dbb magazin 11/2022

Unternehmen, Handwerksbetriebe und die öffentliche Hand, Hochschulen und Universitäten um die Schulabgänger, die sich dann die Rosinen aus dem Kuchen picken, oder das, was sie für Rosinen halten. Derzeit bieten sich Schulabgängern sehr viele Wege in eine berufliche Zukunft. Lust auf Mitgestaltung Cora Feuerherdt, eine sportliche, junge Frau mit langen, brünetten Haaren, hat nach dem Besuch einer Ausbildungsmesse ganz bewusst den Ausbildungsplatz im öffentlichen Dienst gewählt. Und ganz bewusst in ihremHeimatkreis, dem sie sich eng verbunden fühlt. Sie liebt die Weite, die Natur und dass man sich hier kennt und zueinanderhält. Eine Großstadt, sagt die 17-Jährige, das sei ihr einfach zu anonym. Sie macht eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten und ist im zweiten Ausbildungsjahr. An ihrer Arbeit schätzt sie den Abwechslungsreichtum, die Sicherheit und für die Zukunft die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Was ihr besonders gefällt, ist, dass sie, wie auf ihrer vorletzten Ausbildungsstation beim Jobcenter, „Menschen helfen kann“. Ähnliche Motive scheinen auch andere Berufseinsteiger in den öffentlichen Dienst zu treiben: Zum Beispiel den Rostocker Johannes Hofmann, der an der Fachhochschule Güstrow dual „Öffentliche Verwaltung“ studiert. Er sagt im dbb Podcast DienstTag, er finde schon sein Studium „unfassbar interessant und vielseitig“. Das Mitglied bei der komba jugend will „sich für die Gemeinschaft einbringen“, so sei er das aus seiner Familie gewohnt. Hofmann (20) macht es Freude mitzugestalten und an Prozessen mitzuarbeiten. „Damit das ein besseres Land wird.“ Ja, auch die Vorurteile über den Kaffeeverbrauch von Beamten und im öffentlichen Dienst allgemein sind Cora und Johannes bereits vertraut. Beide reagieren gelassen, wenn sie Derartiges, oft nur als Frotzelei unter Freunden, zu hören bekommen. Johannes findet, man müsse über den Sprüchen stehen. „Wer Beamter wird, hört Beamtenwitze.“ Cora hat in der Sprechstunde auch schon stressige Situationen mit lautstarken Menschen erlebt. Ihr hilft, dass sie sich auf ihre Vorgesetzte verlassen kann, die dann auch schon mal übernimmt. Und ihre Eltern stünden hinter ihr und ihrer Wahl. „Ohne meine Eltern würde ich nicht stehen, wo ich stehe.“ Gerade weil sie nicht nur Geringschätzung, sondern auch schon Neid auf ihren Job und auf ihre Arbeitsbedingungen kennengelernt hat. „Allein die Blicke reichen dann schon.“ Es geht aufwärts Die Menschen in Sachsen-Anhalt wissen um den Wert eines krisenfesten Jobs. Im Jahr von Coras Geburt, 2005, lag die Arbeitslosenquote im Land bei etwa 20 Prozent. Das Jerichower Land sei damals regelrecht ausgeblutet, sagt Burchardt. Im Jahr 2021 waren es nur noch 7,3 Prozent. Lange Zeit sei die Stimmung mentalitätsbedingt schlechter als die Lage gewesen. „Weil viele hier das Glas halbleer sehen“, wie Burchardt es beschreibt, habe der Kreis mit einem Imagefilm reagiert. Es gehe den Menschen gut, sagt der Landrat. „Die Kaufkraft ist relativ hoch, weil die Preise niedrig sind. So ist der Kauf von größerem Bauland erschwinglicher.“ Hier könnte also auch eine Kitaerzieherin oder ein Polizist ein Haus auf einem größeren Grundstück bauen, schließt die Interviewerin. „Die Menschen haben vielleicht 500 Euro weniger im Portemonnaie als in Niedersachsen, aber sie können davon ziemlich gut leben.“ Die positive Lebenseinstellung schlägt inzwischen auch auf die Demografie durch: Zumindest in den Teilen des Landkreises, die zum Speckgürtel der Landeshauptstadt Magdeburg gehören, müssen laut Burchardt nun Schulen erneuert und Kindergärten gebaut werden. Und nicht nur in Magdeburg gibt es mit der neuen Chipfabrik in Zukunft mehr Arbeitsplätze. Auch die Wirtschaft in Burg wächst. Steffen Burchardt muss zum nächsten Termin in den Nachbarraum. Da warten die Schulleiter des Kreises. Es werde wohl auch ums RÜMSA, ums Regionale Übergangsmanagement, gehen. Die Initiative soll Jugendliche in der Phase der Berufsorientierung unterstützen, weil es noch immer zu viele Schulabbrecher (10,3 Prozent) gebe im Kreis. Auch Cora ist auf dem Sprung: Autofahren darf sie noch nicht und muss deshalb unbedingt den Zug in ihre Heimatstadt Genthin erwischen. Sie will noch zum Handballtraining. Sich ein bisschen auspowern. Text: Anke Adamik, Fotos: Jan Brenner Cora Feuerherdt macht eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten Fachrichtung Kommunalverwaltung. Der dbb veröffentlicht ab sofort monatlich einen Podcast über Menschen, die Staat machen. Das Gespräch mit Berufseinsteiger Johannes Hofmann, der in Güstrow ein duales Studium im Fach Öffentliche Verwaltung absolviert, hören Sie hier: www.dbb.de/mediathek/video-audio/. dbb Podcast DienstTag FOKUS 21 dbb magazin | November 2022

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