gen bringt sich aktiv in diese Diskussionen ein und wirbt dafür, die Pflegeversicherung so aufzustellen, dass sie die tatsächlichen Kosten auch trägt. Viele Beschäftigte im Pflegebereich fühlen sich überlastet. Durch die Pflegefachassistenz- und Pflegekompetenzgesetze sollen Pflegekräfte mehr Verantwortung übernehmen können. Wie passt das mit der Personalsituation zusammen? Wenn wir die Attraktivität des Pflegeberufs stärken wollen, müssen wir vorhandene Kompetenzen würdigen und die Eigenverantwortlichkeit stärken. Nicht alle Leistungen bedürfen zwingend der Entscheidung oder Aufsicht eines Arztes oder einer höher qualifizierten Pflegefachperson, zum Beispiel beim Management chronischer Erkrankungen oder im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung. Durch die neuen Gesetze wird nicht nur das Vertrauen gestärkt, sondern es werden auch die Prozesse für alle Beschäftigten in der Pflege vereinfacht. Das Personal wird effizienter eingesetzt, Wegezeiten und Koordinierungsaufwand werden deutlich reduziert. Es geht also vielmehr um Entlastung als um neue Belastungen – natürlich abgestuft nach jeweils vorhandenen Qualifikationen. Patientinnen und Patienten müssen oft monatelang auf einen Facharzttermin warten, auch die Hausarztpraxen sind vielerorts überlastet. Mit welchen Konzepten kann die Situation verbessert werden? Neben unterstützenden Leistungen für Versicherte, wie die Terminservicestelle 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung oder sogenannte Akutsprechstunden, geht es zur Verbesserung der ambulanten Versorgung vor allem um Nachwuchsgewinnung. Gerade auf dem Land besteht die große Herausforderung darin, bestehende Praxen zu erhalten und nachzubesetzen, damit medizinische Versorgung erreichbar bleibt. In Thüringen gibt es dafür unterschiedliche Konzepte, wie zum Beispiel Stiftungspraxen in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung oder die Einführung einer sogenannten „Landarztquote“ für Medizinstudienplätze. Daneben gilt es, alternative Konzepte auf- und auszubauen: kommunale MVZs, Telemedizin oder sogenannte Landschwestern können zur Entlastung von Arztpraxen beitragen. Die geplante Neufassung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist eng mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen verknüpft. Erstmals sollen digitale ärztliche Leistungen wie die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA), Telemedizin, Videosprechstunden, E-Mail-Beratung und andere E-Health-Anwendungen systematisch in das Leistungsverzeichnis integriert werden. Welche Vorteile hat das und wie sehen Sie die Chancen für ein schnelles Inkrafttreten? Digitale Gesundheitsanwendungen sind immer weiter verbreitet und bringen für alle Beteiligten enorme Vorteile. Sie müssen aber natürlich auch finanziell abgebildet werden, damit sie von der Ärzteschaft genutzt werden. Schließlich ist die Erneuerung der technischen Ausstattung einer Praxis mit Investitionen verbunden. Hier leistet beispielsweise auch die Niederlassungsförderung des Freistaats Thüringen Unterstützung, wenn im Rahmen von Praxisübernahmen oder -neugründungen entsprechende Investitionen getätigt werden. Bezüglich der elektronischen Patientenakte sind jüngst wieder Sicherheitsbedenken laut geworden. Hat das Auswirkungen auf die Umsetzung in der Praxis? Sicherheitsbedenken nehmen wir sehr ernst und es ist unerfreulich, wenn immer neue Sicherheitslücken zur Verunsicherung bei Praxen, Patientinnen und Patienten führen. Dennoch geht an der Digitalisierung des Gesundheitswesens kein Weg vorbei, und die Umsetzung der elektronischen Patientenakte ist ein wesentlicher Schritt hin zur Modernisierung und Entlastung des gesamten Systems. Wir unterstützen die verpflichtende Einführung der elektronischen Patientenakte daher auch weiterhin. Jede Sicherheitslücke, die geschlossen wird, führt gleichzeitig auch zur Stärkung des Systems. Im Zuge der Krankenhausreform soll den Ländern mehr Flexibilität bei der Versorgungssicherung zugestanden werden. Sowohl der Widerstand der Länder gegen die Beschneidung ihrer Planungshoheit als auch das nun vorgesehene Entgegenkommen sind nachvollziehbar. Wie kann sichergestellt werden, dass die Ausnahmen die Patientensicherheit nicht gefährden? Den Ländern werden zwar Ausnahmemöglichkeiten eingeräumt, diese sind aber an enge Vorgaben geknüpft. So soll sichergestellt werden, dass die jeweiligen landesspezifischen Bedürfnisse individuell und flexibel berücksichtigt werden können, ohne die Versorgungsqualität zu beeinträchtigen. Zudem sollen die Leistungsgruppenzuweisungen grundsätzlich auf höchstens drei Jahre befristet werden. Danach muss eine erneute erfolgen. Bund und Länder haben im Prozess der Krankenhausreform hart um diesen Punkt gerungen. Mit der überarbeiteten Regelung ist ein aus meiner Sicht tragbarer Kompromiss gefunden. _ Die Umsetzung der elektronischen Patientenakte ist ein wesentlicher Schritt hin zur Modernisierung und Entlastung des gesamten Systems. Wenn wir die Attraktivität des Pflegeberufs stärken wollen, müssen wir vorhandene Kompetenzen würdigen und die Eigenverantwortlichkeit stärken. FOKUS 13 dbb magazin | Oktober 2025
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