ONLINE Digitale Bildung Was packt der Digitalpakt? Es ist eine Frage des (Aber-) Glaubens: Sind Gesetze, die an einem Freitag, dem 13., verabschiedet werden, zum Scheitern verurteilt? Der Digitalpakt 2.0 ist möglicherweise so ein Fall. Oder stecken dahinter eher finanzpolitische Querelen und ein bürokratischer Ahnenfluch? Vorfahr des Digitalpakts 2.0 war der DigitalPakt Schule aus dem Jahr 2019. Fünf Milliarden Euro hatte der Bund damals zur Verfügung gestellt, damit Schulen digital aufrüsten können. Da mit dem Ausbruch der Coronapandemie im Jahr darauf plötzlich digitale und hybride Lehr- und Lernmöglichkeiten erforderlich wurden, setzte der Bund drei Förderprogramme, sogenannte Zusatzvereinbarungen, à 500 Millionen Euro obendrauf. Die insgesamt 6,5 Milliarden Euro des Bundes stockten die Länder mit zehn Prozent Eigenmitteln auf, sodass das Volumen am Ende 7,15 Milliarden Euro betrug. Aus den fünf Milliarden Euro des Bundes hatten die Schulen zum Ende des Jahres 2024 bereits 98,3 Prozent der Mittel abgerufen. Über 500 Projekte wurden abgeschlossen, fast 400 weitere befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Umsetzung. Die positiven Auswirkungen auf die Schulen waren spürbar: Eine Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) und der Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen hatte ergeben, dass im Herbst 2023 90 Prozent der Schulen für mindestens einen Teil der Schülerinnen und Schüler mobile Endgeräte bereitstellen konnten – ein drastischer Zuwachs seit 2020, als es noch 37 Prozent waren. Die Versorgung ist allerdings weiterhin löchrig: Nur 15 Prozent gaben an, Geräte für alle Klassen zur Verfügung zu haben. Mit 90 Prozent der Schulleitungen hatte die überwältigende Mehrheit Anträge auf Fördermittel gestellt. Allerdings gab nur ein Viertel der Schulleitungen an, dass die Mittel auch ausreichen. Der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand kritisierte damals in einer Pressemeldung die Unterschiede zwischen Wunsch und Wirklichkeit: „Während die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz in einer Stellungnahme empfiehlt, ab der weiterführenden Schule den Umgang mit künstlicher Intelligenz zu trainieren, steht jede zehnte Schulleitung ohne Geräte da. Da endet die Gleichwertigkeit der Lernverhältnisse.“ Der erste Digitalpakt war also ein kleiner Erfolg, aber noch lange nicht genug. Mobile Endgeräte sind nutzlos, wenn WLAN oder Breitband nicht funktionieren. Die Investition in die digitale Bildung ist keine einmalige Angelegenheit, sondern eine Daueraufgabe. Wie alle Schulsachen haben auch Elektrogeräte die Tendenz dazu, schneller kaputtzugehen. Schulen müssen kaputte Geräte ersetzen, Lizenzen erneuern, neue Programme und Apps kaufen, das Intranet warten, Personal bezahlen, schulen und vieles mehr. Fifty-fifty mit Kniff Der nächste Digitalpakt musste also mehr sein als eine „reine Bestellliste für Endgeräte“, wie es Ex-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger formulierte. Neben den vielfältigeren Zielen sollte sich auch bei der Finanzierung etwas ändern. Und vor allem hier lag der Hund begraben: Der Bund wollte nicht mehr 90 Prozent der Kosten tragen und pochte daher auf eine 50-50-Aufteilung. Das wiederum lehnten die Länder ab. Denn es ging auch um Einfluss: Der Bund will mehr mitreden, wofür das Geld ausgegeben wird, was bei den Ländern wie zu erwarten auf Ablehnung stieß. Bildung ist schließlich Ländersache. Die Verhandlungen kamen ins Stocken, bis mit Cem Özdemir ein neuer Bildungsminister ins Amt kam. Mit dem frischen Wind fanden Bund und Kulturministerkonferenz schließlich einen Kompromiss: Der Bund stellt 2,5 Milliarden zur Verfügung, die Länder ebenfalls, dürfen aber bestehende Förderungen weiter nutzen. Ein Großteil dieser Mittel, etwa zwei Milliarden Euro, kann durch Anrechnungen von bereits geplanten Ländermaßnahmen erfolgen. Damit waren die Länder einverstanden und stimmten an jenem Freitag, dem 13., im Bundesrat für den Digitalpakt. © Erdacht mit KI 28 INTERN dbb magazin | Juni 2025
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