dbb magazin 12/2020

Einhaltung hinzuweisen“, so Kusterer im SWR. Auch gebe es mehr Anzeigen, weil Menschen uneinsichtig sind. Wie schnell die Stimmung im öffentlichen Raum aggressiv wird, haben die jüngsten Vor­ fälle in Frankfurt gezeigt, wo am 2. November 2020 ein Strei­ fenwagen der Polizei ohne Vor­ warnung von 25 Jugendlichen in einer Einkaufsstraße atta­ ckiert wurde. Andernorts in der Stadt hatten sich 500 bis 800 Menschen versammelt, aus der Menge heraus flogen Flaschen und Eier auf die Polizei. Der Lan­ desvorsitzende der DPolG Hes­ sen, Engelbert Mesarec, forder­ te von der Stadt, tragfähige Konzepte vorzulegen, „um die gesamte Szene zu beruhigen und Gewalt gar nicht erst ent­ stehen zu lassen“. Denkbar sei­ en befristete Verbote des Alko­ holausschanks, die Sperrung von Plätzen und eine größere Präsenz von Ordnungskräften. Der Vorsitzende des dbb Hes­ sen, Heini Schmitt, sieht in den Ausschreitungen eine Korrosion des staatlichen Gewaltmono­ pols und fordert Konsequen­ zen: „Der Staat kann nicht wei­ ter nur auf Prävention setzen. Auch ist es zu kurz gegriffen, eine Rechtfertigung mit dem Frust über Corona-Beschrän­ kungen zu suchen.“ Stattdessen sollten wenigstens die wenigen Täter, die ermittelt werden kön­ nen, zeitnah anklagt und zu spürbaren Freiheitsstrafen ver­ urteilt werden. „Das würde sich sicher herumsprechen und könnte langfristig Wirkung zeigen“, so Schmitt. << Offene Gewalt Gewalt und Aggressionen gegen Polizeibeamte sorgten jüngst auch in Rheinland-Pfalz für Entsetzen. Nach einem brutalen Tritt in das Gesicht ei­ nes Polizisten während eines Einsatzes in Andernach am 10. Oktober 2020 wollte die DPolG dort nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. DPolG-Landeschef Thomas Meyer und die dbb Landesvor­ sitzende Lilli Lenz versammel­ ten sich gemeinsammit Kolle­ ginnen und Kollegen vom Verband Bildung und Erziehung (VBE), dem Bund der Strafvoll­ zugsbediensteten Deutsch­ lands (BSBD) und dem Verband der Lehrer an berufsbildenden Schulen (vlbs) bei einer Mahn­ wache, um auf die „Gefahren­ zone öffentlicher Dienst“ auf­ merksam zu machen. In Bayern ist das Agressions­ potenzial ebenfalls gestiegen. In der Sendung „Jetzt red i“ des Bayerischen Rundfunks wünschte sich auch der DPolG- Landeschef in Bayern, Jürgen Köhnlein, mehr politischen Rückhalt für die Polizei: „Wir merken deutlich, dass der Res­ pekt gegenüber Einsatzkräf­ ten in alltäglichen Situationen abgenommen hat.“ Während die erste Welle der Epidemie im Frühjahr noch von der Angst vor dem Virus geprägt gewesen sei, bringe die zweite Welle mehr Maskenverweige­ rer und Demonstrationen mit sich. „Unser stärkstes Mittel ist die Kommunikation, aber wir werden immer an einen gewissen Punkt kommen, wo wir effektiv handeln müssen.“ Weiter kritisierte Köhnlein mangelndes Personal: Wenn 1000 Polizistinnen und Poli­ zisten einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Pande­ mie leisten, indem sie den Ge­ sundheitsämtern aushelfen, fehlten diese Kolleginnen und Kollegen an anderer Stelle. „Die Politik darf die Polizei da­ mit nicht alleinlassen.“ Dieser Auffassung ist auch Thomas Jungfer, Vorsitzender der DPolG Hamburg: „Die Co­ rona-Pandemie ist eine große Herausforderung für uns als Polizei. Zum Glück hat der Großteil der Bevölkerung Ver­ ständnis für die Maßnahmen.“ Dennoch komme es immer wieder zu verbalen Attacken und Übergriffen. „Wir werden beleidigt, beschimpft und manchmal sogar angespuckt – auch wenn man geduldig versucht, die Maßnahmen zu erklären. Leider sind körperli­ che Attacken ebenfalls keine Seltenheit mehr“, sagt Jungfer und beklagt den mangelnden Respekt und die fehlende Menschlichkeit eines Teils der Gesellschaft gegenüber ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen im Dienst. „Wenn sich Bürgerinnen und Bürger gera­ de in dieser für uns alle schwie­ rigen Zeit von der Polizei Res­ pekt erwarten, dann erwarten wir das ebenfalls.“ Dazu müsse auch die Politik beitragen, in­ dem sie der Polizei klar und ohne Wenn und Aber den Rü­ cken stärke. Darüber hinaus habe auch die jüngste Un­ gleichbehandlung der Kollegin­ nen und Kollegen von Bundes­ polizei und Länderpolizeien für Unmut gesorgt: „Da bringt es letztlich auch nichts, wenn der Bundesinnenminister seiner Bundespolizei einen Corona- Bonus zahlt, die Innenminister der Länder sich aber nicht für derartige Boni begeistern kön­ nen und stattdessen gebets­ mühlenartig das Mantra von den leeren Kassen wiederho­ len. Gerade in der Krise sollten wir ,eine‘ Polizei sein und auch entsprechend behandelt wer­ den.“ br brennpunkt © DPolG Bundespolizeigewerkschaft © Andre Zand-Vakili > dbb magazin | Dezember 2020 13

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