FRAUEN Hauptversammlung in Potsdam Arbeiten in Teilzeit ist kein Luxus Auf der Hauptversammlung der dbb bundesfrauenvertretung in Potsdam am 10. und 11. Oktober 2025 widersprach dbb frauen Chefin Milanie Kreutz den aktuell diskutierten Vorschlägen, Teilzeitregelungen für den öffentlichen Dienst einzuschränken. Wer Teilzeitregelungen zurückschraubt, schraubt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zurück“, machte Kreutz deutlich. „Das wäre ein fatales Zeichen für den öffentlichen Dienst.“ Die Debatten, die derzeit in der Politik geführt werden, findet sie befremdlich, denn: Dem öffentlichen Dienst fehlen heute etwa 600 000 Beschäftigte. Und in den kommenden Jahren werden es aufgrund des demografischen Wandels noch mehr. „Vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels sollten wir daher doch eher darüber sprechen, wie wir mehr Teilzeitregelungen ermöglichen“, betonte die dbb frauen Chefin. Teilzeit hält die Gesellschaft am Laufen Kreutz unterstrich, dass das Arbeiten in Teilzeit kein Luxusgut sei, wie es gerne unterstellt wird. Vielmehr handele es sich um eine Notwendigkeit, um Beruf und Care-Arbeit unter einen Hut zu bringen. Teilzeitarbeit sei ein wichtiges familienpolitisches Instrument – und eines, mit dem sich Beschäftigte vor gesundheitsgefährdender Belastung schützen können. Laut einer Studie des Prognos-Instituts liegt der volkswirtschaftliche Wert unbezahlter Care-Arbeit in Deutschland bei rund einer Billion Euro jährlich – das entspricht fast einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts. „Kinderbetreuung, gegebenenfalls die Pflege von Angehörigen und weitere familiäre Aufgaben, all das leisten immer noch ganz überwiegend Frauen“, betonte Kreutz. „Ohne Teilzeitoptionen wäre es gar nicht möglich, diese Arbeit zu stemmen, die für die gesamte Gesellschaft einen enormen Wert hat. Um Frauen zu entlasten, brauchen wir verlässliche Betreuungsangebote und Arbeitsmodelle, die maximale Flexibilität ermöglichen. Kurzum: eine moderne Personalpolitik. Wer Teilzeit einschränken will, ohne diese gesellschaftlichen Realitäten zu berücksichtigen, greift zu kurz.“ Grundsätzlich müsse es darum gehen, die Erwerbstätigkeit von Frauen zu steigern, sagte Kreutz. „Das spielt eine entscheidende Rolle dabei, die Funktionsfähigkeit des Staates zu garantieren. Dabei sind mehr Teilzeitangebote eine Stellschraube. Aus Teilzeitkräften können auch Vollzeitkräfte werden. Aber um das zu erreichen, sind ganz andere Rahmenbedingungen nötig.“ Reformen sind dringend notwendig 83,72 Prozent der Teilzeitbeschäftigten im öffentlichen Dienst sind Frauen. Das geht aus dem aktuellen dbb Monitor hervor. „Diese Zahl verdeutlicht, dass wir natürlich auch dafür arbeiten müssen, Care-Arbeit künftig stärker zwischen Männern und Frauen aufzuteilen“, resümierte Kreutz. „Natürlich profitieren auch Männer von Teilzeitregelungen, um Care-Arbeit und Job zu vereinen. Und natürlich wünschen auch wir uns, dass beide Elternteile vollzeitnah arbeiten können, aber dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen.“ Dazu gehören eine verlässliche Kinderbetreuung, moderne familien- und steuerpolitische Leistungen, darunter eine Familienstartzeit und eine Reform des Ehegattensplittings. „Solange diese Voraussetzungen nicht geschaffen sind, bleibt Teilzeit für viele eine notwendige und keine freiwillige Entscheidung.“ Die Erwerbstätigkeit von Frauen sei nicht bloß eine Frage der Gleichberechtigung, sondern auch eine Frage der sozialen Sicherheit. „Wer dauerhaft in Teilzeit arbeitet, riskiert im Alter geringere Versorgungsansprüche.“ Weiter berühre Teilzeit zahlreiche Ebenen: Personalmanagement im öffentlichen Dienst, Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Beruf sowie Gesundheitsschutz. „Wer Teilzeit infrage stellt, bringt das Gleichgewicht zwischen Beruf, Familie und öffentlichem Dienst ins Wanken. Dem erteilen wir als dbb frauen eine klare Absage!“ _ Foto: Colourbox.de 32 INTERN dbb magazin | November 2025
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