dbb magazin 10/2025

dbb magazin bereits über ein niedrigschwelliges Angebot, das der Kiosk im Untergeschoss eines Einkaufszentrums im Hamburger Brennpunktviertel Bramfeld bietet, berichtet. Geschäftsführer Alexander Fischer hebt die langfristigen Kosteneinsparungen durch die Vermeidung von Krankenhausaufenthalten und die Förderung von Gesundheitsprävention hervor. Dennoch muss der Standort in Bramfeld voraussichtlich zum Jahresende schließen, weil einerseits das von der Ampelregierung geplante Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) durch den Regierungswechsel nicht verabschiedet werden konnte. Andererseits hat sich die GKV aus dem Teilprojekt zurückgezogen. Auch die Finanzierung des Kiosks in Billstedt ist nur bis zum Jahresende gesichert. Dennoch kämpft Alexander Fischer weiter für das Hamburger Projekt. Er ist überzeugt vom Konzept integrierter Versorgung und von Gesundheitskiosken als zentrale Erstanlaufstellen, die kostengünstiger arbeiten als die Notaufnahmen und durch die Übernahme der sogenannten Bagatellfälle Krankenhäuser entlasten könnten: „Das ist einfach das Vernünftigste.“ Die alten Einsamen auf dem Land Unter einem Kiosk stellen sich vor allem ältere Semester eine Art frei stehendes Büdchen vor, das neben Zeitungen und Lottoscheinen auch Zigaretten, Alkohol und Süßigkeiten verkauft. Und mitunter kommen die Gesundheitskioske tatsächlich in ehemaligen Zeitungsläden unter. Der Name ist gerade Teil der Strategie, Betroffene niedrigschwellig zu erreichen. Diese „soziale Barrierefreiheit“ wird außerhalb von Großstädten mitunter durch mobile Angebote erreicht: So betreibt der DRK-Kreisverband Wolfenbüttel ein „Sozio-Med-Mobil“ – „Beratung kommt zu Ihnen – Sie kommen zum Arzt“, wie es auf der Website heißt. Dabei unterstützt ein System von „Kümmer*innen“ auch „internetlose Menschen“. Der Gesundheitsdienst des Kreises Unna betreibt einen mobilen Gesundheitskiosk, der auch Hausbesuche möglich macht. In einigen Regionen Thüringens werden die Angebote tatsächlich in aufgegebenen dörflichen Kiosken betrieben. Die Trägergesellschaft Stiftung Landleben betrachtet die Kioske als Meilensteine „beim Aufbau eines neuen Gesundheits-, Pflege- und Versorgungsnetzwerks in unserer ländlichen Region“. Dadurch soll Versorgungssicherheit gewährleistet und der soziale Zusammenhalt in den Dörfern gefördert werden. So kommen Pflege, Altenhilfe, Gesundheits- und Wohlfahrtswesen an einem Ort zusammen. „Gesundheitskioske zeigen, dass in Zeiten des demografischen Wandels gute Angebote für mehr Lebensqualität auch abseits der Städte möglich sind. Die Gesundheitskioske vereinen soziale Angebote der Daseinsvorsorge mit Mobilitätsangeboten. Um die Wege für die Menschen zu verkürzen und ärztliche Versorgung überhaupt erreichbar zu machen, müssen wir in diesem Zusammenhang auch die telemedizinischen Angebote weiter stärken“, unterstreicht die thüringische Gesundheitsministerin Heike Werner. Neuzugang in Wattenscheid Der Gesundheitskiosk in Bochum-Wattenscheid hat erst im Februar 2025 eröffnet. Die Trägergesellschaft WATgesund, ein Gemeinschaftsprojekt von AWO Ruhr-Mitte und dem Hamburger Unternehmen OptiMedis, zieht nach einem guten halben Jahr eine erste positive Zwischenbilanz: „Seit der Eröffnung des Gesundheitskiosks beobachten wir eine kontinuierlich steigende Nachfrage – und das in allen Angebotsbereichen“, berichtet Leiterin Ika Rother. Die Anliegen der Besucherinnen und Besucher seien vielfältig, erzählt sie. Häufig geht es um Unterstützung beim Verständnis von Dokumenten, um Präventions- und Vorsorgeangebote oder um die Vermittlung zu weiteren Hilfsangeboten wie etwa der Seelsorge. Gerade die interprofessionelle Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Sozialbereich ist für die Wattenscheider zentral. Sie hilft dabei, Doppelstrukturen zu vermeiden und langjährig vorhandenes Know-how in die Versorgung der Bevölkerung einzubeziehen. „Unser niedrigschwelliges Angebot zeigt Wirkung: Viele Menschen kommen spontan vorbei, profitieren von unseren achtstündigen Öffnungszeiten, der mehrsprachigen Beratung und den aufsuchenden Angeboten in den Stadtteilen“, so Rother. Erste Kennzahlen bestätigen den hohen Bedarf und die Akzeptanz: Bislang seien rund 900 einstündige Vollberatungen sowie etwa 900 Kurzberatungen durchgeführt worden. Weil die ursprünglich geplante bundesweite Lösung ausblieb, sei es umso wichtiger gewesen, dass Stadt und AOK NordWest pragmatisch gehandelt und den Start des Gesundheitskiosks ermöglicht haben. Einen entscheidenden Beitrag dazu haben durch ihre enge Zusammenarbeit vor Ort auch die AWO und OptiMedis geleistet. Die Finanzierung des Angebots ist kurzfristig über bestehende Verträge und Projektmittel gesichert. Mittelfristig aber hängt die Fortführung auch in Wattenscheid von der Evaluation und der Beteiligung der Krankenkassen ab. ada © Unsplash.com/Curated Lifestyle FOKUS 25 dbb magazin | Oktober 2025

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