dbb magazin 1-2/2020

nachrichten Gespräch im Bundesfamilienministerium Personalbelastung bei Kinder- und Jugendhilfe mitbedenken Die Situation der Beschäftigen in der Kinder- und Jugendhilfe ist nach Auffassung des dbb Vize und Fachvorstand Tarifpolitik, Volker Geyer, in der ge- planten Reform noch nicht ausreichend berück- sichtigt worden. „Viele Reformziele und -vorha- ben sind zu begrüßen. Aller- dings ist die Situation des Per- sonals in den Ländern und Kommunen zu kurz gekom- men“, sagte Geyer am 13. Janu- ar 2020 bei einem Gespräch mit der Parlamentarischen Staatsekretärin im Bundesfa- milienministerium (BMFSFJ), Caren Marks. „Die vorgesehene inklusive Lösung, also die Ver- ortung der Leistungen der Ein- gliederungs- sowie der Kinder- und Jugendhilfe unter dem Dach des SGB VIII, wird spürba- re Folgen für das Personal vor Ort haben, denn die Arbeitsbe- lastung wird weiter steigen.“ Die konkrete Belastungssitua- tion, so Geyer weiter, könne regional jedoch sehr unter- schiedlich ausfallen. Der dbb spreche sich daher weiterhin für Fallobergrenzen aus. Diese könnten einen wirksamen Bei- trag leisten, um den regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Allerdings sei dafür zwingend eine verbindliche Falldefinition erforderlich. Der dbb und das BMFSFJ verein- barten außerdem, den Dialog über mögliche Lösungen für den Fachkräftemangel im sensiblen Bereich der Kinder- und Jugend- hilfe fortzusetzen. Geyer: „Be- dingt durch den Fachkräfteman- gel in der Sozialen Arbeit sind neue verkürzte, länderspezifi- sche Ausbildungsstudiengänge entstanden, die zum Teil kritisch zu bewerten sind. Wir sehen hier die Gefahr einer Deprofessi- onalisierung.“ Der dbb Tarifchef warb daher für einen Dialogpro- zess zwischen Bundesländern, Verbänden, Lehrenden und Stu- dierenden. Dabei könnten Ideen entwickelt werden, wie einer- seits dem Fachkräftemangel in der Sozialen Arbeit begegnet und andererseits die hohe Aus- bildungsqualität bundesweit garantiert werden könne. << dbb Vize und Fachvorstand Tarifpolitik, Volker Geyer, und Caren Marks, Parlamentarische Staatsekretärin im Bundesfamilienministerium (BMFSFJ). << Jahreswirtschaftsbericht 2020 Öffentlicher Dienst ist starker Standortfaktor Ein funktionierender öffentlicher Dienst ist ein starker Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft. Damit das auch künftig ge- währleistet werden kann, ist eine entspre- chende Personalausstattung zwingend. Weiter muss der öffentliche Sektor schnel- ler auf die Herausforderungen der Digitali- sierung reagieren. Darauf hat der Zweite Vorsitzende des dbb, Friedhelm Schäfer, bei der Vorstellung des Jahreswirtschafts- berichts 2020 am 6. Dezember 2019 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Berlin hingewiesen. Schäfer begrüßte eine solide Haushaltspoli- tik des Bundes. Dringende Infrastrukturmaß- nahmen dürften aber nicht weiter aufge- schoben werden. Dazu zähle auch die Personalgewinnung für den öffentlichen Dienst: Die Personalsituation sei mehr als unbefriedigend, „der demografische Wandel und die Digitalisierung zwingen uns, hier mehr Geld in die Hand zu nehmen.“ Einer- seits müssten in den kommenden zehn Jahren die Stellen von rund 1,2 Millionen Kolleginnen und Kollegen über 55 Jahren nachbesetzt werden. „Andererseits kom- men gut ausgebildete junge Leute nicht zu den Konditionen, die der öffentliche Dienst in vielen Bereichen bietet.“ Die Wirtschaft setze nicht nur die digitalen Trends, sie bezahle Spezialisten oft auch besser. Viele Unternehmen hätten zudem bei berufli- chen Rahmenbedingungen wie der Arbeitszeit- flexibilität und Zusatzleistungen aufgeholt. „Schuldenabbau bleibt ein wichtiges Ziel, aber die Prioritäten müssen so gesetzt werden, dass Bürgerinnen und Bürger in den Genuss eines konkurrenzfähigen öffentlichen Dienstes kommen“, so der dbb Vize. „Bevor man Geld ausgeben kann, muss man es zuerst einnehmen“, sagte der stellvertreten- de dbb Bundesvorsitzende und Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Thomas Eigenthaler, und hob die Notwendigkeit einer funktionierenden Finanzverwaltung her- vor. Er verwies auf den massiven Stellenabbau in der Vergangenheit sowie auf aktuell rund 6 000 unbesetzte Stellen in der Finanzverwal- tung. „Vor diesem Hintergrund erwarten wir von der Politik endlich eine Steuervereinfa- chung, Sonst können Steuern nicht mehr geset- zeskonform erhoben werden“, so Eigenthaler. Die stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Astrid Hollmann forderte, den öffentlichen Dienst im nächsten Jahreswirtschaftsbericht zu berücksichtigen: „Wirtschaft und öffentli- cher Sektor bedingen und brauchen sich, um die soziale Marktwirtschaft zu sichern.“ Wei- ter wies sie auf die sozialen Konsequenzen der Verteuerung von Wohnraum hin: „Beson- ders in den Ballungsräumen sind die Mieten für Normalverdiener mittlerweile zur existen- ziellen Belastung geworden. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und eine Grundlage des sozi- alen Zusammenhaltes.“ Um diesen nicht zu gefährden, müssten sich alle Marktakteure ihrer Verantwortung bewusst werden und entsprechende Rahmenbedingungen nicht nur schaffen, sondern auch einhalten. © dbb © Colourbox.de 7 dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2020

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