dbb magazin 9/2025

Zwar zeichnen sich ländliche Regionen oft durch hohe Lebensqualität, günstige Lebenshaltungskosten und eine starke mittelständische Wirtschaft aus. Gleichzeitig leiden sie jedoch unter strukturellen Nachteilen, insbesondere bei der Mobilität. Während in urbanen Zentren ein engmaschiges Netz an Bus- und Bahnverbindungen sowie neue Mobilitätskonzepte wie Carsharing oder E-Scooter existieren, sind Bewohner ländlicher Gemeinden meistens auf das Auto angewiesen. Es mangelt vielerorts an grundlegenden Busverbindungen – ein erhebliches Hindernis für Pendlerinnen und Pendler, denn nicht jeder kann oder möchte sich ein Auto leisten. Das betrifft nicht nur potenzielle Fachkräfte, sondern auch Auszubildende, Menschen, die aus der Stadt zurückkehren, oder internationale Arbeitskräfte, die sich in der Region niederlassen möchten. Wege aus dem Teufelskreis Die eingeschränkte Mobilität verstärkt den Fachkräftemangel im ländlichen Raum zusätzlich: Junge Menschen verlassen ländliche Gebiete zugunsten der Städte, die bessere Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten sowie eine flexiblere Mobilität bieten. In der Folge schwächt die Abwanderung das Angebot an Dienstleistungen, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen auf dem Land und macht betroffene Regionen unattraktiv. Arbeitgebende können dort nicht mehr auf ein breites Bewerberfeld zurückgreifen, weil viele Fachkräfte schlichtweg nicht bereit sind, eine Arbeitsstelle anzutreten, die sie nur schwer oder gar nicht erreichen können. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind neue Ideen und Konzepte gefragt, viele Gemeinden verfolgen vielversprechende Ansätze, zum Beispiel bedarfsgesteuerte Angebote: Sogenannte On-Demand-Shuttles, also Kleinbusse, die per App gebucht werden können und flexibel auf Abruf fahren, sind eine Alternative zum starren Linienverkehr. Sie ermöglichen eine bessere Anbindung auch abgelegener Dörfer und fördern die Erreichbarkeit von Arbeitsstätten. Lokale Koordinierungsstellen wie Mobilitätszentralen und Mitfahrplattformen helfen, Fahrgemeinschaften zu organisieren, individuelle Lösungen zu vermitteln und den Überblick über bestehende Mobilitätsangebote zu geben. Auch immer mehr Unternehmen erkennen die Bedeutung der Mobilität für ihre Mitarbeitenden und bieten eigene Lösungen an, etwa durch Shuttle-Services, Leasingangebote für Fahrräder und E-Autos oder die Förderung von Homeoffice, wo es möglich ist. Eine sinnvolle Kombination aus Bahn, Bus, Fahrrad und Carsharing in Form multimodaler Verkehrsangebote kann helfen, die sogenannte „letzte Meile“ zu überbrücken. Voraussetzung dafür ist jedoch eine bessere digitale Vernetzung der Angebote und eine Infrastruktur, die den Umstieg einfach und zuverlässig macht. Mobilität als Brücke zum Arbeitsmarkt Letztlich muss die Politik Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität schaffen. Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr, Förderung innovativer Konzepte und gezielte Maßnahmen für strukturschwache Regionen sind notwendig, um den ländlichen Raum wieder attraktiver zu machen – für Bewohner, Unternehmen und Fachkräfte. Auch Gemeinden und Kommunen sind gefordert. Sie müssen Mobilität als Standortfaktor begreifen und aktiv in ihre Entwicklungsstrategien einbeziehen. Gleichzeitig ist die Gesellschaft gefragt, bestehende Mobilitätsangebote anzunehmen, zu nutzen und mitzugestalten. Denn verbesserte Mobilität im ländlichen Raum ist kein Selbstzweck, sondern ein essenzieller Baustein zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Wer Fachkräfte gewinnen und halten will, muss ihnen Wege eröffnen. Eine moderne, flexible und nachhaltige Mobilitätsinfrastruktur hilft, Entfernungen zu überwinden und Lebensräume im ländlichen Raum zukunftsfähig zu gestalten. Nur wenn Mobilität nicht mehr als Hürde, sondern als Brücke zwischen Menschen, Orten und Möglichkeiten verstanden wird, kann der ländliche Raum im Wettbewerb um Fachkräfte bestehen. eh In vielen Regionen Deutschlands suchen Unternehmen händeringend nach qualifiziertem Personal, Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt und ganze Wirtschaftsbereiche stehen vor der Herausforderung, ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern. Besonders im ländlichen Raum verschärft sich das Problem durch eine oft unzureichende Mobilitätsinfrastruktur, die es Fachkräften erschwert, potenzielle Arbeitsstellen zu erreichen – oder überhaupt zu erwägen. Mobilität im ländlichen Raum Frische Konzepte gegen den Fachkräftemangel © Unsplash.com/Marius Matuschzik 16 FOKUS dbb magazin | September 2025

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