dbb magazin 6/2025

den Haltungen. Autoritarismus und Antifeminismus sind eng miteinander verschränkt, sagte Niendorf. Menschen, die entsprechende Ansichten vertreten, ginge es oft darum, psychische Bedürfnisse zu befriedigen oder Gefühle zu bewältigen – „bewältigt wird dadurch faktisch gar nichts, aber sie fühlen sich besser“, berichtete die Wissenschaftlerin. Ressentiments, die dieses Empfinden auslösen, beruhen oft auf Kränkungserfahrungen. Wer Ressentiments hegt, sehe sich oft als Opfer gesellschaftlicher Entwicklungen. In diesem Zusammenhang spricht die Forschung vom sogenannten „Radfahrersyndrom“. Dies bedeutet vereinfacht: „Nach oben buckeln, nach unten treten.“ Besonders oft treten antifeministische Positionen im Zusammenspiel mit dogmatisch-fundamentalistischer Religiosität, Rechtsextremismus und einem gewaltbereiten Männlichkeitsideal auf, so Niendorf. Weitere Einflussfaktoren seien soziale Dominanzorientierung, Autoritarismus und eine Verschwörungsmentalität. In der Praxis gingen antifeministische Orientierungen oft mit einer Aufspaltung in vermeintlich „gute“ und „böse“ Frauen einher. Letztere seien emanzipiert, würden Karriere machen und Führungspositionen bekleiden. „Gute“ Frauen hingegen, das seien in den Augen der Antifeministen die, die das Bild der Hausfrau verkörpern, die für ihren Mann und seine Bedürfnisse da sind. Niendorfs ironischer Kommentar, der im Publikum für Schmunzler sorgte: „Immerhin können Antifeministen nicht alle Frauen hassen, denn für diesen Posten der ‚guten Frauen‘ werden auch Frauen gebraucht.“ Kaluza: Angriffe auf Gleichstellung und Selbstbestimmung Katharina Kaluza vom Deutschen Frauenrat hielt einen Impulsvortrag zum Thema „Die Auswirkungen von Antifeminismus: Demokratie-Empowerment als Gegenstrategie“. Sie machte deutlich, dass Antifeminismus auch in den 62 Mitgliedsverbänden des Deutschen Frauenrats ein ernst zu nehmendes und gesellschaftlich bedeutendes Thema ist. „Es brennt“, fasste Kaluza die Lage in der mit elf Millionen Mitgliedern größten Frauenorganisation Deutschlands zusammen. Der Kampf gegen Antifeminismus und die Verteidigung der Gleichstellung sind inzwischen zentrale Anliegen des Frauenrats. Ein eigens eingerichteter Fachausschuss befasst sich damit unter dem Leitsatz: „Demokratie verteidigen. Antifeminismus konsequent entgegentreten. Demokratische Wahlentscheidungen unterstützen.“ Bereits seit 2020 beobachtet der Dachverband die Auswirkungen von Antifeminismus auf Frauenorganisationen. Aus Kaluzas Sicht besonders alarmierend ist, dass Grund- und Menschenrechte zunehmend durch antifeministische, rassistische und queerfeindliche Tendenzen bedroht werden und solche Positionen international immer stärker zur gesellschaftlichen Normalität werden. Persönlich betroffene Personen – auch aus den Reihen des Frauenrats – sehen sich gezwungen, sich weniger mit ihrer eigentlichen Arbeit zu beschäftigen und stattdessen gegen antifeministische Angriffe und Positionen vorzugehen. Drohungen schränken darüber hinaus ihr zivilgesellschaftliches Engagement ein. Wenn Versuche scheitern, sich mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Wehr zu setzen, wird die eigene Arbeit infrage gestellt – das Vertrauen in den demokratischen Diskurs gerät ins Wanken. Als Gegenstrategie rät Katharina Kaluza, sich zunächst bewusst zu machen, dass Angriffe auf Gleichstellung und weibliche Selbstbestimmung im Kern antidemokratisch sind. Zudem sei es wichtig, an Schulen, Hochschulen und in Betrieben verstärkt für antifeministische Taktiken zu sensibilisieren und diese gezielt aufzudecken. Betroffene müssten gestärkt und ermutigt werden: „Ihr seid nicht allein.“ Gegen den zunehmend transnational vernetzten Antifeminismus helfe nur eines: selbst starke Netzwerke aufzubauen, so Kaluza. Zum Abschluss zitierte sie die polnische Gleichstellungsministerin Katarzyna Kotula: „Don’t panic, organize!“ Im Format der Fishbowl-Diskussion hatten die Teilnehmenden im Anschluss Gelegenheit, den Referentinnen und Referenten Fragen zu stellen und mit ihnen zu diskutieren. Das Panel der Diskussion bestand aus Milanie Kreutz, Katharina Kaluza, Johanna Niendorf und Prof. Dr. Wolfgang Merkel. ada, br, cdi, ef Katharina Kaluza Johanna Niendorf 32 INTERN dbb magazin | Juni 2025

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