Doch heute ist keine Katastrophenlage. Es ist einfach nur heiß. Über dem roten Faltbecken erhebt sich eine drei Meter hohe Wasserfontäne, deren Sprühnebel zumindest ein bisschen Kühlung verschafft. In einem kleineren Becken daneben können Kinder Gummienten aus dem Wasser angeln. Wir entfliehen der Sonne kurz und treffen uns im Aufenthaltsraum der Helferinnen und Helfer im Erdgeschoss des Rotziegels mit Daniela Reiter. Sie arbeitet hauptamtlich beim THW und ist seit zweieinhalb Jahren zuständig für Veranstaltungen und Publikationen des Landesverbandes. „Fürs Ehrenamt habe ich leider nicht mehr so viel Zeit, seit ich beim THW hauptamtlich arbeite“, erzählt Reiter. Die 51-Jährige hatte vor fünf Jahren als Helferin in der Fachgruppe Bergung angefangen. Davor hat sie lange bei der Messe Berlin gearbeitet. In der Coronapandemie war die Messe als Veranstaltungsort dicht; viele der Beschäftigten waren in Kurzarbeit. „Ich hatte sehr viel Zeit und habe im Augenwinkel mitbekommen, wie das THW federführend das Corona-Behandlungszentrum auf dem Messegelände aufgebaut hat, das zum Glück nie in Betrieb genommen werden musste. Damals habe ich das erste Mal gedacht, was für eine coole Organisation“, erzählt Reiter. Sie habe sich dann dafür entschieden, beim THW aktiv zu werden. Doch einfach auf den Hof gehen und sagen: „Hier bin ich, was kann ich tun?“, geht selbstverständlich nicht. Vor dem ersten Einsatz als Helferin oder Helfer steht die rund sechsmonatige Grundausbildung, die mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung endet. „Man wird durch verschiedene Fachgruppen geleitet und lernt sehr, sehr viel“, sagt Reiter. „Ich habe Geräte, die ich noch nie vorher in meinem Leben in der Hand gehabt hatte, kennengelernt, wie den Aufbrechhammer oder den hydraulischen Spreizer. Und ich habe gelernt, dass die Arbeit mit diesen Geräten nicht nur mit Kraft zu tun hat, sondern in erster Linie mit Beherrschung der Technik. Dass Frauen das nicht lernen und keine Helferinnen im THW-Einsatz sein können, ist falsch.“ 75 Jahre unterstützen im Auftrag Das Technische Hilfswerk feierte im Mai 2025 sein 75-jähriges Bestehen. Gegründet wurde es 1950; drei Jahre später erhielt es seine bis heute gültige Rechtsform als nicht rechtsfähige Bundesanstalt des öffentlichen Rechts mit einem eigenen Verwaltungsbau. Die gesetzliche Grundlage ist das zuletzt 2020 novellierte „Gesetz über das Technische Hilfswerk (THW-Gesetz – THWG)“. Die ursprüngliche Idee der 1919 gegründeten Vorgängerorganisation „Technische Nothilfe“ war der nicht militärische Schutz der Zivilbevölkerung durch Kriegseinwirkungen und die Beseitigung von Kriegsschäden. Die Betonung liegt auf zivil: Das THW ist dem Bundesministerium des Innern (BMI) unterstellt, nicht dem Bundesverteidigungsministerium. Heute arbeiten insgesamt rund 88 000 Ehrenamtliche und 2 200 Hauptamtliche fürs THW. Dazu kommen regelmäßig rund 800 Personen im Bundesfreiwilligendienst. Gemäß § 1 THWG leistet das THW Unterstützung auf Anforderung des BMI oder anderer für die Gefahrenabwehr zuständiger Stellen. Das THW ist grundsätzlich in Ortsverbänden organisiert und steht weiter im Gesetz. Es unterstützt auf Anforderungen im Inland sowie bei Katastrophen im Ausland. Zu Letzterem gehören im Rahmen der humanitären Nothilfe Search- und Rescue-Missionen oder der Aufbau einer Trinkwasserversorgung. Spezielle Auslandseinheiten des THW wurden schon seit Mitte der 1980er- Jahre aufgebaut. Diese bestehen aus Fachleuten, die mit ihrer Ausrüstung schnell einsatzfähig sind. So kann die „Schnell-Einsatzeinheit für Bergung im Ausland (SEEBA)“ etwa nach Erdbeben mit bis zu 70 Einsatzkräften und gut 20 Tonnen Ausrüstung innerhalb von sechs Stunden nach Alarmierung per Flugzeug ausreisen. Für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung für von Naturkatastrophen oder Bürgerkriegen betroffene Menschen gibt es die „SchnellEinsatzeinheit für Wasserversorgung im Ausland (SEEWA)“. Diese ist nach der Alarmierung mit zehn Kräften und 20 Tonnen nach zehn Stunden flugbereit. Nicht zuletzt gibt es die ab 2010 aufgebaute operative Einheit „Standing Engineering Capacity (SEC)“: Bis zu 30 Kräfte können binnen 72 Stunden ins Ausland aufbrechen. Die Fachleute unterstützen überwiegend den Auf- und Abbau von Camps für Hilfskräfte im Rahmen von UN-FrieDavid Iwanowitsch bedient die leistungsfähige Wasserpumpe. densmissionen sowie im KatastrophenNichts dem Zufall überlassen: Maximilian Krüger erklärt den Einsatzplan für den Tag der offenen Tür. 18 FOKUS dbb magazin | Juli/August 2025
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