neben einem geringen Gewicht auch eine hohe Energiedichte aufweisen. Letztere gibt den Energieinhalt eines Stoffes bezogen auf ein Volumen an. Sebastian Risse forscht schon seit einigen Jahren an der LithiumSchwefel-Technologie. Theoretisch bieten Lithium-Schwefel- Akkus enorme Vorteile: eine hohe Energiedichte, geringe Kosten und weitgehend nachhaltige Materialien. Doch in der Praxis scheiterten sie bislang an einer zu kurzen Lebensdauer und technischer Instabilität – was einen Einsatz etwa im Automobilsektor bislang unmöglich zu machen schien. Neue Materialtechnologien sollen die Haltbarkeit nun deutlich verbessern und die Schwächen der Batteriechemie ausgleichen. Im Grunde dienen die Laboratorien des HZB mit ihren Versuchsaufbauten hochpräzisen Vermessungen des Innenlebens von Batterien – und zwar „operando“, also unter Last, im laufenden Betrieb. Die Experimente sind teils gebäudegroß, teils so klein, dass sie auf Laien wirken, als stünden sie im Physiklabor einer Schule. Ob groß oder klein: Die Forschungsteams versuchen herauszufinden, was im Innern einer Batterie passiert, wenn sie sich ent- oder wieder auflädt. Was geschieht, wenn sie das sehr schnell oder sehr langsam tut? Wie reagiert das Material in der Batterie auf Kälte oder auf Hitze? Wie lassen sich Energiedichte und Langlebigkeit steigern? Labortour Antworten auf diese Fragen werden zum Beispiel im TomoFestBattLab mit den großen CT-Scannern beantwortet. Das wird vom Leiter der Imaging-Gruppe, Dr. Ingo Manke, geleitet. Die Scanner funktionieren im Prinzip wie im Krankenhaus, nur dass nicht das Gerät um den Patienten rotiert, sondern der Untersuchungsgegenstand im Gerät. Das kann mal ein Mammutzahn aus dem Berliner Naturkundemuseum sein, mal eine Minizelle, kaum größer als ein Stecknadelkopf. Mithilfe sehr starker, hochgradig abgeschirmter Röntgenquellen werden die Proben durchleuchtet; 3D-Bildgebung ermöglicht eine Darstellung der Strukturen von Mikrometern bis zu Millimetern. Dabei hilft KI. Die Algorithmen sind zuvor mit sehr großen Datenmengen aus vielfach wiederholten Messungen trainiert worden. Wichtig ist Risses Kollegen Dr. Markus Osenberg, dass die Scanner maximale Flexibilität bieten: „Wir wollen so viel wie möglich selbst beeinflussen.“ Die 3D-Bildgebung hilft den Forschungsteams zu verstehen, wie Porennetzwerke der Materialien funktionieren, was wo wie entlangfließt, wo in Batterien Staus entstehen, wo ihre Strukturen reißen und ob das alles von außen gesteuert werden könnte. „Es geht um das Verstehen von Alterungsprozessen“, erläutert Osenberg, der zurzeit als Postdoktorand in der Imaging-Gruppe arbeitet, und Risse ergänzt: „Wir wollen Nachhaltigkeit. Nachhaltigere Systeme bedeuten meist auch komplexere Systeme, am Ende aber auch höhere Energiedichte. Das ist die Belohnung. Und spannendere Bilder.“ Als Nächstes geht es ins Pouchzellen-Labor, das von Frau Prof. Yan Lu geleitet wird. Dort arbeitet Liqiang Lu, ein Postdoc und Experte für Pouchzellen. Diese flachen Akkumulatoren, etwa aus LithiumPolymer-Systemen, können vor Ort hergestellt werden: Auf einen flachen Träger, wird – nur 60 Mikrometer dünn – die aktive Substanz, eine Art Elektronen-Schlamm, aufgestrichen, wie Butter auf eine Stulle. Man erhält sehr dünne Elektroden, die verpresst, zugeschnitten und, mit einer Trennschicht aus Polypropylen versehen, mit Lithiummetallanoden gestapelt werden können wie ein Sandwich. Für ein großes europäisches Projekt wird am Institut an Batterien geforscht, die sich, etwa nach kleineren Kurzschlüssen, selbst reparieren können, wie Herr Lu erklärt. Am industriell relevanten Pouchzellenformat kann die Transfermöglichkeit in echte Anwendungen überprüft werden. Hier liefern die multimodalen Operando-Analysen wichtige Einblicke in das System während des Zyklisierens. Auf dem Weg ins nächste Labor erklärt Risse, welche Schwierigkeiten es etwa mit dem von ihm beforschten Schwefel in Batterien gibt: „Da bilden sich Polysulfide aus – und die sind der Endgegner.“ An der Anode einer Batterie findet eine Oxidation statt – beim Entladen werden Elektronen abgegeben. Die Kathode der Batterie ist die Elektrode, an der dabei eine Reduktion stattfindet – Elektronen werden aufgenommen. Wird Schwefel genutzt, lösen sich Polysulfide aus der Kathode und reagieren mit dem hochreaktiven Lithium der Anode. Es entsteht Lithiumsulfid, das Marcus Osenberg vor einem der Scanner im Tomography Lab. Sieht harmloser aus, als es aber nicht: operando-Forschung an einer Minizelle. © Jan Brenner (5) 20 FOKUS dbb magazin | November 2025
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