dbb magazin 12/2020

blickpunkt schulen Infektionsgeschehen bei Kindern und Jugendlichen Ansteckung größtenteils außerhalb der Schule Die Hamburger Schulbehörde hat eine erste Auswertung der Corona-Infektionen an den Hamburger Schulen vorgelegt. Sie zeigt: Auch in den Schulen infizieren sich Schülerinnen und Schüler mit dem Coronavirus. Doch die Ansteckungs­ gefahr ist in der Schule offensichtlich viel geringer als außerhalb der Schule. So haben sich von 372 zwischen den Sommer- und Herbstferien mit Corona infizierten Schüle­ rinnen und Schülern mit großer Wahrscheinlichkeit mindestens 292 gar nicht in der Schule, son­ dern außerhalb der Schule in­ fiziert. Auffällig ist auch, dass sich jüngere Schülerinnen und Schüler unter zwölf Jahren nur halb so häufig infizieren wie äl­ tere, ältere sich aber wiederum genauso häufig infizieren wie Erwachsene. Auswertungs­ zeitraumwar die Schulzeit zwischen den Sommer- und Herbstferien vom 4. August bis 4. Oktober 2020. Sehr oft meldeten Schulen nur einen einzigen Infektionsfall innerhalb von zehn Tagen in einer Jahrgangsstufe. In diesen Fällen ist es unwahrscheinlich, dass sich die Schüler(innen) in ihrer Schule und Jahrgangsstu­ fe infiziert haben, weil es dort keine zweite infizierte Person gab, die die Krankheit hätte übertragen können. Nur bei 116 infizierten Schüle­ rinnen und Schülern (31,2 Pro­ zent) gab es in derselben Zeit, Schule und Jahrgangsstufe mindestens einen weiteren Corona-Fall. Eine genauere Überprüfung jedes einzelnen Falles zeigte, dass sich 36 die­ ser Schüler sehr klar außerhalb der Schule infiziert hatten, bei­ spielsweise in der Familie, auf Feiern oder bei privaten Tref­ fen. Lediglich 80 (21,5 Prozent) der insgesamt 372 Infektions­ fälle von Schülerinnen und Schülern konnten nicht ein­ deutig auf eine außerschuli­ sche Infektion zurückgeführt werden und sind möglicher­ weise durch eine Ansteckung in der Schule erfolgt. << Schulformen unter- schiedlich betroffen Die Hamburger Untersuchung lieferte weitere interessante Hinweise: Auffällig sind die unterschiedlichen Infektions­ zahlen in den verschiedenen Schulformen. So infizierten sich zwischen den Sommer- und Herbstferien 45 Grundschüler (0,06 Prozent), 65 Gymnasias­ ten (0,12 Prozent), 163 Stadt­ teilschüler (0,24 Prozent), 89 Be­ rufsschüler (0,18 Prozent) und zehn aus sonstigen Schulfor­ men. Das bedeutet, dass sich Stadtteilschüler etwa doppelt so häufig mit Corona infizierten wie Gymnasiasten und Gym­ nasiasten wiederum doppelt so häufig wie Grundschüler. Jüngere Schülerinnen und Schüler in den Klassenstufen 0 bis 6 infizierten sich wie erwar­ tet deutlich seltener als ältere. So infizierten sich zwischen den Sommer- und den Herbst­ ferien 93 der 109661 (0,1 Pro­ zent) Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 0 bis 6, die Infektionsrate der älteren Schü­ ler ab Klassenstufe 7 war in der gleichen Zeit mit 279 Infizier­ ten von 140493 Schülerinnen und Schülern mit 0,2 Prozent doppelt so hoch. Daher gibt es zwischen dem In­ fektionsrisiko älterer Schülerin­ nen und Schüler und dem In­ fektionsrisiko von Erwachsenen offensichtlich kaum Unterschie­ de. Im gesamten Zeitraum vom Ende der Sommerferien bis Mit­ te November haben sich rund 0,7 Prozent der Gesamtbevölke­ rung Hamburgs infiziert. Bei Schülerinnen und Schülern ab Klassenstufe 7 und in den be­ rufsbildenden Schulen waren es knapp 0,8 Prozent, demge­ genüber aber lediglich 0,3 Pro­ zent der Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangs­ stufen 0 bis 6. << Bildungsgewerkschaften: Lehrkräfte und Lernende besser schützen Die Bildungsgewerkschaften im dbb beamtenbund und tarifunion fordern daher schärfere Maßnahmen, um das Infektionsgeschehen an Schulen auch über den Winter hinweg unter Kontrolle zu be­ halten. So schlägt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) einen bundesweit einheitli­ chen Katalog an Maßnahmen vor, die ab bestimmten Infek­ tionswerten an den betroffe­ nen Schulen umgesetzt wer­ den sollen, wie etwa die Einführung des hybriden Unterrichts. Auch der Deutsche Philologen­ verband (DPhV) fordert ein einheitliches Vorgehen, ins­ besondere vonseiten der Ge­ sundheitsämter, die nachvoll­ ziehbar und verlässlich agieren müssten. Die Einhaltung der AHA-Regeln müssten zwin­ gend eingehalten werden, was in der Konsequenz auf eine Verkleinerung der Klas- sen hinauslaufe. Die Katholische Erzieherge­ meinschaft Bayern (KEG) sieht sich durch die Zahlen in Ham­ burg bestätigt, für ganz junge Schülerinnen und Schüler so viel Präsenzunterricht wie möglich durchzuführen. Der Verband Deutscher Real­ schullehrer (VDR) spricht sich dafür aus, Mindestabstände und eine generelle Masken­ pflicht bundesweit einzufüh­ ren. Der Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB) ergänzt dies um die Forderung, stärker zwischen einzelnen Schulformen zu dif­ ferenzieren. So solle ab der Se­ kundarstufe II zwischen Prä­ senz- und Distanzunterricht gewechselt werden. Model Foto: Colourbox.de 15 dbb > dbb magazin | Dezember 2020

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