dbb magazin 6/2025

einmal sanieren. Das muss klug getaktet werden, um die Einschränkungen für alle so gering wie möglich zu halten. Die Perspektive, dass Deutschland in ein paar Jahren wieder richtig rund läuft, gibt uns dabei hoffentlich allen die nötige Geduld, um über die eine oder andere Schwierigkeit hinwegzukommen. Kaputte Gleise, veraltete Weichen, sanierungsbedürftige Bahnhöfe und ein verschlissenes Schienennetz: Experten kritisieren, Geld allein werde die Bahn nicht retten, und fordern grundlegende Reformen. Wie kommt die Bahn wieder auf Kurs? Die Bilanz der Bahn der letzten Jahre ist desaströs. Das Schienennetz ist marode, die Fernzüge waren so unpünktlich wie noch nie und Ende März wurde erst wieder ein dicker Verlust präsentiert. Mit dieser Leistung beschädigt die Bahn den Ruf ganz Deutschlands: Bei der Europameisterschaft letzten Sommer war die Bahn das Symbol dafür, was in Deutschland nicht mehr läuft und wofür wir mal weltbekannt waren. Das ist auch zunehmend eine Belastung für den Wirtschaftsstandort. Die bisherigen Strukturänderungen bei der DB sind unzureichend: Die Verkehrsministerkonferenz, deren Vorsitzender ich seit Anfang des Jahres bin, hat den richtigen Weg aufgezeigt. Die letzte Bundesregierung war hier leider viel zu zögerlich. Umso wichtiger, dass wir diese grundlegende Reform jetzt zeitnah angehen. Ein wichtiges Ziel muss dabei sein, dass das Unternehmen wieder mehr in Qualität und Robustheit von Netz und Stationen investiert. Mit Sicherheit muss man aber auch die Strukturen hinterfragen. Das deutsche Wasserstraßensystem steht vor der dringenden Aufgabe, seine Infrastruktur zu modernisieren, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen, ökologische Belastungen zu reduzieren und politische sowie finanzielle Rahmenbedingungen zu verbessern. Wie kann Deutschland seine Wasserstraßen konkurrenzfähig halten? Wir müssen unsere Wasserstraßen weiter ausbauen – in Bayern sind wir da an Main und Donau auf einem guten Weg. Zudem müssen wir weiter in unsere Hafeninfrastruktur investieren. Angesichts der häufiger auftretenden Niedrigwasserphasen brauchen wir außerdem ein kluges Steuerungsmanagement aus Staustufen und Schleusen, um die Befahrung möglichst ganzjährig zu ermöglichen. Redundante Systeme beispielsweise bei Schleusenanlagen schaffen die nötige Sicherheit, um die Wasserstraßen konkurrenzfähig zu halten. Zusammengefasst: Auch in die Wasserstraßen müssen wir kräftig investieren. Wir können es uns nicht leisten, uns auf einzelne Verkehrsbereiche wie Schiene oder Straße festzulegen – wir brauchen die Auswahl, damit die jeweils ideal passende Transportmöglichkeit gewählt werden kann. So gewinnt der Wirtschaftsstandort Deutschland. Der Föderalismus bietet Vorteile wie Bürgernähe, Innovationsförderung und regionale Anpassungsfähigkeit, kann aber bei der Durchführung von Infrastrukturprojekten auch Nachteile haben: komplexe Zuständigkeitsstrukturen, Abstimmungsprobleme und unterschiedliche Interessenlagen führen zu Verzögerungen und Ineffizienzen. Könnte eine Föderalismusreform nach dem Vorbild der Schweiz mit einer Kombination aus klaren Zuständigkeiten, schlanker Bürokratie sowie regionaler Verantwortung und nationaler Koordination Abhilfe schaffen? Hier sehe ich bei der Infrastruktur kein Problem. Für die Bahninfrastruktur ist die DB InfraGo zuständig. Die plant und baut. Das Eisenbahnbundesamt genehmigt. Für Autobahnen ist die Autobahn GmbH des Bundes zuständig, für Bundesstraßen die Länder für den Bund in Bundesauftragsverwaltung, für die Landes- und Staatsstraßen die Länder und so weiter. Das Baurecht gilt hierfür in ganz Deutschland gleichermaßen. Insofern gibt es keine unterschiedlichen Zuständigkeitsstrukturen. Im Koalitionsvertrag wurde außerdem vereinbart, dass der Bürokratieabbau generell, aber insbesondere für Infrastrukturprojekte von überragendem öffentlichen Interesse, massiv angepackt wird. Viele Infrastrukturprojekte im Verkehrssektor stoßen auf Widerstand bei der lokalen Bevölkerung, beispielsweise der Ausbau von ICE-Strecken in Niedersachsen oder der Autobahnbau in Berlin. Dadurch können sich erhebliche Verzögerungen ergeben. Ist mehr oder weniger Bürgerbeteiligung der Schlüssel zur Beschleunigung? Der Versuch, Großprojekte über die Köpfe der lokalen Bevölkerung hinweg durchziehen zu wollen, wäre nicht klug. Wenn man die Menschen verliert, riskiert man die eigene demokratische Legitimation. Der Ansatz muss daher sein, die Menschen vor Ort möglichst frühzeitig einzubinden. Bürgerbeteiligung kann dabei auch einen echten Mehrwert für das Projekt bedeuten. Sobald aber Einzelne oder Verbände nur noch den eigenen Vorteil erstreiten wollen oder in ideologische Fundamentalopposition gehen, ist eine Grenze erreicht. Dann braucht es Rückgrat der Entscheider, den eingeschlagenen Weg durchzuziehen, sonst riskiert man den Projekterfolg. Verzögerungen bei der Sanierung gibt es auch, weil es an den notwendigen Fachkräften fehlt, die anstehende Projekte planen und umsetzen. Sehen Sie vor diesem Hintergrund in der Ende 2025 beginnenden Einkommensrunde mit den Ländern eine Chance, dem Fachkräftemangel der Länder effektiv zu begegnen, indem der öffentliche Dienst als Arbeitgeber attraktiver wird? Wir haben in Deutschland einen akuten Fachkräftemangel: Da muss auch der öffentliche Dienst als attraktiver Arbeitgeber auftreten, um die besten Köpfe zu gewinnen – dafür braucht es sicherlich eine angemessene Entlohnung. Das Einkommen ist aber nur ein Faktor: Angesichts der aktuell abkühlenden Konjunktur stellen wir fest, dass insbesondere die Arbeitsplatzsicherheit als Anziehungspunkt nicht zu unterschätzen ist. Gewinnen kann man aber beispielsweise auch mit den abwechslungsreichen Aufgaben und dem Mehrwert, den man der Gesellschaft liefert. Das müssen wir wieder mehr in den Vordergrund stellen. _ Wenn man die Menschen verliert, riskiert man die eigene demokratische Legitimation. FOKUS 13 dbb magazin | Juni 2025

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