dbb magazin 3/2020

vorgestellt administrator und der Lektor des Verlags.“ Kirsch erstellt den kompletten Lehrstoff selbst, mithilfe von Apps und frei ver- fügbaren Materialien, die er in den Unterricht einbindet. Ent- täuscht ist er insbesondere von den Verlagen der Schulbücher. Es gebe nahezu überhaupt kei- ne digitalen Angebote für Leh- rer, so Kirsch. Und auch technische Probleme löst Kirsch notgedrungen allei- ne. „In Frankreich wird für den IT-Support eine externe Person eingestellt“, stellt Rektorin Kreis heraus. Das könne sie mit den derzeitigen Mitteln jedoch nicht realisieren. „Das wird sich aber hoffentlich ändern, wenn das Geld aus dem Digitalpakt fließt“, so die Rektorin. Bis dahin gehe es eben nur mit enthusiastischen Kollegen wie David Kirsch, dessen Methode imÜbrigen nachweislich wirke. Um eine ganze Note habe sich die Leistung der Klasse im Schnitt verbessert, betont Kreis. Zusammen mit dem Lehrer hat sie vor rund zweieinhalb Jahren einen Plan entwickelt, wie der Unterricht mit dem Tablet orga- nisiert werden kann. „Wir hat- ten auch Glück“, meint sie, „weil wir von der Stadt finanziell un- terstützt worden sind.“ Als sie auf den Bürgermeister mit ih- rem Konzept zugegangen sei, habe er ihr sofort zugesichert, dass die Kommune die Mittel für die Tablets auslegen würde. Dass es auch anders laufen kann, beweist die benachbar- te Oberschule Brand-Erbis- dorf. Die dortige Schulleiterin Martina Kilian bekommt kaum Unterstützung von ihrer Kom- mune für eine zeitgemäße technische Ausstattung. „Bei uns stehen ausrangierte Rech- ner von Ministerien und Be­ hörden“, beklagt die Rektorin. Keine Geräte, kein Laptop, kein Netzwerk seien vorhan- den. „Um ins Internet zu kom- men, haben wir uns jetzt einen UMTS-Stick besorgt“, erzählt sie mit einer gehörigen Portion Galgenhumor. Seit September könne sie keine Mails mehr versenden, weil Schulamt und Bürgermeister keine Initiative ergreifen. „Das Kollegium ist inzwischen genauso frustriert wie ich selbst“, gesteht sie. Dabei war Kilian einst zusam- men mit ihrer Kollegin Kreis ganz enthusiastisch gestartet. „Wir sind gemeinsam durch das ganze Land gefahren und haben uns Konzepte für mo- derne Ganztagsschulen ange- schaut“, erinnert sich Kreis. „Wir haben uns vielen Netz- werken angeschlossen, weil es kaum entsprechende Angebo- te in Sachsen gab.“ Insgesamt sieht Kreis die Uni- versitäten nicht auf der Höhe der Zeit – gerade bei der digi­ talen Bildung. „Wenn bei uns neue Referendare anfangen, die frisch aus dem Hörsaal kommen“, erzählt die Schullei- terin, „haben die in der Regel keine Ahnung davon, wie sie mit diesen Tablets Unterricht gestalten sollen.“ Es gebe kein didaktisches Modell, das sie an der Uni vermittelt bekommen. „Denen muss ich beibringen, was und wie sie alles machen können“, pflichtet ihr Lehrer Kirsch bei, „dabei sollte man doch von den jungen Lehrkräf- ten eigentlich das Gegenteil erwarten können: dass sie mir zeigen, was alles möglich ist.“ Eine Kollegin, immerhin, hat zusammen mit Kirsch im ver- gangenen Jahr ein entspre- chendes digitales Lehrkonzept für die fünfte Klasse erarbeitet – sodass es nun schon zwei iPad-Klassen gibt. „Wir sind immer noch in der Erprobungs- phase“, erklärt Schulleiterin Kreis die Ungleichbehandlung der Schüler. „Es wird noch et- was Zeit brauchen, bis wir die Geräte in allen Klassen einset- zen können.“ dro << Digitalpakt und Schulen Der Digitalpakt, um den Bund und Länder jahrelang gerungen haben, kommt laut „Tagesspiegel“ auch sieben Monate nach Inkrafttreten noch nicht in den Schulen an: >> Bundesweit wurden bis- lang nur rund 20 Millionen der bereitgestellten fünf Milliarden Euro bewilligt. >> Nur vier Bundesländer haben bis dato Anträge bewilligt, die kumuliert über eine Milli- on Euro pro Land ergeben. >> Lediglich zehn Bundeslän- der haben überhaupt be- reits Anträge bewilligt. Als Hauptgrund wird die schlechte Vorbereitung der Schulen genannt, die für die Bewilligung der Mittel ein Medienkonzept erarbeiten müssen. Hier scheinen eini- ge Bundesländer zu wenig Wert darauf gelegt zu ha- ben, die Schulen entspre- chend vorzubereiten. << dbb Chef Ulrich Silberbach informierte sich bei David Kirsch über das didaktische Konzept des Tablet-Unterrichts. 9 dbb > dbb magazin | März 2020

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