Lernkultur Wenn der Dienstweg neue Pfade einschlägt In öffentlichen Verwaltungen werden „Fehler“ oft nicht als Lernchancen, sondern als Risiken gesehen – für Verfahren, für Entscheidungen, für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Dieses Denken ist tief in der Verwaltungskultur verankert und muss sich verändern. Viele Menschen haben in Schule, Studium oder Berufsleben nie erfahren, was eine echte Lernkultur ausmacht. Allzu oft zählt allein das richtige Ergebnis – nicht aber der Weg dorthin, der vom Ausprobieren, Reflektieren und auch vom Scheitern geprägt sein kann. Lernen wird häufig als formale Pflicht verstanden, nicht als lebendiger Prozess. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte in der Verwaltung den Mut haben, diese Muster zu durchbrechen und Lernen als festen Bestandteil der Organisationskultur neu zu verankern. Lernkultur als Grundhaltung Eine gelebte Lernkultur bedeutet mehr als die bloße Bereitschaft, an Schulungen teilzunehmen. Sie steht für eine Haltung, in der Lernen als selbstverständlicher Bestandteil des Arbeitsalltags verankert ist. Fehler werden nicht als Makel, sondern als Chancen zur Weiterentwicklung verstanden. Wissen wird aktiv geteilt und neue Ideen erhalten Raum, sich zu entfalten. Fehler müssen dabei nicht um jeden Preis vermieden werden – entscheidend ist vielmehr, was überhaupt als „Fehler“ gilt. Nicht jede Optimierung eines Arbeitsablaufs oder einer Dienstleistung ist auf die Korrektur eines Fehlers zurückzuführen; sie kann ebenso auf veränderte Rahmenbedingungen oder neue Anforderungen zurückgehen und der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Angebots dienen. Wenn allerdings konkrete Fehler passieren, geht es nicht nur um Schadensbegrenzung, sondern um die Frage, was das Team aus diesen Fehlern lernen kann. Führungskräfte sind zentrale Multiplikatoren einer lernförderlichen Kultur. Ihre Einstellung zum Lernen beeinflusst entscheidend, wie Mitarbeitende Lernen wahrnehmen und sich dazu verhalten. Führungskräfte, die offen für Feedback sind, kontinuierlich dazulernen und transparent kommunizieren, schaffen ein Umfeld, in dem Lernen selbstverständlich ist. Authentisches Verhalten wirkt dabei stärker als jede Richtlinie. Offen gelebte Lernprozesse wie das Teilen von Erkenntnissen nach einer Fortbildung oder der offene Umgang mit eigenen Fehlern senden ein klares Signal: Lernen ist erwünscht und wird wertgeschätzt. Das stärkt die psychologische Sicherheit und ermutigt Mitarbeitende, sich ebenfalls offen weiterzuentwickeln. Auf das Feedback kommt es an Feedback ist ein zentrales Instrument zur Förderung des Lernens. Führungskräfte sollten regelmäßig konstruktive Feedbackgespräche führen – nicht nur im Rahmen von Bewertungen, sondern auch als Impuls für individuelle und gemeinsame Lernprozesse. Gleichzeitig ist es wichtig, dass sie selbst offen für Rückmeldungen aus dem Team sind. Strukturiertes Feedback kann etwa durch Peer-Feedback, 360-Grad-Feedback oder kollegiale Fallberatungen organisiert werden. Lernen braucht Zeit und Struktur. Führungskräfte können zum Beispiel kurze, regelmäßige Reflexionsrunden einführen – auch während laufender Projektphasen. In diesen Runden haben Teams die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen, gelungene Lösungen zu teilen oder Herausforderungen gemeinsam zu analysieren. Auch Formate wie „Learning Lunches“ oder interne MiniWorkshops bieten niedrigschwellige Gelegenheiten, um den Wissensaustausch zu fördern. Konstruktiv scheitern Ein weiterer zentraler Aspekt der Lernkultur ist der konstruktive Umgang mit Fehlern. Führungskräfte sollten eine Haltung fördern, in der Fehler nicht sanktioniert, sondern analysiert werden. „Lessons Learned“-Formate, anonymisierte Fehlerberichte oder Storytelling im Team können helfen, aus Fehlern kollektiv zu lernen. Führungskräfte sollten in regelmäßigen Abständen Evaluationen von Projekten oder sogar Arbeitsprozessen durchführen, bei denen eventuelle Veränderungen oder Erkenntnisse aus der Projektarbeit protokolliert werden, um später nachvollziehen zu können, was in Zukunft angepasst und verbessert werden kann. Dieses Wissen sollte verwaltungsintern transparent gemacht werden, damit auch andere Fachbereiche von dieser wertvollen Lernkultur profitieren. Eine nachhaltige Lernkultur muss gepflegt werden. Sie ist keine Zusatzaufgabe, sondern integraler Bestandteil moderner Führung, die die Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Verwaltung schafft. Daniela Kuzu Foto: Colourbox.de FÜHRUNGSFOKUS 36 INTERN dbb magazin | September 2025
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