dbb magazin 3/2020

lichen Lücken bei der Altersver- sorgung. Diese Geschlechter- differenz beziffert der „Gender Pension Gap“. Aktuell steht Frauen am Ende ihres Berufs­ lebens nur rund die Hälfte der Alterseinkünfte der Männer zur Verfügung. Die Ursachen für die niedrige- ren Erwerbseinkommen von Frauen sind vielschichtig. Zum einen sind Frauen häufiger in Berufsbranchen beschäftigt, in denen ein niedrigeres Ein- kommensniveau besteht. Zum anderen besetzen Frauen sel- tener die gut dotierten Füh- rungspositionen. Ein weiterer wesentlicher Grund ist der hohe Anteil an Frauen, die in Teilzeit tätig sind. Hinzu kom- men familiäre Auszeiten wie Eltern- oder Pflegezeiten sowie ein beträchtlicher Anteil an Frauen, die familienbedingt ganz aus dem Erwerbsleben ausscheiden. << Was sind die Ursachen des „Gender Care Gaps“? Frauen, sowohl in West- als auch in Ostdeutschland, erhö- hen ihren Anteil an familiärer Sorgearbeit deutlich stärker als Männer, wenn Kinder oder eine pflegebedürftige Person im Haushalt leben. Das ver- deutlicht eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informations- technik (FIT), die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Ursachen des „Gender Care Gaps“ unter- sucht. Danach beeinflussen vor allem auch die Arbeitszeit, der Bruttostundenlohn und die relative Einkommensposi- tion im Haushalt, also ob mehr oder weniger als der Partner oder die Partnerin ver- dient wird, die Zeit, die Frauen und Männer für Sorgearbeit aufwenden. Das heißt kon- kret, dass höhere Einkommen und eine höhere Arbeitszeit tendenziell mit verringerter „Care-Arbeit“ einhergehen. Da Frauen aber durchschnittlich weniger Zeit in Erwerbsarbeit verbringen und durchschnitt- lich weniger verdienen als Männer, stellen diese Fakto- ren ebenfalls Determinanten des „Gender Care Gap“ dar. << Kann der „Gender Care Gap“ aufgelöst werden? Aus Sicht der Wissenschaftle- rinnen des FIT ist es vor allem die Verteilung der Arbeitszeit, die zu einer deutlichen Verrin- gerung des „Gender Care Gaps“ führt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass sowohl für Frauen als auch für Männer eine höhere Arbeitszeit mit verringerter „Care-Arbeit“ in Verbindung steht, wobei der Effekt für Frauen größer aus- fällt als für Männer. In einer Modellrechnung, in der alle ab- hängig Beschäftigten auf eine fiktive Arbeitszeit von 35 Wo- chenstunden gesetzt wurden, verringerte sich der Unter- schied der Sorgezeitaufwen- dung um beinahe die Hälfte. Wurde die Arbeitszeit aller Er- werbstätigen, die bisher min- destens 20 Stunden arbeiten, auf 30 Wochenstunden erhöht, ergab sich ebenfalls eine signi- fikante Verringerung des „Gen- der Care Gaps“ um 5,5 Prozent. Die dbb bundesfrauenvertre- tung sieht sich hier in ihrer aus der Praxis abgeleiteten Forde- rung nach Maßnahmen zu fa- milienfreundlichen Arbeits- zeitregelungen bestätigt. „Die Fortschreibung des Fami- lienpflegezeitgesetzes durch die Einführung eines echten Familienpflegegeldes nach dem Vorbild des Elterngeldes könnte in diesem Kontext ein wichtiger Baustein sein, um familiäre Sorgearbeit auch für Männer attraktiver zu ma- chen“, betonte Helene Wild- feuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung. Darüber hinaus müsse aber auch die Wertschätzung der „Care-Arbeit“, die im privaten wie im professionellen Bereich überwiegend von Frauen über- nommen werde, gesteigert werden. „Am besten funktio- niert dies über die Entlohnung. Nur wenn wir die professio­ nelle ,Care-Arbeit‘ in Kitas, Horten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen besser be- zahlen, wird die Sorgearbeit als wertvolle Dienstleistung wahr- genommen. Und das wird sich auch auf die familiäre Sorge­ arbeit auswirken“, so Wild­ feuer. bas frauen Internationaler Frauentag Gleichstellung ist Auftrag der Demokratie Mit Blick auf den Internationalen Frauentag am 8. März appelliert die dbb bundesfrauenvertre- tung an die Politik, die Vorteile der Gleichstellung für beide Geschlechter in den Vordergrund zu rücken – als Bekenntnis zu unserer demokratischen Gesellschaftsordnung. „Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist Kernaufgabe der Demokratie. Daran müssen wir am 8. März, dem Internationalen Frauen- tag, immer wieder erinnern. Denn auch heute ist und bleibt die Gleichstellung ein zerbrechli- ches Gut, um das sich zu kämpfen lohnt“, er- klärt Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung. „Von unserer demokratischen Gesellschaft erwarten wir, dass Benachteiligungen auf- grund des Geschlechts beseitigt werden. Frau- en müssen selbstverständlich genauso viel wie Männer verdienen und in Führungspositionen arbeiten können“, betonte Wildfeuer. Die Vorteile der Gleichstellung müssten für beide Geschlechter noch stärker in den Vorder- grund gerückt werden: „Männer profitieren in gleichemMaße wie Frauen von einer Machtba- lance zwischen den Geschlechtern. Durch eine partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit und durch eine paritätische Ver- teilung der Entscheidungsbefugnis in den Re- gierungen und Parlamenten werden nicht nur Lasten und Pflichten gerechter verteilt. Es geht auch um die schönen Seiten des Berufs- und Familienlebens, die wir miteinander teilen wollen“, so Wildfeuer. Internationaler Frauentag Am 8. März feiern Frauen in der ganzen Welt den Internationalen Frauentag. Deutschland zählt zu den Pionierländern, die diesen Tag seit seiner Entstehung 1911 begehen. Die Vereinten Nationen (UN) hatten den Weltfrauentag 1977 als „Tag für die Rechte der Frau und den Welt- frieden“ ausgerufen. © Colourbox.de/Ulf Wittrock © Colourbox.de 25 > dbb magazin | März 2020 dbb

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