FRAUEN Extremismus an Schulen Lehrkräfte sind keine Feuerlöscher Schulen sind dazu da, Werte für einen fairen Umgang miteinander zu vermitteln. In der Schulzeit formen sich bei den Schülerinnen und Schülern politische Haltungen. Doch was, wenn diese in Extremismus abdriften? Tanja Küsgens, Beisitzerin der Geschäftsführung der dbb bundesfrauenvertretung und Konrektorin, kennt die Situation an den Schulen gut: „Immer häufiger berichten mir Kolleginnen und Kollegen von extremistischen Vorfällen. Seien es antisemitische Schmierereien, ausländerfeindliche Songtexte oder sexistische Sprüche.“ Besonders eklatante Fälle landen auch in den Schlagzeilen, nicht zuletzt der Brandbrief zweier Lehrkräfte aus Brandenburg, die darin die rechtsextremen Vorfälle an ihrer Schule anprangerten. Auch die Schülervertretungen aus den ostdeutschen Bundesländern machten 2024 in einer gemeinsamen Stellungnahme auf die Zunahme extremistischen Gedankenguts an ihren Schulen aufmerksam. Die Zahlen sprechen eine ähnliche Sprache. Allein in Hessen ist die Zahl rechtsextremer Vorfälle an Schulen zwischen 2022 und 2024 regelrecht explodiert: von zwölf im Jahr 2022 auf 36 im Jahr darauf bis 120 Fälle im letzten Jahr. Der Grund für die Zunahme ist ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren: Unsicherheit aufgrund der aktuellen Krisen, Polarisierung, der Wunsch nach Zugehörigkeit und Identifikation sowie die gesunkene Hemmschwelle. Gleichzeitig befeuern und beschleunigen die sozialen Medien diese Gemengelage. Zwischen Tatenlosigkeit und Einschüchterung Die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Vorfälle ist weitaus höher. „Viele Lehrkräfte sind mit Extremsituationen überfordert, schreiten nicht ein oder melden die Vorfälle nicht. In vielen Fällen gibt die Schulleitung die Meldungen nicht ans Schulamt weiter. Das liegt auch daran, dass es an vielen Schulen keinen koordinierten Umgang mit Extremismus gibt“, erklärt Küsgens. Aus Angst vor Anfeindungen melden Lehrkräfte die Vorfälle oft nicht. „Dieses Klima der Tatenlosigkeit und Angst ist ein Freifahrtschein für extremistisches Verhalten, da die Schülerinnen und Schüler keine Konsequenzen zu fürchten haben. Wenn sich Kinder bereits im Schulalter radikalisieren, dann muss auch die Prävention im Schulalter greifen“, fordert Küsgens. Prävention schon im Schulalter Die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Vorfälle ist allerdings weitaus höher. „Viele Lehrkräfte sind mit Extremsituationen überfordert und wissen nicht genau, wie sie reagieren sollen. Das liegt auch daran, dass es an vielen Schulen keinen koordinierten Umgang mit spezifischen Formen von Extremismus gibt“, erklärt Küsgens. „Viele Lehrkräfte und Schulleitungen wünschen sich deswegen mehr Unterstützung zum Beispiel durch handlungsleitende Hinweise im Umgang mit schwierigen Themen wie die Kriege in Nahost oder in der Ukraine.“ Auch sie stelle fest, dass bei vielen Kolleginnen und Kollegen die Angst vor Anfeindungen, wenn sie diese Themen ansprechen, wächst. Dennoch macht sie ihren Kolleginnen und Kollegen Mut, extremistische Vorfälle zu melden. Denn: „Nichtstun ist ein Freifahrtschein für extremistisches Verhalten, da die Schülerinnen und Schüler keine Konsequenzen zu fürchten haben. Wenn sich Kinder bereits im Schulalter radikalisieren, dann muss auch die Prävention im Schulalter greifen“, fordert Küsgens. Denkbar seien mehr Maßnahmen wie rassismuskritische Schulungen und gelebte demokratische Beteiligung im Schulalltag, beispielsweise durch Klassenräte oder SchülerInnenparlamente. Fachtagung zum Thema Auch auf der kommenden 19. Frauenpolitischen Fachtagung des dbb wird der Kampf gegen Extremismus im Vordergrund stehen. Am 15. Mai 2025 tauschen sich die dbb frauen mit renommierten Expertinnen und Experten zum Thema „Richtung Zukunft: Frauenrechte stärken und Demokratie bewahren im Kampf gegen Extremismus und Populismus“ aus. In den drei Impulsvorträgen beleuchten die Referentinnen und Referenten die Bedrohung von Frauenrechten und Demokratie durch politisch wie religiös motivierten Extremismus, analysieren die Strategien populistischer Akteure und diskutieren die Auswirkungen von Antifeminismus sowie mögliche Gegenstrategien. dsc Quicklink zur Fachtagung 2025 © Unsplash.com/Getty Images INTERN 31 dbb magazin | Mai 2025
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