dbb magazin 6/2022

Das Pilotprojekt, Online-Betriebsratswahlen in den Betrieben zu erproben, wird vom dbb beobachtet und verfolgt werden. Pilotprojekt Online-Betriebsratswahlen Betriebliche Mitbestimmung soll gestärkt werden Die Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP will die Mitbestimmung in der laufenden Legislaturperiode weiterentwickeln. Betriebsräte sollen selbstbestimmt entscheiden, ob sie analog oder digital arbeiten wollen. Im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Maßstäbe werden Online-Betriebsratswahlen in einem Pilotprojekt erprobt werden. Außerdem soll ein zeitgemäßes Recht für Gewerkschaften auf digitalen Zugang in die Betriebe geschaffen werden, das ihren analogen Rechten entspricht. Die sozial-ökologische Transformation und die Digitalisierung kann nur zusammen mit den Arbeitnehmenden wirksam gestaltet werden. Hinsichtlich dieser Fragen soll das im Juni 2021 in Kraft getretene Betriebsrätemodernisierungsgesetz nochmals evaluiert werden. Die Behinderung der demokratischen Mitbestimmung soll künftig als Offizialdelikt eingestuft werden. Ausbau der Unternehmensmitbestimmung Deutschland nimmt bei der Unternehmensmitbestimmung eine weltweit bedeutende Stellung ein. Die bestehenden nationalen Regelungen sollen bewahrt werden. Missbräuchliche Umgehung geltenden Mitbestimmungsrechts gilt es zu verhindern. Die Bundesregierung hat angekündigt, sich dafür einzusetzen, dass die Unternehmensmitbestimmung weiterentwickelt wird, sodass es nicht mehr zur vollständigen Mitbestimmungsvermeidung beim Zuwachs von SE-Gesellschaften (Europäische Aktiengesellschaften) kommen kann (Einfriereffekt). Zudem soll die Konzernzurechnung aus demMitbestimmungsgesetz auf das Drittbeteiligungsgesetz übertragen werden, sofern faktisch eine echte Beherrschung vorliegt. Behinderung der Mitbestimmung ahnden Der dbb begrüßt das Vorhaben der Koalitionäre, die Mitbestimmung in der neuen Legislaturperiode weiterzuentwickeln, insbesondere die Evaluierung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes. Hierzu hatte der dbb Stellung bezogen. Die darin enthaltenen Änderungen waren teilweise fortschrittlich, aber auch überfällig und leider noch nicht ausreichend. Das digitale Zugangsrecht der Gewerkschaften zu den Betrieben gehört zu den Grundanliegen der Arbeit im Bereich der Mitbestimmung, das der dbb und seine Mitgliedsgewerkschaften bereits auf verschiedenen Ebenen eingefordert und teilweise bereits durchgesetzt haben, zum Beispiel bei den Verhandlungen zum Tarifvertrag Hessen in 2021. Das Pilotprojekt, Online-Betriebsratswahlen in den Betrieben zu erproben, wird von dbb Seite intensiv beobachtet und verfolgt werden, da es die Interessen unserer Mitglieder unmittelbar berührt. Für den Fall, dass sich Arbeitgebende rechtswidrig gegenüber dem Betriebsrat verhalten und mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten ohne die Beteiligung des Betriebsrats einführen, fordert der dbb schon seit Langem, dass im Betriebsverfassungsgesetz entsprechende Zwangsmaßnahmen geregelt sein müssen. Insoweit unterstützt der dbb das Vorhaben, die Behinderung der Mitbestimmung künftig als Offizialdelikt anzusehen. Dadurch müssen von Staats wegen Ermittlungen aufgenommen werden, auch wenn keine entsprechende Anzeige vorliegt. Der dbb ist der festen Überzeugung, dass die demokratische Teilhabe der Beschäftigten in Unternehmen eine wichtige Rolle nicht nur für die Arbeitswelt, sondern für die Demokratie insgesamt spielt. Insoweit begrüßen wir die Maßnahmen der neuen Regierung, die Unternehmensmitbestimmung zu stärken und die Lücken in den verschiedenen Mitbestimmungsgesetzen zu schließen. Dies gilt insbesondere im Bereich der Unternehmensmitbestimmung in Europäischen Aktiengesellschaften (SE-Gesellschaften). Hier gilt es zu verhindern, dass deutsche Unternehmen die Umwandlung ihrer Rechtsform in eine SE nutzen, um paritätische Mitbestimmung in Aufsichtsräten und die gesetzlichen Frauenquoten zu umgehen. ■ Modelfoto: Colourbox.de 10 AKTUELL dbb magazin | Juni 2022

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==