dbb magazin 6/2022

INTERVIEW Joachim Herrmann, Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) Die Anzahl, Komplexität und Professionalität von Cyberangriffen nimmt stetig zu Berichte über Cyberangriffe gibt es immer wieder. Zuletzt macht ein mutmaßlicher Angriff auf die Fernwartung von Windkraftanlagen Schlagzeilen. Eine These lautete, dass russische Hacker im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg die Energieversorgung treffen wollten. Wie ist es Ihrer Ansicht nach um die IT-Sicherheit in Deutschland heute insgesamt bestellt? Wir haben bereits umfangreiche Netzwerke aus Politik, Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft zur Stärkung der Cybersicherheit entwickelt. Dennoch sind wir nicht unverwundbar. Cyberangriffe auf Behörden sowie auf Unternehmen und Einrichtungen in Deutschland sind weiterhin zu befürchten. Das gilt derzeit gerade auch angesichts des Ukraine-Kriegs. Daher sind alle Unternehmen und Einrichtungen aufgerufen, die Sicherheitsvorkehrungen genau auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf zu verstärken. Unser Cyber-Allianz-Zentrum Bayern, das beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz angesiedelt ist, hat sein Präventionsangebot ausgebaut. Es versendet fortlaufend Warnmeldungen an gefährdete Unternehmen. Alle bayerischen Behörden mit Cybersicherheitsaufgaben, dazu gehören unter anderem auch die Zentrale Ansprechstelle Cybercrime und das Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, bündeln ihre Kompetenzen in der 2020 geschaffenen „Cyberabwehr Bayern“, einer behördeninternen Informations- und Kooperationsplattform. Dort findet ein regelmäßiger Lageaustausch statt. Bayernweit sind auch die sogenannten „Quick-Reaction-Teams“ der Bayerischen Polizei rund um die Uhr einsatzbereit. Die spezialisierten IT-Ermittler und IT-forensischen Spurensicherer werden beispielsweise bei schwerwiegenden Cyberangriffen direkt vor Ort eingesetzt. Gerade bei herausragenden Fällen von Cybercrime ist es wichtig, schnellstmöglich vor Ort digitale Spuren zu sichern. Daher haben wir diese Spezialisteneinheiten in jedem Präsidium der Bayerischen Landespolizei und beim Bayerischen Landeskriminalamt eingerichtet. Wichtig ist: Stillstand bedeutet in der Cybersicherheit einen Rückschritt. Wir müssen deshalb immer am Ball bleiben und unsere Cybersicherheitsmaßnahmen ständig fortentwickeln. Und aktuell wegen etwaiger Cyberangriffe aus Russland besonders wachsam sein. Private Unternehmen sind relativ häufig von Angriffen betroffen, vermutlich gibt es sogar eine hohe Dunkelziffer. Aber auch staatliche Stellen werden immer wieder attackiert, letztes Jahr wurde etwa die gesamte IT-Infrastruktur des Landkreises Anhalt-Bitterfeld lahmgelegt. Warum sind öffentliche Einrichtungen für Cyberkriminelle überhaupt interessant? Stillstand bedeutet in der Cybersicherheit einen Rückschritt. Wir müssen deshalb immer am Ball bleiben und unsere Cybersicherheitsmaßnahmen ständig fortentwickeln. Joachim Herrmann ist Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration. Im Januar 2022 übernahm er turnusgemäß den Vorsitz der Innenministerkonferenz (IMK). www.fuchs-foto.de 14 FOKUS dbb magazin | Juni 2022

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