dbb magazin 12/2020

arbeitnehmerrechte Personalvertretungsrecht Wem steht bei Teilzeit eine Freistellung zu? Wenn es in einem Personalrat, der aus neuen Mitgliedern besteht, um die Verteilung der dem Personalrat nach § 46 Abs. 4 Bundespersonalver­ tretungsgesetz (BPersVG) zustehenden Freistel­ lung geht, kann diese auch auf zwei Mitglieder aufgeteilt werden. Aber welchen Mitgliedern steht eine teilweise Freistellung zu? Im vorliegenden Fall befindet sich der Personalratsvorsitzen­ de seit Kurzem in Altersteilzeit und kann daher die Freistel­ lung nicht voll, sondern nur zur Hälfte in Anspruch nehmen. Der Dienststellenleiter ist mit einer Aufteilung der Freistel­ lung in zwei hälftige Freistel­ lungen einverstanden. Im Per­ sonalrat besteht nun aber Uneinigkeit darüber, welchem Personalratsmitglied die zwei­ te Hälfte der Freistellung zu­ steht: Ein Teil der Personalrats­ mitglieder meint, die zweite Hälfte der Freistellung stehe einem Personalratsmitglied derjenigen Wahlvorschlagsliste zu, der auch der Vorsitzende angehört. Da diese Liste unter den zwei weiteren Gruppen­ sprechern im Vorstand nicht mehr vertreten ist, wäre die Freistellung auf ein nicht dem Vorstand angehörendes Perso­ nalratsmitglied zu übertragen. Bei der Auswahl der freizustel­ lenden Mitglieder hat der Per­ sonalrat danach zunächst die nach § 32 Abs. 1 BPersVG ge­ wählten Vorstandsmitglieder, sodann die nach § 33 BPersVG gewählten Ergänzungsmitglie­ der und erst danach weitere Mitglieder zu berücksichtigen. Für die Freistellung der weite­ ren Personalratsmitglieder, also in der Regel ab der sechs­ ten Freistellung, gelten beson­ dere Verteilungsgrundsätze. In § 46 Abs. 3 BPersVG hat der Gesetzgeber eine eindeutige und zwingende Vorgabe für die Reihenfolge der Freistellung gemacht. Die gesetzlich vorge­ schriebene Rang- beziehungs­ weise Reihenfolge ist absolut verbindlich. Der Personalrat ist deshalb keineswegs völlig frei in der Auswahl der freizustel­ lenden Personalratsmitglieder, sondern muss die in Abs. 3 auf­ gestellten Regeln beachten, wonach zunächst die Vor­ standsmitglieder zu berück­ sichtigen sind. Eine Verteilung des Freistel­ lungsvolumens auf weitere, das heißt nicht dem (engeren oder erweiterten) Vorstand angehörende Personalrats­ mitglieder ist deshalb grund­ sätzlich erst ab der sechsten Freistellung möglich. Der Grund dafür ist, dass dem Vor­ stand – und nur diesem – ge­ mäß § 32 Abs. 1 Satz 4 BPersVG die Führung der laufenden Ge­ schäfte des Personalrats ob­ liegt. Die Freistellung dient der zeitlichen Abdeckung der Erle­ digung dieser Aufgaben. Aus diesem Grund ist auch dann, wenn dem Personalrat nur eine einzige Freistellung zusteht und diese – mit Einverständnis des Dienststellenleiters – in Form von zwei halben Freistel­ lungen ausgeübt werden soll, ein Verbleib der beiden Frei­ stellungshälften im Vorstand sicherzustellen. Würde ein Teil der Freistellung an ein nicht dem Vorstand angehörendes Personalratsmitglied über­ tragen, so würde damit ein Auseinanderklappen der Aufgabenzuweisung an die Vorstandsmitglieder und der Freistellungszuweisung an Nichtvorstandsmitglieder eintreten, das einer sachge­ rechten Arbeitserledigung im Personalrat zuwiderliefe. Nur ausnahmsweise kann eine Freistellung (im Rahmen eines Freistellungsvolumens von ein bis fünf Freistellungen) an ein nicht dem Vorstand angehö­ rendes Personalratsmitglied in Betracht kommen, nämlich dann, wenn die an sich vom Gesetzgeber für die Freistel­ lung vorgesehenen Vorstands­ mitglieder nicht zur Inanspruch­ nahme einer Freistellung bereit wären, also auf die Inanspruch­ nahme der Freistellung ver­ zichten. Das Übergehen eines Vorstandsmitglieds aber, das zur Freistellung bereit ist, ist rechtswidrig. Aus der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 24. April 2001, Az.: PL 15 S 1419/00, ergibt sich nichts anderes. Die Entscheidung be­ zieht sich auf das LPersVG BW. Die dortige Regelung der Aus­ wahl der für die weiteren Frei­ stellungen vorzusehenden Per­ sonalratsmitglieder ist zum einen nicht identisch mit der Regelung des § 46 Abs. 3 Satz 3 BPersVG, denn das Landesrecht BW bestimmt als einzigen Ver­ teilungsmodus, unabhängig von dem zur Anwendung ge­ kommenen Wahlverfahren und unabhängig von den Grup­ pen – insofern anders und we­ niger differenziert als das BPersVG –, dass bei weiteren Freistellungen die im Personal­ rat vertretenen Wahlvorschlä­ ge nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu berücksich­ tigen sind. Eine Übertragbar­ keit der Entscheidung auf das BPersVG ist daher nicht mög­ lich. Der Bundesgesetzgeber hat vielmehr in § 46 Abs. 3 Sätze 3 ff. BPersVG eine sehr detaillierte Regelung für die Aufteilung der Freistellungen vorgenommen und durch die Trennung von Freistellungen (für Vorstandsmitglieder) und weiteren Freistellungen zum Ausdruck gebracht, dass nur – im Rahmen der weiteren Frei­ stellungen – der besondere Verteilungsmodus der Sätze 3 ff. gelten soll. Danach ist im vorliegenden Fall die zweite Hälfte der Freistellung zwingend an eines der beiden anderen Vorstandsmitglieder zu übertragen, die ja beide zur Freistellung bereit sind. Die Entscheidung, welchem der beiden Vorstandsmitglie­ der der Personalrat die halbe Freistellung übertragen will, liegt in seinem sachgerecht auszuübenden Ermessen. Foto: Colourbox.de 24 dbb > dbb magazin | Dezember 2020

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