dbb magazin 10/2025

NACHRICHTEN Handlungsfähigkeit des Staates Der Reformdruck steigt Im Juli 2025 hat die Initiative für einen handlungsfähigen Staat ihren Abschlussbericht vorgelegt und mehr Digitalisierung sowie eine praxistaugliche Gesetzgebung gefordert. Der dbb Bundesvorsitzende Volker Geyer hat sich mit den Akteuren getroffen. Um das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit des Staates wiederherzustellen, seien schnelle und entschlossene Reformen unabdingbar: „Die Digitalisierung steht mit ganz oben auf der Prioritätenliste, denn sie erleichtert die Interaktion des öffentlichen Dienstes mit den Bürgerinnen und Bürgern. Es geht darum, Barrieren abzubauen und Brücken aufzubauen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, sagte Geyer am 4. September 2025 beim Treffen mit dem früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der zu den Mitbegründern der Initiative gehört. Das sei ohne ausreichend Fachkräfte unmöglich, denn „wer gutes Personal will, muss für gute Arbeitsbedingungen sorgen. Dazu gehören eine konkurrenzfähige Bezahlung und attraktive Arbeitszeitmodelle. Es versteht sich von selbst, dass es mit der Handlungsfähigkeit des Staates schwierig wird, wenn an allen Ecken und Enden Personal fehlt.“ Dem Vorhaben, die Personalplanung des Bundes im neuen Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung zu bündeln, steht der dbb-Chef allerdings kritisch gegenüber: „Aus meiner Sicht ist das realitätsfern. Die hierfür erforderliche Kommunikation – Bedarfe abfragen und vermitteln – würde bloß zusätzliche Bürokratie verursachen. Personalplanung muss in den Bundesbehörden selbst erfolgen, weil dort das Wissen über erforderliche Kompetenzen und gefragte Tätigkeiten vorhanden ist.“ Das machte Geyer auch in einem Gespräch mit dem Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung, Karsten Wildberger, am 19. September deutlich und forderte eine grundsätzliche Aufgabenkritik, weil die Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen aus personellen Ressourcen endlich sind: „Neben der Digitalisierung liegen die wirklich großen Einsparpotenziale in der Aufgabenkritik, welche Leistungen der Staat künftig erfüllen soll. Das muss die Politik mit den Bürgern verhandeln und für diese Aufgaben entsprechende Ressourcen bereitstellen. Heute werden eher immer neue Gesetze und Verordnungen erlassen, für deren Umsetzung aber Personal oder digitale Lösungen fehlen. Das ist Gift für das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates.“ Geyer betonte weiter, dass die Beschäftigten an der Umsetzung der geplanten Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung beteiligt werden müssen. Als Verwaltungsexperten seien deren Ideen und Erfahrungen unabdingbar für eine erfolgreiche Modernisierung. Mit Blick auf den Finanzrahmen warnte Geyer vor zu großen Erwartungen an kurzfristige Entlastungseffekte in den öffentlichen Haushalten durch Effizienzsteigerungen. Da die öffentliche Daseinsvorsorge chronisch unterfinanziert sei, wirke selbst das Sondervermögen für die Infrastruktur nur als „Notpflaster. Das durch Modernisierungsvorhaben eingesparte Geld muss beispielsweise in eine Weiterbildungsoffensive und in attraktivere Arbeitsbedingungen investiert werden, so wie es der ‚Effizienzfonds‘ im Koalitionsvertrag vorsieht.“ Ferner gelte es, bei der Digitalisierung mehr eigene Kompetenzen aufzubauen, statt externe Berater zu betrauen. _ Karsten Wildberger und Volker Geyer © Jan Brenner Hemsing fordert Update für Mitbestimmung „Die geltenden gesetzlichen Regelungen zur Mitbestimmung in der Arbeitswelt werden dem Status quo nicht mehr gerecht“, kritisierte Andreas Hemsing, stellvertretender dbb Bundesvorsitzender, am 15. September 2025 auf der Personal- und Betriebsrätekonferenz des dbb berlin in Berlin. Die Veränderungen der Arbeitswelt durch Digitalisierung hätten einen großen Einfluss auf die Arbeit und Mitbestimmungsrechte der Personal- und Betriebsräte, so Hemsing. „Die Regelungen benötigen ein Update.“ Der dbb-Vize begrüßte deshalb die kürzlich verabschiedete Entschließung des Bundesrats, das Betriebsverfassungsgesetz grundlegend zu überarbeiten: „Ziel muss die Modernisierung der betrieblichen Mitbestimmung sein. Die Entschließung sieht nicht nur vor, das digitale Zugangsrecht für Gewerkschaften weiterzuentwickeln und OnlineBetriebsratswahlen zu ermöglichen, sondern erweitert auch die Rechte der Betriebsräte beim Datenschutz und beim Einsatz von künstlicher Intelligenz. Jetzt ist die Bundesregierung am Zug und muss abliefern.“ Personal- und Betriebsräte seien „mehr als nur Ansprechpartner. Sie sind Anwälte der Beschäftigten. Sie sind es, die der Dienststellenleitung erklären, was wirklich wichtig ist, und die auf die Einhaltung von Recht und Gesetz pochen. Und Sie sorgen dafür, dass die Stimme der Beschäftigten nicht überhört wird.“ Weiterhin unterstrich Hemsing das Berufsbeamtentum als zentrale Säule unseres Staatswesens. „Es sorgt für Stabilität, Verlässlichkeit und Unabhängigkeit. Deswegen begrüßen wir, dass sich der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, heute explizit zum Berufsbeamtentum bekannt hat.“ Forderungen, Verbeamtung einzuschränken oder sogar Entbeamtungen durchzuführen, lehnte der dbb-Vize entschieden ab: „Bei allen Angriffen auf das Berufsbeamtentum ist mit unserem erbitterten Widerstand zu rechnen.“ Personal- und Betriebsräte dbb-Vize Andreas Hemsing, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, und dbb-Landeschef Frank Becker am 15. September 2025 auf der Betriebsrätekonferenz in Berlin (von links). © dbb berlin 10 AKTUELL dbb magazin | Oktober 2025

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