dbb magazin 5/2020

Klassische Frauenberufe werden gesellschaftlich oft weniger anerkannt nachgefragt ? nachgefragt bei ... ... Aline Zucco, Gender-Ökonomin beim DIW, zur Wertschätzung weiblicher Berufstätigkeit in Zeiten von Corona << Aline Zucco © DIW Die Corona-Krise zeigt: Wenn es ernst wird, stützen vor allem Frau- en Wirtschaft und Gesellschaft. Sie stellen die Mehrzahl der Beschäftig- ten im Gesundheitswesen, in der Altenpflege, an Schulen und Kitas oder im Einzelhandel. Ihre Dienste werden jetzt dringend gebraucht oder schmerzlich vermisst wie etwa im Bereich der Kinderbe- treuung. Die Gender-Ökono- min Aline Zucco bewertet die unverzichtbare Leis- tung von Frauen für die Gesellschaft – nicht nur in Krisenzeiten – und liefert Anregungen, wie sich der Wert systemrelevanter Dienstleistungen lang- fristig steigern lässt. In einer aktuellen Studie des DIW Berlin haben Sie zusam- men mit Wissenschaftlerinnen verschiedener Forschungsdis­ ziplinen Berufsgruppen nach Ansehen und Bezahlung ver­ glichen, die entscheidend für die Bewältigung der aktuellen Krise sind. Dabei haben Sie eine deutliche Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher Unverzicht- barkeit und tatsächlicher Ent- lohnung festgestellt. Welche Berufsgruppen sind besonders betroffen? Was bedeutet das für die Entlohnung der jeweili- gen Beschäftigten? Aline Zucco In der Tat liegen die Stunden- löhne in den sogenannten sys- temrelevanten Berufen mit knapp 18 Euro unter dem Durchschnitt über alle Berufe, der bei gut 19 Euro liegt. Das klingt zunächst nach keiner sehr großen Abweichung vom Durchschnitt. Schaut man sich allerdings einzelne Berufsgrup- pen genauer an und insbeson- dere diese, in der ein hoher Anteil aller systemrelevant Be- schäftigten arbeitet, werden große Unterschiede deutlich: In Reinigungs- und Verkaufsberu- fen ist das Lohnniveau mit nicht mal 10 Euro pro Stunde beson- ders gering. Aber auch in Pfle- geberufen wie zum Beispiel in der Gesundheits- und Kranken- pflege liegt der Stundenlohn mit 16,50 Euro deutlich unter dem Durchschnitt. Interessan- terweise zeigen unsere Ergeb- nisse außerdem einen starken Zusammenhang zwischen der Bezahlung und der gesellschaft- lichen Anerkennung in Zeiten außerhalb von Corona. So liegt auch das Berufsprestige in den systemrelevanten Berufen mit 58 von 200 maximal möglichen Punkten unterhalb des Durch- schnitts von 63 Punkten. In der Gesundheits- und Krankenpfle- ge zum Beispiel, wo auch die Löhne unterdurchschnittlich sind, liegt das Berufsprestige mit 51 Punkten deutlich unter dem Schnitt. 20 dbb > dbb magazin | Mai 2020

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