dbb magazin 5/2021

urteil des monats Vermutete Diskriminierung muss widerlegt werden Sofern eine Frau weniger Entgelt erhält als das vom Arbeitgebenden mitgeteilte Vergleichsentgelt ihres männ­ lichen Kollegen, spricht dies nach Auffassung des Bundes­ arbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 21. Januar 2021, Az.: 8 AZR 488/19) für eine Be­ nachteiligung wegen des Geschlechts. Dem Arbeit­ gebenden obliegt dann die Verpflichtung, diese Vermu­ tung zu widerlegen. Die Klägerin ist als Abtei­ lungsleiterin bei der Beklag- ten tätig und wird außertarif­ lich vergütet. Sie verlangte von der Beklagten gemäß § 11 Entgelttransparenzgesetz (EntGTranspG) Auskunft über das Entgelt ihrer männlichen Kollegen. Im Ergebnis stellte sich heraus, dass das Ver­ gleichsentgelt sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Klägerin lag. Zudem war das Durchschnittsentgelt ver­ gleichbar beschäftigter männ­ licher Abteilungsleiter unstrei­ tig um acht Prozent höher als das der Abteilungsleiterinnen. Daraufhin klagte die Arbeit­ nehmerin auf Zahlung der Differenz zwischen ihrem Ent­ gelt und der ihr mitgeteilten höheren Medianentgelte. Das Arbeitsgericht hatte der Klage zunächst stattgegeben. Im Be­ rufungsverfahren gab das Lan­ desarbeitsgericht (LAG) Nieder­ sachsen jedoch der Beklagten recht, denn nach Ansicht des Gerichts bedürfe es nach der Beweislastnorm des § 22 All­ gemeines Gleichbehandlungs­ gesetz (AGG) eines Vortrags, der mit überwiegender Wahr­ scheinlichkeit auf eine Entgelt­ benachteiligung aufgrund des Geschlechts schließen lässt. Zwar liege das Entgelt der Klä­ gerin unter demMedian der Vergleichsgruppe, diese Aus­ kunft allein würde jedoch nicht ausreichen, um eine Diskrimi­ nierung festzustellen. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin erfolgreich Revision beim BAG ein. Nach Auffassung des BAG liegt eine unmittelbare Be­ nachteiligung vor und die Klage durfte nicht mit der vom LAG Niedersachsen ge­ gebenen Begründung abge­ wiesen werden. Denn aus der von der Beklagten erteil­ ten Auskunft des Vergleichs­ entgelts als Medianentgelt gemäß den Vorgaben des EntgTranspG ergibt sich zugleich immer auch die Mit­ teilung der maßgeblichen Vergleichsperson. Schließlich erhalte immer entweder ein konkreter oder ein hypotheti­ scher Beschäftigter des ande­ ren Geschlechts dieses Entgelt für eine gleiche beziehungs­ weise gleichwertige Tätigkeit. Vorliegend habe die Klägerin somit eine unmittelbare Be­ nachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG er­ fahren, da ihr Entgelt geringer ist als das einer maßgeblichen männlichen Vergleichsperson gezahlte, so das BAG. Urteil des Monats Model Foto: Colourbox.de 39 dbb > dbb magazin | Mai 2021

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