dbb magazin 10/2025

Gesundheitseinrichtungen die ePA verpflichtend nutzen. Höchste Zeit also für eine Stippvisite. Schon vor dem Wechsel zur verpflichtenden Nutzung für Patientinnen und Patienten hatten Cyberexpertinnen und -experten Sicherheitsbedenken geäußert. Das BMG versicherte damals, mit Hochdruck an einem System zu arbeiten, in dem die sensiblen Daten der Patientinnen und Patienten sicher sind. Dennoch hat der Chaos Computer Club Ende 2025 eine Sicherheitslücke aufgedeckt, die unbefugten Zugriff auf einzelne Akten ermöglichte. Die halbstaatliche Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (gematik), welche die digitale Gesundheitsinfrastruktur entwickelt und verwaltet und für die ePA verantwortlich ist, machte sich sofort daran, das Problem zu beheben. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erklärte gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt jedoch, dass die vollständige Lösung erst Anfang 2026 verfügbar sein wird. Im September 2025 schätzte die gematik, dass rund 160 000 Gesundheitseinrichtungen die ePA zumindest einmal verwendet oder getestet haben. Dazu zählt sie neben Krankenhäusern und Arztpraxen auch Apotheken, Pflegeheime und vieles mehr. Das gibt allerdings wenig Aufschluss über die tatsächliche Nutzung im Alltag. Aussagekräftiger ist eine Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts vom August 2025: 98 Prozent der 382 befragten Kliniken gaben an, bereits Vorbereitungen zur Einführung der ePA getroffen zu haben. Doch nur 42 Prozent erwarten, die ePA noch vor Ende 2025 in der gesamten Einrichtung nutzen zu können. Die Mehrheit ist pessimistischer. Ein Drittel rechnet mit der vollständigen Einführung erst Anfang 2026, ein Viertel sogar noch später. Als häufigste Probleme bei der Umsetzung nannten die befragten Krankenhäuser Lieferengpässe bei den Herstellern sowie personelle und zeitliche Engpässe im Krankenhaus und bei den Herstellern. Mikrodosiert und stummgeschaltet Auch die Telemedizin soll durch das Digitalgesetz gestärkt werden – etwa durch Video- und Telefonsprechstunden. Vor allem Menschen im ländlichen Raum oder mit eingeschränkter Mobilität können davon profitieren. Zudem könnten Wartezimmer und Notaufnahmen entlastet werden. Doch trotz dieser Vorteile gibt es nach wie vor viele Einschränkungen: So darf eine Arztpraxis maximal 50 Prozent ihrer Behandlungsfälle ausschließlich per Videosprechstunde abwickeln. Bis zum 1. April 2025 lag die Grenze sogar bei 30 Prozent. Hinzu kommt: Videosprechstunden werden schlechter vergütet, was sie für viele Praxen unattraktiv macht. Zudem dürfen Ärztinnen und Ärzte ihre telemedizinischen Angebote nicht bewerben oder ihre Patientinnen und Patienten darüber informieren. Denn auch sie unterliegen dem Werbeverbot nach § 9 des Heilmittelwerbegesetzes. Zum Vergleich: Die Einführung des E-Rezepts wurde von einer breit angelegten Werbekampagne begleitet – unter anderem mit Prominenten wie Günther Jauch, Collien Fernandez und Christian Ulmen. Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e. V. sieht in der Telemedizin daher weiterhin viel ungenutztes Potenzial. In einer Pressemitteilung fordert der Verband unter anderem, dass telemedizinische Angebote auch außerhalb der Sprechzeiten angeboten werden dürfen. Außerdem fehlt die Integration in die digitale Gesundheitsinfrastruktur, beispielsweise die Kompatibilität mit der ePA. Auch bei anderen Vorhaben aus dem Digitalgesetz gibt es Fortschritte, wenn auch auf niedrigem Niveau: So haben bislang 2,3 Millionen Versicherte eine digitale Gesundheitsidentität beantragt – das entspricht lediglich 3 Prozent der Gesamtversicherten in Deutschland. Laut BMG stieg die Zahl der digitalen Gesundheitsanwendungen seit Beginn der Strategie immerhin um fast 50 Prozent – auf nun 58. Mittelmaß oder Top 10? Wie weit ist Deutschland also wirklich bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen? Die Frage ist schwer zu beantworten, da sich Digitalisierung nur schwer quantifizieren lässt. Einen Anhaltspunkt für den Stand innerhalb Deutschlands bietet der Zwischenbericht des BMG zur Umsetzung des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) aus dem Jahr 2024. Im Zuge des KHZG unterstützten Bund und Länder zwischen 2021 und 2023 die Krankenhäuser bei der digitalen Transformation mit 4,3 Milliarden Euro. Der Bericht zeigt: Zwar wurden die Fördermittel fast vollständig abgerufen, doch die Umsetzung kommt nur schleppend voran. Im Schnitt erreichten die Krankenhäuser 42,4 von 100 Punkten – ein Plus von 9,1 Punkten gegenüber 2022. Öffentliche Kliniken schnitten im Schnitt besser ab als freigemeinnützige oder private. Ein Stadt-Land-Gefälle zeigte sich nicht, dafür aber deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern: Berliner Kliniken lagen mit 47,7 Punkten vorn, Schleswig-Holstein bildete mit 37,8 Punkten das Schlusslicht. Ein anderes Bild zeichnet der jüngste Report zur digitalen Dekade der EU aus dem Jahr 2023. In der Kategorie „Zugang zu E-HealthDokumentation“ erzielt Deutschland aller Widrigkeiten zum Trotz 87 von 100 Punkten und liegt damit deutlich über dem EU-Schnitt von 79 Punkten. Zwar bleibt ein Abstand zu Spitzenreiter Belgien (100 Punkte), doch die Entwicklung ist positiv: Deutschland verbesserte sich binnen zwei Jahren um 17 Punkte und kletterte so vom 16. auf den 9. Platz. dsc © Unsplash.com/Anas Elharati FOKUS 21 dbb magazin | Oktober 2025

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