werden, das diese Kultur zum Ausdruck bringt“. Der letzte Punkt zielt eindeutig auf die Rolle der Führungskräfte ab, die enormen Einfluss auf die Organisationskultur in der Verwaltung haben können. Mit ihrem Verhalten steht und fällt auch das Image nach innen und außen, welches wiederum von Bedeutung bei der Rekrutierung und dem Halten von Fachkräften ist. Die Rolle der Führungskräfte Führungskräfte prägen die Organisationskultur in hohemMaße und setzen den Rahmen für das Miteinander im Arbeitsalltag. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Führungskräfte in Verwaltungen ausgewählt werden, die vor allem starke soziale und methodische Kompetenzen besitzen. Gerade wenn mehr Eigenverantwortung auf Einzelne oder ganze Teams übertragen wird, so muss die Führungskraft gewisse Rollen einnehmen, um Organisationseinheiten erfolgreich zu führen oder Prozesse zu managen. Diese Rollen sind die der Strateg:in, Koordinator:in, Sinngeber:in, Mediator:in, Konfliktmanager:in oder Kommunikator:in, um die Rahmenbedingungen für mehr Produktivität zu schaffen. Führungskräfte in der Verwaltung müssen demnach einen nicht zu eng gesteckten Orientierungsrahmen vorgeben, in dem sich die Beschäftigten frei bewegen können. Zugegebenermaßen sind manche Spielräume mit der heutigen Gesetzgebung begrenzt. Allerdings sollte den Mitarbeiter:innen die Entscheidungsfindung durch eine Vertrauensbasis übertragen werden, die im Grunde nicht mehr revidiert werden sollte. Auch das „angstfreie“ Führen, in dem es keine Schuldzuweisungen, Androhungen oder keine negative Kommunikation gibt, trägt dazu bei, dass sich eine Arbeitsatmosphäre etabliert, die kreativ, effizient und produktiv ist. Somit sollten Verwaltungen vor allem bei der Auswahl und Weiterbildung der Führungskräfte darauf achten, dass ein Schwerpunkt auf den sozialen und methodischen Kompetenzen liegt. Fachkenntnisse können jederzeit kurzfristig weiter ausgebildet werden. Wichtig ist, dass die Fachkompetenz durch die Teammitglieder vorhanden ist. Die innere Haltung, Denkweise und die Verhaltensmuster einer Führungskraft zu verändern, die nicht zu einer guten Organisationskultur beiträgt, ist hingegen mit deutlich mehr Zeitaufwand und Anstrengungen verbunden. Wenn Verwaltungen eine gute Organisationskultur etablieren wollen, ist dies nur mit Führungskräften möglich, die den Fokus auf die Menschen in der Organisation legen. Über kurz oder lang werden Verwaltungen nur fähige Mitarbeiter:innen anwerben und halten können, wenn sie auch fähige Führungskräfte in die so wichtigen Funktionen bringen. Daniela Kuzu, Beigeordnete der Fontanestadt Neuruppin Eine „gute“ Organisationskultur wird nicht durch ein Arbeitsumfeld definiert, das völlig frei von Konflikten oder Stress ist. FOKUS 13 dbb magazin | März 2023

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