Sie fordern einen höheren Anteil der Städte an den Gemeinschaftssteuern und keine weitere Aufgabenübertragung von Bund und Ländern ohne Gegenfinanzierung. Wie stellen Sie sich diesbezüglich die Ausgestaltung des Zukunftspaktes von Bund, Ländern und Kommunen vor? Das sind auf jeden Fall zwei sehr wichtige Punkte. Bereits jetzt leisten die Kommunen etwa ein Viertel der gesamtstaatlichen Ausgaben, erhalten aber nur ein Siebtel der Steuereinnahmen. Das passt nicht zusammen. Wenn wir einen höheren Anteil am Steueraufkommen fordern, ist das also kein Selbstzweck, sondern entspricht einfach der Realität der föderalen Aufgabenverteilung. Aber beim Zukunftspakt muss es um mehr gehen. Das Ziel ist ein neues und faires Miteinander aller Ebenen. Dazu muss auch gehören, dass wir uns alle miteinander ehrlich machen: Welche Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Städten soll es geben und wie wird sie finanziert? Wir brauchen auch eine Aufgabenkritik: Was soll der Staat leisten, wer kann das am besten leisten und welche Ressourcen braucht es dafür? Und es braucht Gesetze, die praxis- und lebensnahe Politik für die Menschen ermöglichen. Jedes neue Gesetz sollte gemeinsam mit den Städten darauf überprüft werden, wie es sich vor Ort umsetzen lässt. Und am besten wird die digitale Umsetzung von Gesetzen von Anfang an mitgedacht. Von der Bundesregierung haben wir noch keine ganz konkreten Signale, wie genau die Arbeit am Zukunftspakt laufen soll. Für uns ist aber glasklar: Die Kommunen gehören auf Augenhöhe mit an den Tisch, sonst funktioniert es nicht. Und die Zeit drängt, auch mit Blick auf die finanzielle Situation der Kommunen. Der Zukunftspakt sollte bis Ende dieses Jahres konkrete Ergebnisse bringen. Ein riesiger Kraftakt für die Kommunen sind auch die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten. Zuletzt gingen die Zahlen deutlich zurück. Ist also Entspannung in Sicht? Es hilft natürlich, dass die Zahlen der Asylanträge in den vergangenen Monaten zurückgegangen sind. In manchen Städten gab es noch Notunterkünfte in Zelten, weil ansonsten Plätze zur Unterbringung fehlten. Solche Notunterkünfte können jetzt teilweise abgebaut werden. Die Situation vor Ort bleibt trotzdem angespannt. Auch wenn die Zahlen zurückgehen, müssen sich die Städte weiter um die Menschen kümmern, die bereits bei uns sind. Schulplätze, Kitaplätze und Wohnraum sind weiter knapp. Auch die Ausländerbehörden stoßen an ihre Kapazitätsgrenze. Wir sagen deshalb: Migration braucht Regeln, Integration braucht Unterstützung. Die Bundesregierung sollte jetzt schnell zwei Punkte angehen: Zum einen brauchen die Städte dringend mehr finanzielle Unterstützung für die vielen Integrationsaufgaben, die wir vor Ort leisten müssen. Immer mehr Integrationsaufgaben ohne zusätzliches Geld, das kann nicht funktionieren. Und zum anderen muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass wir uns vor Ort vor allem um die Menschen kümmern können, die wirklich auf unseren Schutz angewiesen sind. Die Rückführung von ausreisepflichtigen Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive muss besser und schneller funktionieren. Wir setzen uns für mehr Migrations- und Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern ein. Laut dbb Erhebungen fehlen in den Kommunalverwaltungen bundesweit über 100 000 Beschäftigte für eine adäquate Aufgabenerledigung. Zur Personalgewinnung braucht es natürlich konkurrenzfähige Gehälter. Aber abseits des Geldes: Was zeichnet die Arbeit in den Kommunen aus? Wie können Städte und Gemeinden junge Menschen von sich überzeugen? Ein großes Pfund des öffentlichen Dienstes ist natürlich die Arbeitsplatzsicherheit. Gerade bei noch schwächelnder Wirtschaft ist das ein Punkt, der viele junge Menschen überzeugt – aber auch erfahrene Fachkräfte überzeugen kann, aus einem Unternehmen zu einer Stadt zu wechseln. Städte bieten als Arbeitgeberinnen aber noch viel mehr. Nirgends sonst gibt es eine solche Bandbreite an unterschiedlichen Berufen und Tätigkeiten. Die Arbeit in der Stadt reicht vom Gartenbau über IT bis hin zur Feuerwehr oder der Kita. Wer sich als junger Mensch ausprobieren will, hat bei uns die besten Chancen. Aber die Situation ist schwierig. Der öffentliche Dienst insgesamt, aber auch die Kommunalverwaltungen haben erhebliche Nachwuchsprobleme und einen Mangel nicht nur an Fachkräften, sondern an Arbeitskräften insgesamt. Hunderttausende Stellen im gesamten öffentlichen Dienst sind unbesetzt und ein großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Bis 2030 wird jeder dritte Beschäftigte im öffentlichen Sektor altersbedingt ausscheiden; das sind 1,5 Millionen von insgesamt rund fünf Millionen Beschäftigten. Deswegen tun die Städte bereits heute viel, um Beschäftigte von sich zu überzeugen: Viele Städte starten Ausbildungsoffensiven, schaffen mehr Ausbildungsplätze. Wir professionalisieren und beschleunigen Besetzungsverfahren, erleichtern den Quereinstieg, fördern Weiterbildung und schaffen Arbeitsbedingungen, mit denen sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen. Trotzdem werden Fachkräfte immer rarer. Deshalb sind wir auch hier wieder beim Thema bessere Gesetzgebung und Entbürokratisierung. Wenn Verfahren und Regelungen von Bund und Ländern praxistauglicher, schlanker und digitaler werden, können die Städte mit den personellen Ressourcen, die sie haben, ihre Aufgaben auch besser erfüllen. _ Wir brauchen für Aufgaben, die wir in der Regel für den Bund übernehmen, endlich den entsprechenden finanziellen Ausgleich. Jedes neue Gesetz sollte gemeinsam mit den Städten darauf überprüft werden, wie es sich vor Ort umsetzen lässt. AKTUELL 9 dbb magazin | September 2025
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