dbb magazin 7-8/2019

Kernfusionsforschung in Greifswald Der Sonne so nah Energie nach dem Vorbild der Sonne: AmMax- Planck-Institut für Plasmaphysik steht der derzeit größte und fortschrittlichste Fusionsforschungs­ reaktor der Welt. Kann die Kernfusion unsere Energieproduktion revolutionieren? Eigentlich wäre er lieber woan­ ders gelandet. Im Süden, wo es Berge gibt. „Ich bin nicht so der Meeresliebhaber“, gibt Ralf Kleiber zu. „Dass ich hier bin, ist eher Zufall.“ Er habe sich beimMax-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) beworben, ohne auf den Ort zu schauen, der auf der Stellenausschrei­ bung stand. „Und das Bewer­ bungsgespräch hat ja in Mün­ chen stattgefunden“, erinnert sich der Physiker. „Das war für mich als passionierten Wande­ rer natürlich sehr attraktiv.“ Daraus wurde jedoch nichts. Und so tauschte Kleiber die Gipfel der Alpen gegen die Wel­ len der Ostsee und die turbu­ lente Millionenstadt München gegen das beschauliche Greifs­ wald. Allzu viel scheint es ihm nicht auszumachen. „Es ist eine nette Stadt“, betont Kleiber, „und durch die vielen Studen­ ten ist auch immer was los.“ Und überhaupt, an seinem Ins­ titut habe er sowieso immer wieder mit vielen neuen Leu­ ten zu tun. „Die kommen aus der ganzen Welt hierher, ein super internationales Team.“ Die Welt zu Gast in Greifs- wald. Der Grund dafür ist eine Anlage am Rand des 55000- Einwohner-Städtchens, an der Kleiber mit rund 30 ande­ ren theoretischen Physikern forscht: Ein Kernfusionsreak­ tor. Genauer gesagt, der der­ zeit weltweit modernste Fusi­ onsreaktor: Wendelstein 7-X. 450 Mitarbeiter hat das IPP da­ für in die Hansestadt an der Ostsee gelockt. Neben den 30 Theoretikern auch Experimen­ talphysiker, Ingenieure, Hand­ werker und weitere Experten. Zweck des ganzen Projekts ist nichts Geringeres als die Ener­ gieversorgung der Erde ein für alle Mal sicherzustellen. Denn dazu, davon ist hier nicht nur Kleiber überzeugt, braucht es wohl mehr als Windkraft- und Solaranlagen. „Der Ge­ sellschaft ist das Ausmaß des Energieproblems noch nicht bewusst“, warnt der Physiker. „Allein schon, weil der Bedarf in den kommenden Jahrzehn­ ten wohl weiter steigen wird.“ Außerdem gebe es trotz even­ tueller Speichersysteme für Strom aus erneuerbaren Ener­ gien immer die Herausforde­ rung, dass Wind und Sonne nicht permanent zur Verfü­ gung stehen. „Das wäre bei der Kernfusion anders“, erklärt Kleiber. „Trotzdem sehen wir uns hier nicht als Gegensatz zu den erneuerbaren Energien, sondern als Ergänzung.“ Dass Kleiber diese Meinung nicht exklusiv am Institut hat, beweist schon die Anfahrt zu dem signifikanten Gebäude mit dem wellenförmigen Dach: An der Abzweigung zur Ein­ fahrt flattert ein schon etwas ausgeblichenes grünes Banner am Institutszaun mit der Auf­ schrift „Scientists for Future“. Bei dieser losen, bundesweiten Organisation handelt es sich umWissenschaftler, die die << Aus aller Herren Länder: Physiker Ralf Kleiber arbeitet in einem internati­ onalen Team an der Realisierung der Kernfusion. reportage 16 > dbb magazin | Juli/August 2019

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