dbb magazin 11/2022

DBB AKADEMIE Ungenutztes Potenzial Employer Branding im öffentlichen Dienst Wer viel mit der Bahn unterwegs ist, kennt die gängigen Begründungen für Verspätungen und Zugausfälle: Bauarbeiten, Streckensperrungen, Defekte am Zug oder Verzögerungen im Ausland. Noch relativ neu ist diese: „Dieser Zug entfällt heute. Grund dafür ist Personalmangel. Ich wiederhole …“ Der Fachkräftemangel in Deutschland ist mittlerweile in allen Branchen spürbar und hat sich fast flächendeckend zum generellen Personalmangel ausgeweitet. Besonders stark betroffen ist der öffentliche Dienst, denn zur demografischen Entwicklung kommt hier eine große Konkurrenz durch die Privatwirtschaft. Im Wettbewerb um die besten Köpfe kann nur bestehen, wer sich als attraktiver Arbeitgeber positioniert und zielgruppengerecht kommuniziert. Der öffentliche Dienst hat hier noch erhebliches ungenutztes Potenzial. Mit einem überzeugenden Arbeitgebermarketing, dem Employer Branding, und einer klugen Kommunikation können öffentliche Arbeitgeber die dringend benötigten Fachkräfte für sich gewinnen. Wie bekannt ist der öffentliche Dienst als Arbeitgeber überhaupt? Studien verschiedener Institute zeigen seit etlichen Jahren das gleiche Bild: Der öffentliche Dienst wird als Arbeitgeber zu wenig wahrgenommen. Die vielen verschiedenen Berufsfelder, die teilweise sehr attraktiven Arbeitsbedingungen oder die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten sind oft unbekannt. Das allerdings liegt nicht an mangelndem Interesse der potenziellen Beschäftigten, wie eine Befragung des Trendence Instituts im Jahr 2020 ergab: 80 Prozent des akademischen Nachwuchses wünschen sich demnach, mehr über die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst zu erfahren. Über alle Altersgruppen hinweg äußerten die Befragten, der öffentliche Dienst mache nicht genug auf sich aufmerksam. Für die meisten Behörden, Landes- oder Kommunalbetriebe stimmt das leider. Hat sich seit Jahren nichts geändert? Doch, es geht voran. Auf der Liste der Traumarbeitgeber von Schülerinnen und Schülern steht auf dem ersten Platz ein öffentlicher Arbeitgeber: die Polizei. Zugegeben – die Polizei ist in unser aller Alltag sichtbar, präsent, ansprechbar und die Aufgaben sind im Kern bekannt. Nicht zuletzt durch TV-Serien oder Kinofilme, in denen ein cooles Team gefährliche Situationen meistert oder mysteriöse Kriminalfälle löst. Doch das allein ist es nicht – so betreibt beispielsweise die Berliner Polizei ein ambitioniertes und erfolgreiches Employer Branding. Der Titel der aktuellen Kampagne „110 % Berlin“ spielt nicht nur auf die Notrufnummer an, sondern enthält auch ein Versprechen gegenüber der Stadt Berlin und den dort wohnenden Menschen. Die kreative Umsetzung der Kampagne in Bildmotiven, Videoclips und verschiedenen Online-Kanälen ist höchst professionell und trägt zum positiven Image eines modernen Arbeitgebers bei. Nun lassen sich die meisten Verwaltungen oder kommunalen Eigenbetriebe hinsichtlich ihrer Bekanntheit kaum mit der Polizei vergleichen. Doch vom dort praktizierten Employer Branding können viele öffentliche Arbeitgeber einiges lernen: etwa wie es gelingt, die verschiedenen Zielgruppen spezifisch anzusprechen und die Attraktivität des Arbeitgebers überzeugend darzustellen. Employer Branding ist ein Prozess Bis dahin ist es jedoch ein langer Weg. Employer Branding ist ein Prozess, der strategische Überlegungen, praktische Umsetzung und kreative Gestaltung beinhaltet. Vor allem aber ist der Aufbau einer stimmigen Arbeitgebermarke ein Werk von vielen Beteiligten – den Bereichen Personal und Kommunikation kommt hier eine Schlüsselstellung zu, aber auch die Führungsebene muss von der Notwendigkeit überzeugt sein. Die in der Arbeitgebermarke definierten Werte müssen täglich gelebt und von © andyller/Adobe Stock 38 SERVICE dbb magazin | November 2022

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