Deregulierung und Vereinfachung. Wir müssen zurückkehren zu einer Regelkultur, die Vertrauen schafft und Raum für Unternehmertum lässt – mit klaren, verständlichen und praxistauglichen Vorgaben. Dabei gilt aber ebenso: Bessere Rechtsetzung darf nicht zulasten sozialer Gerechtigkeit oder der internationalen Nachhaltigkeitsziele gehen – und wenn sie klug gemacht ist, muss sie das auch nicht. Es geht nicht um weniger Europa, sondern um ein besseres Europa: eines, das handlungsfähig bleibt, fair regelt und den Menschen wie Unternehmen gleichermaßen Zukunftschancen eröffnet. Sind die öffentlichen Verwaltungen in Ihren Augen mitverantwortlich für ein Übermaß an Bürokratie? Unsere öffentlichen Verwaltungen tragen nicht die Verantwortung für ein Übermaß an Bürokratie – sie sind oft selbst die Leidtragenden davon. Die Beamtinnen, Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst leisten tagtäglich Enormes, um komplexe Vorschriften umzusetzen und das Gemeinwesen am Laufen zu halten. Wenn Bürokratie zur Belastung wird, liegt das selten an denen, die Gesetze anwenden, sondern an deren Qualität. Zu viele, schlecht aufeinander abgestimmte Regelungen und unklare Zuständigkeiten erzeugen Aufwand, statt Wirkung. Wir brauchen deshalb nicht Misstrauen gegenüber der Verwaltung, sondern bessere Gesetze, klarere Verfahren und digitale Strukturen, die Vertrauen und Effizienz fördern. Eine starke, gut ausgestattete öffentliche Verwaltung ist kein Teil des Problems – sie ist Teil der Lösung für ein handlungsfähiges, bürgernahes und modernes Europa. _ Kommissionsprogramm 2026 Europa auf Unabhängigkeitskurs Die EU-Kommission hat ihr Arbeitsprogramm 2026 vorgestellt. „Europe’s Independence Moment“ soll Europas Eigenständigkeit stärken. Die Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen sieht Europa an einem Wendepunkt. Angesichts geopolitischer Spannungen, wirtschaftlicher Unsicherheiten und sozialer Herausforderungen soll die EU unabhängiger und handlungsfähiger werden. Das Arbeitsprogramm 2026 setzt dabei auf drei zentrale Schwerpunkte: wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, sicherheitspolitische Eigenständigkeit und soziale Stabilität. Wirtschaftlich soll die EU mit einem neuen Innovationsgesetz, einem Zentrum für kritische Rohstoffe und gezielter Förderung von Zukunftsindustrien – etwa Batterien und sauberen Technologien – unabhängiger von globalen Lieferketten werden. Zugleich kündigt die Kommission Maßnahmen an, um Bürokratie abzubauen und kleine sowie mittlere Unternehmen zu entlasten. In der Sicherheits- und Verteidigungspolitik soll die europäische Zusammenarbeit vertieft werden. Gemeinsame Beschaffung, die Einbindung der Ukraine in industrielle Programme und ein stärkerer Grenzschutz durch Frontex stehen im Vordergrund. Kritiker warnen allerdings vor einer schleichenden Zentralisierung und dem Risiko, nationale Zuständigkeiten zu verdrängen. Sozialpolitisch plant die Kommission unter anderem einen „Quality Jobs Act“, eine Anti-Armutsstrategie und eine europäische Initiative für bezahlbaren Wohnraum. Ob diese Vorhaben tatsächlich spürbare Verbesserungen für Bürgerinnen und Bürger bringen, hängt von der Finanzierung und der Umsetzung in den Mitgliedstaaten ab. Das Programm zeichnet ein ambitioniertes Bild eines souveränen Europas, lässt aber viele Fragen offen. Die angekündigten Entlastungen für Unternehmen und Verwaltungen sind zu begrüßen, müssen jedoch mit ausreichenden Ressourcen für die öffentlichen Dienste einhergehen. Entscheidend wird sein, ob die Kommission den Spagat zwischen wirtschaftlicher Stärke, sozialer Verantwortung und administrativer Machbarkeit schafft. _ ... ist die größte demokratisch organisierte und lokal verwurzelte Bürgerinitiative für Europa in Deutschland. Mit ihren rund 16 000 Mitgliedern und 250 Kreisverbänden setzt sie sich seit 1946 für die europäische Einigung und ein demokratisches, rechtsstaatliches und föderales Europa ein. Mehr: europa-union.de Die Europa-Union Deutschland … © Unsplash.com/Antoine Schibler 34 INTERN dbb magazin | Dezember 2025
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